12.10.2005 23:30 Uhr

Rehabilitation mit Spaßfußball - Metzelder dabei

Hamburg (dpa) - Mit dem Comeback des Jahres und der Rückkehr zum Spaß-Fußball will Jürgen Klinsmann wenigstens die Heimspiel-Euphorie um die deutsche Nationalmannschaft erhalten.

Nach einem Persilschein des DFB-Präsidenten für die Arbeit des Bundestrainers sollen auch die Fans mit einer überzeugenden Länderspiel-Premiere gegen China am 12. Oktober in Hamburg das Vertrauen in das WM-Projekt zurückgewinnen. «Wir werden es besser machen gegen China», versprach Klinsmann Wiedergutmachung für das erschreckende 1:2 in der Türkei. Der bedeutendste Personal-Wechsel findet in der Abwehr statt, wo Vize-Weltmeister Christoph Metzelder nach exakt 32 Monaten ein lang ersehntes Comeback im DFB-Trikot feiern wird.

Auch wenn sich die Rückschläge häufen, und die Kritik aus der Bundesliga zunimmt, genießt Klinsmann weiter volle Rückendeckung seitens der DFB-Führung. «Es ist abenteuerlich, alles in Frage zu stellen», erklärte Verbandspräsident Gerhard Mayer-Vorfelder im Mannschaftshotel bei einem demonstrativen Auftritt vor den Medien. Der 72-Jährige sendete zugleich eine deutliche Warnung an die Profi-Clubs: «Ich kann die Trainer und Manager nur bitten, nicht die Schlagzeile zu suchen und dem Gesamtprojekt WM zu schaden.»

Klinsmann wähnt sein junges Team trotz des Tiefpunktes in der Türkei weiterhin auf Kurs. «Das Gerüst wird immer fester», behauptete der Bundestrainer. Umbauen wird er die Mannschaft trotzdem erneut, auch wenn er nur eine personelle Veränderung öffentlich Preis gab. Als insgesamt 36. Spieler in seiner Amtszeit stellt er Metzelder auf den WM-Prüfstand. Auf den Tag genau zwei Jahre und acht Monate nach seinem 16. und bislang letzten Länderspiel in Spanien (1:3) soll der 24-jährige Dortmunder als Option in der kriselnden Abwehr getestet werden. «Unsere Aufgabe ist, Christoph jetzt von Bundesliga-Niveau auf internationales Niveau zu bringen. Metzelder fiebert dem Anpfiff entgegen: «Für mich geht ein Traum in Erfüllung.»

Für den noch ein «bisschen angeschlagenen» Mönchengladbacher Marcell Jansen muss Klinsmann vermutlich erneut eine Notlösung auf der linken Verteidiger-Position präsentieren. Das Abschlusstraining gegen China fand ohne den 19-jährigen Abwehrspieler statt, der noch intensiv von der medizinischen Abteilung behandelt wurde. Ein Einsatz von Jansen gegen die Chinesen ist damit unwahrscheinlich. Dagegen waren Lukas Sinkiewcz, Bernd Schneider und Miroslav Klose nach überwundenen Verletzungen oder Erkrankungen bei der letzen Übungseinheit dabei.

In jedem Fall erwartet Klinsmann nach dem Rückschritt von Istanbul wieder Fortschritte seiner WM-Probanden. «Wir haben nur ein Leitmotiv: Leistungsoptimierung», betonte er. Gegen China soll das in der Praxis so aussehen: «Wir erwarten viel Tempo, viel Laufbereitschaft und einen viel höheren Rhythmus.»

Dass trotz der Türkei-Pleite schon beim öffentlichen Training 10 000 Zuschauer der DFB-Auswahl zugejubelt hatten, gab den Spielern einen neuen Motivationsschub. «Die Vorfreude ist noch gestiegen nach dem tollen Empfang», berichtete Klinsmann. Das Team hat sich vorgenommen, wie vor einem Monat nach dem 0:2 in der Slowakei, dem ein 4:2-Erfolg gegen Südafrika folgte, wiederum eine positive Reaktion zu zeigen. «Die Mannschaft war ziemlich am Boden zerstört nach dem Spiel in der Türkei», berichtete Torhüter Oliver Kahn. Aber der Ersatz-Kapitän für den wiederum fehlenden Michael Ballack verspürt Anzeichen für die eingeforderte Trotzreaktion. «Man hat im Training gespürt, dass man gegen China Gas geben möchte.»

Überdies hat die Mannschaft daheim fast immer ein anderes Gesicht gezeigt als bei Auswärtsspielen. Von den zehn Partien in Deutschland hat die stark verjüngte DFB-Auswahl nur eine verloren, beim 2:3 gegen Brasilien im Halbfinale des Confed-Cups. «Wenn die Fans hinter uns stehen und uns anfeuern, spielen wir einfach besser», sagte Stürmer Kevin Kuranyi. In Hamburg soll wieder Confed-Stimmung herrschen. «Die Zuschauer wollen Einsatz, Dynamik, Spielfreude. Dann sind sie zufrieden», erklärte Team-Manager Oliver Bierhoff.

Das soll die nicht für die WM qualifizierte Auswahl der Chinesen um Regisseur Jiayi Shao vom Zweitligisten TSV 1860 München von der ersten Minute an zu spüren bekommen. «Wir müssen mit der Körpersprache Zeichen setzen», forderte Miroslav Klose, der nach überstandener Grippe vermutlich wieder neben Lukas Podolski stürmen kann. Gerade die erfahrenen Spieler stehen in der Pflicht, allen voran Torsten Frings, der in Istanbul krass versagt hatte.

Chef-Scout Urs Siegenthaler machte die deutschen Spieler mit einem Video-Zusammenschnitt mit den unbekannten Chinesen etwas vertrauter. Als besonderes Motivationsmittel hat Klinsmann vor der Partie einen weiteren Kurzfilm im Programm: Star-Regisseur Sönke Wortmann («Das Wunder von Bern») wird seine Aufnahmen vom Confed-Cup vorführen, der Kahn und Co. wieder zum Gute-Laune-Fußball des Sommers animieren soll.

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