Darum ist Hudson-Odoi so begehrt

Callum Hudson-Odoi vom FC Chelsea beherrscht aktuell die Schlagzeilen. Der 18-Jährige kommt gerade einmal auf elf Profispiele, soll bereits fast 40 Millionen Euro teuer sein und wird angeblich dennoch von halb Fußball-Europa gejagt. Der FC Bayern, Borussia Dortmund, RB Leipzig und Juventus Turin sollen unter anderem interessiert sein.
Allen voran der deutsche Rekordmeister soll sich im Werben um das Briten-Juwel in die Pole Position gebracht haben. Nach "Sky"-Informationen soll es zwischen den Münchnern und den Blues eine grundsätzliche Einigung über die Höhe einer möglichen Ablöse geben.
Aber was zeichnet den Offensivspieler eigentlich aus?
Der U17-Weltmeister von 2017 spielt seine enorme Geschwindigkeit vorwiegend auf dem linken Flügel aus, kann aber auch die rechte Außenbahn beackern, sein Unwesen hinter den Spitzen treiben oder als Stoßstürmer agieren.
Vielseitigkeit, die das Gros der Trainer-Branche sicherlich nur zu gerne in ihren Reihen wüsste. Die Späher der Top-Klubs dürften allerdings vor allem angesichts der technisch perfekten Ballbehandlung Hudson-Odois mit der Zunge schnalzen.
Der Ball scheint zeitweise an den Füßen des Chelsea-Juwels zu kleben und weicht auch bei schnellen Drehungen und Übersteigern selten mehr als wenige Zentimeter von seiner Seite. Eine Symbiose, die sich im Eins-gegen-Eins als Waffe erweist. Folglich scheut der Engländer selten ein Dribbling.
Auffällig: Mit einer Körpergröße von etwa 1,80 Meter und einem Gewicht von 76 Kilogramm ist Hudson-Odoi keine besonders beeindruckende Erscheinung, dennoch weiß der Flügelflitzer seinen Körper einzusetzen. Geschickt schirmt er den Ball mit seinem Oberkörper ab oder bremst den anrauschenden Kontrahenten mit der Schulter aus, ehe er seinerseits den Turbo zündet.
Zudem verfügt Hudson-Odoi über reichlich Zug zum Tor. In 487 Profiminuten kommt der Newcomer bislang auf einen Treffer und drei Vorlagen. Im Jugendbereich war er für Chelsea in 52 Partien sogar an 43 Toren beteiligt (27 Treffer/16 Assists).
Weg von BVB-Star Sancho als Chance und Hindernis für Hudson-Odoi
Allerdings läuft der Senkrechtstarter Gefahr, sich in seinen Kabinettstückchen zu verlieren. Gefangen im Tanz mit dem Gegenüber, verliert Hudson-Odoi (noch) zu oft den Blick für das Spielgeschehen. Das Leder wird im Dribbling zwar erfolgreich behauptet, der anschließende Pass landet aber zu unbeständig beim Nebenmann. Ein Umstand, der sich derzeit vor allem in den Zweikämpfen mit erfahrenen Abwehrrecken offenbart.
Den Fans von Borussia Dortmund dürfte dieses Problem bekannt vorkommen. Als sich der BVB im Sommer 2017 mit Jadon Sancho einen Vertreter der Young Lions angelte, wurde schnell deutlich, dass dessen Spielfreude und Dribblings auch gestandene Bundesligaprofis überraschen und gefährliche Situationen heraufbeschwören können.
Sanchos Angriffswirbel kostete die Schwarzgelben allerdings auch oftmals den Ballbesitz und nicht selten Nerven. Ein Jahr später ist Sancho den Kinderkrankheiten seines Spiels allerdings bereits weitestgehend entwachsen, Leistungsträger beim BVB, englischer A-Nationalspieler und Top-Vorlagengeber der Bundesliga-Hinrunde.
FC Bayern und Co. müssten wohl tief in die Tasche greifen
Dass Sancho und Hudson-Odoi in Spielweise und Vita Gemeinsamkeiten aufweisen (beide wurden gemeinsam U17-Weltmeister), dürfte einer der Gründe sein, der namhafte Interessenten auf den Plan ruft. Allerdings dürfte sich das auf dem Weg zu einem Transfer auch als größte Hürde erweisen.
Flossen für Sancho lediglich 7,8 Millionen Euro Ausbildungsentschädigung in Form der Ablösesumme an Manchester City, ruft Chelsea bereits 40 Millionen Euro für Hudson-Odoi auf. Ein großes Risiko für einen eventuellen Abnehmer, der die Kasse für einen Spieler plündern würde, der seine Klasse auf der ganz großen Bühne noch nicht beständig unter Beweis stellen konnte.
Auf der anderen Seite dürfte das Beispiel Sancho die Blues warnen. City verpasste es damals, das Juwel frühzeitig zu binden und darf sich nun aus der Ferne anschauen, wie Sancho seinen Wert verzehnfacht hat.
Gerade für den FC Bayern könnte der Deal allerdings dennoch Sinn ergeben. Bestätigt Hudson-Odoi sein Potenzial, wäre eine der größten Zukunftssorgen der Münchner Geschichte. Wenn Arjen Robben und Franck Ribéry der Isar im Sommer den Rücken kehren, verfügt Bayern auf den Flügeln mit Kingsley Coman (22) und Serge Gnabry (23) nur noch zwei Profis von Format, dahinter könnten mit dem unlängst verpflichteten Alphonso Davies (18) und Hudson-Odoi zwei Toptalente reifen.
Sollte man die Forderung des FC Chelsea erfüllen, wäre Hudson-Odoi zudem der teuerste Spieler unter 20, der jemals zu einem deutschen Klub gewechselt wäre. Als Schmankerl soll der FC Bayern Hudson-Odoi sogar mit dem Trikot mit der Nummer zehn locken. Dieses trägt derzeit Klub-Legende Robben. Ob dieser Anreiz genügt, wird sich zeigen.
Marc Affeldt