27.05.2008 20:45 Uhr

DFB-Team hat ersten EM-Test nicht bestanden

Kaiserslautern (dpa) - Der selbsternannte «Titelkandidat» Deutschland ist zwölf Tage vor dem ersten Turnierspiel noch weit von der Europameisterschafts-Form entfernt. Beim 2:2 (2:0) gegen Weißrussland wurden Bundestrainer Joachim Löw die Defizite noch einmal deutlich aufgezeigt.

Schon auf dem Rückflug nach Mallorca grübelt Joachim Löw über das weitere Aufbauprogramm und die endgültige Kaderauslese. In der Nacht zum Mittwoch will der Bundestrainer im Mannschafts-Hotel «Sonvida» mit seinem Trainerstab «noch einmal alle Spieler durchgehen» und dann die schwere Entscheidung treffen, wer nicht mehr zum 23-Mann-Aufgebot für die Fußball-Europameisterschaft in der Schweiz und Österreich gehört. Sorgen mache er sich nach dem mageren 2:2 (2:0) im vorletzten EM-Test gegen Weißrussland aber nicht, meinte Löw.

Doch die durchwachsende Vorstellung in Kaiserslautern offenbarte durchaus einige ernsthaftere Probleme. «Es gibt in allen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten», erklärte der noch immer von Zahnschmerzen geplagte Bundestrainer. Am Mittwoch wird Löw verkünden, wer nur nur noch für wenige Stunden auf die Ferieninsel zurück durfte: «Wir haben 26 sehr gute Fußballer. An der Qualität der drei Spieler, die gehen müssen, liegt es nicht.»

Vor 47 258 Zuschauern im ausverkauften Fritz-Walter-Stadion zeigten sich alle EM-Wackelkandidaten noch einmal engagiert. Doch insgesamt war Löws Team gegen die harmlosen Weißrussen zwölf Tage vor dem ersten Turnierspiel noch weit von der EM-Form entfernt. Das DFB-Team ging beim ersten Remis im Jahr 2008 durch einen vermeintlichen Abseitstreffer von Miroslav Klose (10.) und ein Eigentor von Wladimir Korytko (20.) in Führung. Vitali Bulyga (61.) traf für die harmlosen Weißrussen und überwand Torwart Jens Lehmann nach 681 Länderspiel- Minuten erstmals wieder. In der 88. Minute erzielte Bulyga sogar noch den Ausgleich.

«In zwölf Tagen werden alle Spieler in einer besseren Form sein», versprach Löw. «Dass wir in den letzten 30 Minuten noch ein 2:0 verspielt haben, das ist enttäuschend.» Man habe gemerkt, dass die Spieler nach den harten Trainingseinheiten noch müde waren. «Der Trainer wird das Programm so abstimmen, dass wir am ersten Tag topfit sind. Turniererfahrung haben wir», ist Kapitän Michael Ballack überzeugt. «Die Frische wird zurückkommen.» Der noch verunsichert wirkende Abwehrchef Christoph Metzelder bestätigte: «Wir haben schon lange nicht mehr so gelitten», Das war eine gute Testeinheit.»

Die Abwehr stand gegen die vom ehemaligen DDR-Auswahltrainer Bernd Stange betreuten Weißrussen nicht immer sattelfest. Und auch Torhüter Lehmann flatterte einige Male besorgniserregend, überzeugte aber später mit Superparaden. «Er braucht die Spielpraxis», sagte Löw, der bereits ankündigte, auch bei der Generalprobe gegen Serbien in Gelsenkichen auf den Noch-Londoner zu setzen. «Mit zwei Gegentoren sind alle nicht zufrieden», sagte Lehmann, der eine Mitschuld an den Gegentoren nicht abstritt.

Insgesamt fehlte die mannschaftliche Geschlossenheit nach der bisherigen Vorbereitungszeit auf Mallorca. Spielzüge waren nur selten zu sehen. Der Bundestrainer nutzte das vorletzte Testspiel zum Experimentieren. Seine Anfangsformation bestand aus neun Spielern, die bei der WM 2006 zum Stamm zählten. Ergänzt wurde die Elf von Thomas Hitzlsperger und David Odonkor. Hitzlsperger musste auf die für ihn ungewohnt linke Abwehrseite, weil der Schalker Heiko Westermann kurzfristig zu seiner schwangeren Frau abgereist war.

Spanien-Legionär Odonkor stand ebenso unter Beobachtung wie die zur zweiten Halbzeit eingewechselten Jermaine Jones und Marko Marin, der als 17. Debütant in der Löw-Ära auflief. Später wurden Oliver Neuville, Patrick Helmes und Piotr Trochowski noch auf den Prüfstand gestellt. Der pfeilschnelle Odonkor zeigte auf der rechten Mittelfeldseite, was man seit der WM von ihm kennt: schnelle Vorstöße und scharfe Flanken. Eine führte zum Eigentor durch Korytko. Die beiden Zweitliga-Profis Helmes und Marin demonstrierten bei ihren Tests Mut und Risikobereitschaft. Auch Trochowski setzte Akzente.

Die deutsche Mannschaft versuchte von Beginn an, schnell von Abwehr auf Angriff umzuschalten, und wurde früh belohnt. Nach starker Vorarbeit von Lukas Podolski ließ Klose (10.) Torhüter Wassili Chomutowski keine Chance und erzielte das 39. Länderspieltor in seinem 75. Länderspiel. Damit rückte er als Siebter der ewigen DFB- Bestenliste bis auf vier Treffer an Legende Uwe Seeler heran.

Trotz des Tores stand der Ex-Lauterer Klose in seiner alten Heimat ein wenig im Schatten seines das Spiel belebenden Bayern-Kollegen Podolski. Dagegen benötigte Ballack einige Zeit, ehe er das mit dem FC Chelsea verlorene Champions-League-Finale aus dem Kopf bekommen hatte. Zu denen, die bereits in EM-Form sind, zählen neben Podolski Innenverteidiger Per Mertesacker und der kämpferische Torsten Frings.

Eine Schrecksekunde erlebte Löw in der 15. Minute, als HSV-Spieler Anton Putsilo Bastian Schweinsteiger brutal legte. Nach kurzer Behandlung konnte er weiterspielen. Eine erste Diagnose ergab zumindest keinen Bänderriss. «Der Knöchel ist ziemlich dick und tut weh», sagte der Münchner nach seinem 50. Länderspiel und verlies er das Stadion in Kaiserslautern und hofft auf einen baldigen Wiedereinstieg ins Training.

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