17.08.2005 23:30 Uhr

Mit Oldie-Elf gegen Niederlande und schwarze Serie

Rotterdam (dpa) - Mit der ältesten Elf seiner Amtszeit will Jürgen Klinsmann zum Start in die WM-Saison die schwarze Serie gegen die Großen des Weltfußballs beenden.

Der Bundestrainer wird im Klassiker gegen die Niederlande wahrscheinlich acht Profis im Rotterdamer Stadion «De Kuip» in die Startelf stellen, die auch Vorgänger Rudi Völler zum Europameisterschafts-Auftakt vor 14 Monaten gegen den Erzrivalen berufen hatte. Nur Per Mertesacker, Miroslav Klose und Thomas Hitzlsperger, sofern der Neu-Stuttgarter für die Anfangsformation berücksichtigt wird, waren am 1:1 von Porto nicht beteiligt.

«Das Resultat ist immer wichtig, weil ein Sieg das Selbstvertrauen steigert. Aber wirklich gut dastehen wollen wir im Mai 2006», sagte Klinsmann vor dem bereits 15. Anlauf, die seit dem 1:0-Erfolg in England am 7. Oktober 2000 währende Sieglosigkeit gegen die fußballerische Weltelite zu beenden. Kapitän Michael Ballack verteidigte den Rückgriff auf Oldies wie den 31-jährigen Dietmar Hamann, der erstmals seit der Amtsübernahme Klinsmanns wieder das DFB-Trikot tragen darf, oder den bereits 33 Jahre alten Verteidiger Christian Wörns. «Vielleicht werden wir durch die Erfahrung dieser Spieler jetzt noch ein bisschen stärker», sagte der Münchner, der mit gut 28 Jahren den Altersdurchschnitt der Elf widerspiegelt.

Nominell unterscheidet sich Klinsmanns Elf zwar dieses Mal kaum von Völlers Personal. Doch fußballerisch soll die aktuelle DFB-Auswahl ähnlich wie in den zurückliegenden Monaten und vor allem beim Confederations Cup ein ganz anderes Gesicht zeigen, wenngleich Klinsmann die Voraussetzungen für große Taten so früh in der WM-Saison als «nicht optimal» bezeichnete. «Die meisten Spieler haben eine sehr kurze Vorbereitung und erst zwei Spiele in den Beinen. Deshalb erwarten wir nicht, dass sie 100 Prozent an ihrem Leistungslevel sind. Aber wir erwarten, dass jeder sein Maximum gibt, solange es reicht», sagte der 41-Jährige.

Auch Ballack glaubt, dass das Gros der Mannschaft «erst in drei Wochen» den optimalen Fitnesszustand erreicht haben wird, bei einigen Teamkollegen hat er deutliche Rückstände festgestellt. «Einige haben in dieser Saison noch kein Spiel über 90 Minuten bestritten», erklärte der Kapitän und meinte damit wohl in erster Linie Chelsea-Verteidiger Robert Huth, den Schalker Gerald Asamoah sowie den Münchner Teamkollegen Sebastian Deisler. Auch deshalb sei das brisante Derby ein «absoluter Härtetest, wie die Mannschaft mit den Umständen hier zurecht kommt».

Weil kaum einer der 18 Berufenen bereits konditionell so weit ist, um den von Klinsmann verordneten Tempofußball über die volle Spielzeit gehen zu können, will der Bundestrainer möglichst vielen Spielern zu einem Einsatz verhelfen. «Wir werden viel wechseln», kündigte Klinsmann nach der Zeit raubenden Anreise an. Erst mit 45 Minuten Verspätung startete der Charterflieger von Frankfurt aus zum Amsterdamer Flughafen «Schiphol», von wo es per Bus und Polizeieskorte ins 60 Kilometer entfernte Rotterdam und zum Abschlusstraining ging.

Bei aller Brisanz, die das Nachbarschaftsduell in sich birgt, ist die Begegnung für Klinsmann doch nur eine Zwischenstation: «Es geht um die WM, nicht um dieses eine Spiel.» Vor allem geht es darum, sich im ersten von insgesamt acht Testspielen bis zur Nominierung des WM-Kaders in Position zu bringen. «Je näher die WM rückt, desto mehr wird um die Stammplätze gekämpft», prophezeite Ballack: «Die Spieler werden an ihre Grenzen gehen, um zur WM und in die Stammelf zu kommen.»

Dies gilt in erster Linie für die Rückkehrer Hamann und Wörns. Der Dortmunder Verteidiger ist in der Innendeckung neben dem 14 Jahre jüngeren Per Mertesacker gesetzt. Bei Hamann wollte sich Klinsmann noch nicht festlegen, ob er den Mittelfeld-Strategen von Champions-League-Sieger FC Liverpool von Beginn an aufbieten oder in der zweiten Halbzeit einwechseln wird. Unklarheit herrschte auch über die Besetzung der linken Abwehrseite, wo Klinsmann mangels gelernter Kraft zwischen den Mittelfeldspielern Hitzlsperger und Bernd Schneider entscheiden muss.

Im Angriff setzt der Bundestrainer in Abwesenheit von Lukas Podolski auf Kevin Kuranyi und Miroslav Klose - und er blickt ein wenig neidisch auf die niederländischen Weltklassestürmer Ruud van Nistelrooy und Roy Makaay. «Unsere Stürmer sind noch in der Entwicklung. Sie möchten dahin kommen, wo ein Makaay oder van Nistelrooy schon sind», sagte Klinsmann. Sein Kollege Marco van Basten hat die Qual der Wahl, einen der Mittelstürmer auf die Bank setzen zu müssen. Ein derartiges Luxusproblem habe er auch, bemerkte Klinsmann süffisant, «aber bei den Torhütern.»

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