Ronaldo reißt DFB-Elf aus "Titelchen"-Traum

Cristiano Ronaldo trifft zum Sieg für Portugal - und reißt Deutschland aus dem Traum vom Gewinn der Nations League.
Julian Nagelsmann beschwerte sich nach dem geplatzten "Titelchen"-Traum noch lautstark beim vierten Offiziellen, da spazierte der große Spielverderber Cristiano Ronaldo schon grinsend über den nassen Rasen in der Münchner Arena: Ausgerechnet der 40 Jahre alte, aber ewig junge Weltstar entpuppte sich beim verdienten 2:1 (0:0) von Portugal gegen die deutsche Nationalmannschaft im Halbfinale der Nations League mit seinem Siegtreffer als Party-Crasher.
"Portugal war heute die bessere Mannschaft", gab der geknickte Bundestrainer Julian Nagelsmann unumwunden zu. Bei seiner Auswahl fand er deshalb viel Anlass zur Kritik. "Wir hatten defensiv längst nicht die Galligkeit wie in den letzten Monaten hatten", sagte er im "ZDF", "wir waren auf einigen Positionen nicht bei 100 Prozent. Das war eines unserer schwächsten Spiele in den vergangenen Monaten."
Portugal dreht nach Wirtz-Treffer auf
Florian Wirtz (48.) hatte die deutsche Mannschaft zunächst mit Köpfchen in Führung gebracht. Portugal, 2019 erster Sieger der Nations League, ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und drehte mächtig auf: Erst traf Francisco Conceicão (63.), und dann eben Ronaldo (68.) - im 220. Länderspiel zum 137. Mal.
Deutschland spielt damit am Sonntag in Stuttgart (15.00 Uhr) um Platz drei - gegen den WM-Zweiten Frankreich oder Europameister Spanien.
Kein Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft verpassen: RTL überträgt am Sonntag, den 8. Juni, sowohl das kleine Finale der Nations League am Nachmittag als auch das Endspiel am Abend live im Free-TV sowie im Stream auf RTL+. Übertragungsbeginn der Partie um den dritten Platz ist um 14:30 Uhr, die TV-Berichte zum Finale in der Münchner Allianz Arena beginnen um 20:15 Uhr.
"Man muss so ehrlich sein, dass das eines unserer schlechtesten Spiele war", sagte Kapitän Joshua Kimmich, der sich sein 100. Länderspiel auch anders vorgestellt hatte. Auch er bemängelte "fehlende Energie" und betonte wie der Bundestrainer: Ohne "100 Prozent" von jedem Spieler sei es schwer, gegen die besten Mannschaften mitzuhalten.
Deutsche Serie endet
Für die deutsche Mannschaft war es die erste Niederlage nach acht Spielen - und erst die zweite in den vergangenen 18 Spielen nach dem Aus im EM-Viertelfinale gegen Spanien. Der Plan war freilich ein anderer.
Die Bedeutung des Gewinns der Nations League wäre auf keinen Fall zu unterschätzen gewesen, wie Nagelsmann schon vor dem Spiel betont hatte: "Es ist ein Titel, der uns sehr guttun würde, wir brennen alle drauf."
Das Ziel war klar, die Voraussetzungen auch: Zehn Spieler hatte Nagelsmann aus den Plänen für das Final Four streichen müssen. Es fehlen ihm die Säulen Antonio Rüdiger, Jamal Musiala und Kai Havertz, auch Angelo Stiller und Alternativen wie Nico Schlotterbeck oder Tim Kleindienst. Der Bundestrainer musste also tüfteln.
Ergebnis: Vor Rückkehrer Marc-André ter Stegen bildete Robin Koch als zentraler Verteidiger mit Jonathan Tah und Waldemar Anton eine Dreier-Abwehr. Die Doppel-Sechs besetzte Aleksandar Pavlovic mit Leon Goretzka. Und ganz vorne ... kam Nick Woltemade zu seinem Debüt in der A-Mannschaft, jedoch erst mit zehnminütiger Verspätung, weil 50 Minuten vor dem Anpfiff ein heftiger Hagelschauer niedergeprasselt war. Die Torhüter hatten ihr Aufwärmprogramm abbrechen müssen.
Ronaldo entscheidet das Halbfinale
Nagelsmann hatte am Vorabend noch vor dem schnellen Umschalten der Portugiesen gewarnt - und erlebte genau das, nicht zuletzt, weil die neuformierten deutsche Elf große Abstimmungsprobleme offenbarte und eine ganze Weile benötigte, um etwas Struktur in ihr Spiel zu bringen. Gleich der ersten guten Kombination über Pavlovic und Wirtz folgte dann eine erste gute Chance durch, Woltemade (19.) - und gleich darauf eine durch Goretzka (21.).
Danach hatte Deutschland, immer wieder angetrieben und gecoacht von Nagelsmann, mehr Spielkontrolle gegen variable und schnelle Portugiesen, die fortwährend die Positionen wechselten. Allerdings: Der Spielaufbau bei der DFB-Elf haperte, war zu fehlerhaft - daran änderte auch der Führungstreffer nichts: Wirtz hatte sich den Ball erkämpft, Kimmich chippte ihn zurück auf Wirtz - und der machte es mit Köpfchen.
Portugal aber blieb ruhig - und nutzte nun konsequent die Abstimmungsprobleme in der deutschen Mannschaft aus. Beim Ausgleich durch Conceicão, dessen Vater beim 3:0 gegen Deutschland bei der EM 2000 zweimal getroffen hatte, kam der eingewechselte Robin Gosens nicht hinterher - und auch Ronaldo konnte dann keiner mehr am entscheidenden Torschuss hindern. Ter Stegen verhinderte danach noch Schlimmeres.