07.09.2005 23:30 Uhr

Klinsmann mit Youngster-Team gegen Südafrika

Bremen (dpa) - Mit der jüngsten Elf seiner Amtszeit und einer Teenie-Abwehr mit zusammen gerade einmal 23 Länderspielen will Jürgen Klinsmann gegen Südafrika den Abwärtstrend der Nationalmannschaft stoppen.

Der Bundestrainer kündigte für das Fußball-Länderspiel in Bremen den Einsatz von Lukas Sinkiewicz (19), Marcell Jansen (19), Lukas Podolski (20) und Bastian Schweinsteiger (21) an, die beim 0:2 in der Slowakei allesamt erst zur Halbzeit eingewechselt worden waren.

«Alle vier kommen von Anfang an zum Zuge», sagte Klinsmann und rückte damit von der üblichen Geheimniskrämerei um die Aufstellung ab. Als Folge der Pleite von Bratislava und als Ausmusterung von Routinier Christian Wörns (33) wollte er die radikale Verjüngung aber nicht verstanden wissen: «Es gibt keine Konsequenzen. Wir hatten das von langer Hand geplant.»

Mit Einzel- und Gruppengesprächen, freiwilligen Fitnessübungen im Hotel sowie dem Abschlusstraining im Weserstadion schwor Klinsmann sein Personal auf die Partie ein. Zudem mussten sich alle Mann noch einmal ihre trostlose Darbietung im TV-Studium anschauen. «Wir sind sehr selbstkritisch mit der Leistung in der Slowakei umgegangen», betonte Klinsmann, machte aber den Spielern keinerlei Vorwürfe. «Die Mannschaft hat sich vom Engagement her nichts zu Schulden kommen lassen. Das Auftreten war absolut in Ordnung.»

Doch ganz offensichtlich gibt es in Kernfragen der Personalpolitik konträre Auffassungen innerhalb der deutschen WM-Expedition. Kapitän Michael Ballack machte deutlich, dass er die von Klinsmann verordnete Torwart-Trennung schnellstmöglich beenden würde, weil man es sich nicht leisten könne, auf einen Führungsspieler wie Oliver Kahn (36) zu verzichten. «Ich mache kein Hehl daraus, dass es besser wäre, wenn Olli jetzt da wäre», sagte Ballack, der das Thema aber nach eigener Darstellung nicht mit Klinsmann erörtert hat: «Ich werde sicherlich mit dem Trainer darüber reden. Gerade junge Spieler schauen auf und hören zu, was Spieler wie Olli zu sagen haben.»

Ob sich Klinsmann durch seinen wichtigsten Spieler zu einer Kurskorrektur bewegen lässt, bleibt abzuwarten. Die harsche Medienkritik nach dem Slowakei-Auftritt jedenfalls lässt der Coach von sich abprallen. «Wir werden unseren Weg weitergehen - zielstrebig, intensiv und konzentriert. Davon lassen wir uns von niemandem abbringen», sagte Klinsmann, der die öffentliche Schelte an der Mannschaft für völlig überzogen hält und auch die eigene Arbeit unfair bewertet sieht. «Wir hinterfragen uns auch selbst. Aber wenn wir die letzten 14 Monate zurückblicken, haben wir keine entscheidenden Fehler gemacht.» Assistenzcoach Joachim Löw prophezeite: «Wir werden in keinster Weise von unserem Grundkonzept abweichen, offensiv stark und zugleich defensiv stabil zu sein.»

Deshalb soll in den nächsten Spielen weiter experimentiert werden, wobei das Hauptaugenmerk zunächst auf der zuletzt nicht konkurrenzfähigen Abwehr liegt. «Wir müssen schauen, dass wir im Defensivverhalten die Fehler minimieren», forderte Klinsmann nach zuletzt zwölf Gegentoren in sechs Spielen.

Besonders in der Pflicht steht Per Mertesacker. Der erst 20-Jährige und von Haus aus stille Abwehrchef soll die Viererkette mit Jansen und Sinkiewicz, die in der Slowakei ihr Debüt gegeben hatten, und Lokalmatador Patrick Owomoyela (25) viel lauter führen als bisher. «Es muss Disco-Lautstärke vorhanden sein», forderte Löw. Mertesacker fühlt sich trotz seiner Unerfahrenheit der Aufgabe gewachsen: «Angst ist das falsche Wort, aus dem Alter bin ich raus.»

«Die Spieler sind heiß darauf, es gegen Südafrika besser zu machen», versicherte Klinsmann. Das Wort Trotzreaktion nahm er im Gegensatz zur vorigen Woche, als er in der Slowakei eine sportliche Antwort auf das vorangegangene 2:2 in den Niederlanden eingefordert hatte, nicht mehr in den Mund. Ein überzeugender Sieg wäre schön, meinte Klinsmann: «Aber das Ergebnis ist nicht wichtig für die Entwicklung der Mannschaft.»

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