03.07.2022 08:53 Uhr

ÖFB-Frauen: Aus Erfolg 2017 "zu wenig gemacht"

Schöttel und Co. gaben sich zuletzt selbstkritisch
Schöttel und Co. gaben sich zuletzt selbstkritisch

Österreichs Frauen-Nationalteam hat bei der EM-Premiere 2017 sensationell das Halbfinale erreicht. Fünf Jahre später und unmittelbar vor der Endrunde 2022 in England mit neuerlicher ÖFB-Beteiligung jagen deshalb aber in Österreich nicht mehr Mädchen und Frauen dem Ball nach. Aktuell sind es 11.251. "Wir waren damals ein Stück weit überfordert mit der Situation, weil der Erfolg so überraschend gekommen ist", gab ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold kürzlich zu.

Auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel, der auch schon 2017 in dieser Funktion gewerkt hatte, konnte das nicht leugnen: "Es ist so, dass bei uns viel zu wenig Mädchen Fußball spielen. Der Erfolg vor fünf Jahren war toll, hat uns geflasht. Der Verband war vielleicht gar nicht auf so einen großen Erfolg vorbereitet." Zudem räumte auch ÖFB-Präsident Gerhard Milletich ein, dass es da in der Vergangenheit Versäumnisse gegeben habe.

Thalhammer fordert Quote für Mädchenteams

Dominik Thalhammer war in den Niederlanden als Teamchef der Vater des Erfolgs, auch er hätte sich eine ganz andere Entwicklung gewünscht. "Ein Boom, das sind nach so einem Turnier Dinge, die man sich erhofft, aber von alleine geht es halt am Ende des Tages auch nicht. Ich glaube, dass man in Österreich zu wenig aus dem Erfolg 2017 gemacht hat. Alleine darüber zu sprechen, ist zu wenig", sagte der jetzige Coach des belgischen Männer-Erstligisten Cercle Brügge.

Eine Vergrößerung der Quantität sei enorm wichtig, um dann auch an der Spitze besser aufgestellt zu sein. Um das zu schaffen, hätte der 51-Jährige eine Idee: "Ohne sanften Druck wird es nicht funktionieren. Es gibt die Verpflichtung, Nachwuchsteams zu haben, aber in erster Linie Burschenteams. Mir geht es nicht ein, warum man nicht sagt, dass man zu einem gewissen Prozentsatz auch Mädchenteams haben muss."

Davon gibt es in Österreich 114, zudem 245 Frauenteams. In England - EM-Auftaktgegner der ÖFB-Frauen am Mittwoch (21 Uhr) im ausverkauften Old Trafford Stadium - sind es 8.865 (Mädchen) beziehungsweise 2.644 (Frauen). Die Aussage von Thalhammer, dass es in anderen Ländern "zehnmal so viele" Spielerinnen gibt, ist im Vergleich zum Mutterland des Fußballs sogar noch eine klare Untertreibung. England kann aus einem Pool von 187.604 weiblichen Aktiven wählen.

"Basis stärken": Neuhold hofft auf Aufschwung

Dafür schlägt sich Österreichs Team im internationalen Vergleich sehr gut. "Es ist ungewöhnlich, dass wir aus einer relativ kleinen Breite so eine erfolgreiche Spitze zusammengebracht haben", sagte Schöttel. Damit das in Zukunft so bleibt, soll diesmal der Schwung einer Endrunde mitgenommen werden. "Es ist wichtig, mit dem Eröffnungsspiel ein absolutes Highlight anbieten zu können, um Mädchen zum Frauenfußball zu bringen und die Basis stärken zu können", sagte Neuhold.

Aus diesem Grund wurde auch 2019 Karin Gruber als Projektkoordinatorin für den Mädchen- und Frauenfußball eingesetzt. Die ehemalige Spielerin von Hof und Bergheim hat ihr Büro in Salzburg. Die Coronavirus-Pandemie erschwerte ihre Arbeit in den vergangenen Jahren ordentlich, das ist zumindest ein Mitgrund für die enttäuschende Spielerinnen-Gesamtzahl. "Die Breite ist für uns nach wie vor ein sehr großes Thema mit viel Potential. Wir haben noch immer nicht die große Menge an Spielerinnen. Fußball ist noch immer maskulin behaftet, wir haben in allen Bereichen Nachholbedarf", sagte Gruber.

Doch es gibt auch Positives zu vermelden. Das Projekt "Playmakers" lief gut, rund 1.000 Mädchen waren da dabei. Ab heurigem Frühjahr wurde nun mit den Ostar-Richi Mädchen Festivals ein weiteres Projekt gestartet, bei dem fünf- bis zwölfjährigen Mädchen ein lustiger, sicherer und positiver Erstkontakt mit dem Fußball ermöglicht werden soll.

apa

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