Beckenbauer: Thomas Müller sollte zurück ins DFB-Team

Thomas Müller ist nicht erst seit dem 8:2 über den FC Barcelona in der Champions League einer der überragenden Akteure beim FC Bayern. Doch spätestens seit seinem starken Auftritt gegen Barca wird der Ruf lauter, dass der Torschütze, Antreiber und "Man of the Match" doch wieder für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nominiert werden sollte. Sogar der Kaiser schaltete sich nun ein.
"Thomas Müller sollte wieder für Deutschland spielen. Jogi bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn er ihn zurückholt", sagte Franz Beckenbauer gegenüber "Bild", der den Kantersieg gegen die Katalanen kaum glauben konnte.
"Alabas Eigentor mitgezählt, haben wir sogar 9-mal getroffen gegen einen der besten Klubs der Welt ...", so der 74-Jährige weiter.
Dass Müller, der nach dem WM-Debakel 2018 - neben Jérôme Boateng und Mats Hummels - aussortiert worden war, sich in den letzten zwei Jahren sogar noch verbessert hat, liegt für den Kaiser auf der Hand.
Beckenbauer: Müller hat sich weiterentwickelt
"Müller ist jetzt der absolute Leader. Seine Persönlichkeit würde der Nationalmannschaft bestimmt helfen", so Beckenbauer. "Aber das muss natürlich der Bundestrainer entscheiden."
Dass Joachim Löw den heute 30-Jährigen damals aussortierte, kann Beckenbauer rückblickend nachvollziehen. "Müller hatte bei Bayern ja auch keine leichte Zeit und saß längere Zeit auf der Ersatzbank", sagte der Weltmeister-Trainer von 1990, "aber man muss sehen, dass er sich auch da weiter entwickelt hat."
Die Forderungen nach einer Rückkehr ins DFB-Team hatte es schon häufiger gegeben. Jungstars wie Leroy Sané oder Serge Gnabry hätten "jetzt ihre Chance verdient, das darf man nicht einfach so über den Haufen werfen", sagte Löw dazu zuletzt.
"Wenn einer top spielt, dann wird da möglicherweise ein Umdenken stattfinden", meinte dagegen Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.
Trophäe für herausragende Leistungen
Müller jedenfalls nimmt die Spekulationen um seine Person ganz locker. Mit einem breiten Grinsen saß er am Samstag auf dem Fitnessrad, um die müden Muskeln etwas zu lockern.
Vielleicht hatte er da endlich begriffen, dass der FC Bayern am Freitagabend im Estádio da Luz Fußball-Geschichte geschrieben hatte. Kurz nach dem historischen 8:2 (4:1) gegen den FC Barcelona war Müller die Dimension noch nicht bewusst gewesen. "Unbelievable - what a game", schrieb er bei Twitter. Unglaublich - was für ein Spiel! In der Tat.
Dass Müller an dieser Demütigung von Superstar Lionel Messi und dessen Kollegen großen Anteil hatte, vielleicht einen noch etwas größeren als seine großartigen Mitspieler, drückte sich in der Trophäe aus, die er nächtens in das Penha Longa Resort 25 Kilometer westlich des Stadions trug. "Thomas ist 'Man of the Match', und das hat er sich auch verdient", sagte Trainer Hansi Flick zur Auszeichnung für seinen Tausendsassa.
FC Bayern: Flick erweckt Müller zum Leben
Flick hat Müller seit seiner Amtsübernahme am 3. November wieder zum Leben erweckt, nachdem ihm sein Vorgänger Niko Kovac den Status eines Notnagels verliehen hatte. Müller, sagte Flick in dieser Woche, sei "einzigartig, nicht zu kopieren", und weil er nur ungern einzelne Spieler heraushebt, beließ er es auch diesmal bei wenigen lobenden Worten: "Er war für uns immer wieder Signalgeber für unser Pressing. Das macht er einfach hervorragend." Das musste genügen.
Das ist auch schon mehr, als Müller hören mag. Er sieht sich als Dienstleister der Mannschaft, in dieser Funktion war er am Freitagabend allerdings auch so wertvoll wie selten zuvor. Er erzielte das frühe 1:0 (4.), dann das 4:1 (31.), und am Ende legte er dem eingewechselten Philippe Coutinho dessen ersten von zwei Treffern auf. Ach ja, darüber hinaus gab er die so wichtigen Signale an seine Mitspieler.
Matthäus: Müller ein "absoluter Führungsspieler"
"Wenn er etwas sagt, hören alle Spieler zu", sagte Lothar Matthäus nach dem Spiel bei "Sky" über Müller und betonte: "Er ist nicht wegzudenken und ein absoluter Führungsspieler. Er vereint alles. Er ist ein Bayer, er ist ein Spaßvogel, kann aber auch ernst sein, wenn es mal nicht so läuft. Er ist dort, weil man ihn braucht - nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb."
Und Müller lobt lieber andere als sich selbst. Derzeit ist es ihm ein besonderes Bedürfnis, die immense Bedeutung von Robert Lewandowski zu betonen, eine Bedeutung, die er längst nicht an den Toren des Polen festmacht - sondern an dessen gewachsener Uneigennützigkeit. "Wie Lewy beim ersten Tor nicht einfach wild versucht, sich zu drehen und zu schießen, sondern mir den Ball wieder auflegt - da geht mir das Herz auf", sagte er.
So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass Müller nicht über seinen deutschen Rekord reden wollte: 113 Einsätze hat er nun vorzuweisen in der Champions League, und damit einen mehr als Philipp Lahm. Aber hey, sagte der 30-Jährige, mit dieser Zahl solle ihm bloß keiner kommen, das sei schließlich nur Statistik: "Das hat sowas von gar nichts mit Fußball zu tun. Lasst uns lieber über Fußball reden."