01.05.2018 09:08 Uhr

Thiago enttäuscht beim FC Bayern: Der unsichtbare Mann

Thiago Alcántara spielt seit 2013 beim FC Bayern München
Thiago Alcántara spielt seit 2013 beim FC Bayern München

Thiago Alcántara ist einer der talentiertesten Spieler im Luxus-Kader des FC Bayern München, ruft sein Potenzial in den großen Spielen aber viel zu selten ab. Vor dem Rückspiel des Champions-League-Halbfinals bei Real Madrid am Dienstag (ab 20:45 Uhr im Liveticker) ranken sich wieder einmal Wechselgerüchte um den Spanier.

Schon in der achten Spielminute war das Reservistendasein für Thiago Alcántara vorbei. Arjen Robben hatte sich zuvor bei einem Flankenversuch am linken Oberschenkel verletzt. Das Kracherduell Bayern München gegen Real Madrid war für den Niederländer beendet, Thiago bekam seine Chance auf der großen Bühne Champions League.

Nutzen konnte der 27-Jährige sie nicht. In einer insgesamt ordentlichen, aber zu ineffektiven Münchner Mannschaft setzte der Offensivspieler kaum Akzente. Fehlpässe und Unsicherheiten bestimmten sein Spiel.

In der 89. Minute holte sich der Edeltechniker eine Gelbe Karte wegen taktischen Foulspiels ab, seine auffälligste Szene. Von einer "grauen Vorstellung" des 27-fachen Nationalspielers bei der bitteren 1:2-Pleite des deutschen Fußball-Rekordmeisters schrieb die spanische Sportzeitung "AS". 

Thiago schafft Sprung zum Unterschiedsspieler nicht

Dass Thiago seine unbestreitbar vorhanden PS in der entscheidenden Saisonphase nicht auf die Straße bringt, ist in München nichts Neues. Im April und Mai mutiert der leichtfüßige Spielmacher in unschöner Regelmäßigkeit zum unsichtbaren Mann.

2013 lotste der damalige Coach Pep Guardiola ("Thiago oder nix!") seinen früheren Barca-Weggefährten in die bayerische Hauptstadt. 25 Millionen Euro zahlten die Bayern für den damals 22-Jährigen mit den Weltklasse-Anlagen, ein echtes Schnäppchen, so schien es. Doch den Sprung zum Unterschiedsspieler auf allerhöchstem Niveau schaffte Thiago bis heute nicht.

Bei den neun Halbfinalpartien in der Königsklasse seit seinem Wechsel nach München stand der Mittelfeldakteur fünfmal von Beginn an auf dem Platz. Eine wirklich erinnerungswürdige Leistung gelang ihm nicht.

Viermal mussten die Bayern in den Duellen mit Real und Atlético Madrid sowie dem FC Barcelona ihre Segel streichen. Auch in diesem Jahr droht nach dem schlechten Hinspielergebnis gegen die Königlichen das Aus.

Entweder gehemmt oder übermotiviert

In den großen Spielen gegen seine Landsleute wirkt Thiago in vielen Szenen entweder gehemmt oder übermotiviert. Statt des einfachen Passes zum besser postierten Nebenmann wählt der Rechtsfuß dann die brotlose Finte, statt des tödlichen Zuspiels in die Tiefe das aussichtslose Dribbling. Die oftmals überheblich wirkende Körpersprache des Halb-Brasilianers tut ihr Übriges.

Thiago ist in aller Regel ohnehin nicht derjenige, der seine Mitspieler in schwierigen Situationen mitreißen kann. Zudem stoppen den seit jeher verletzungsanfälligen Profi immer wieder größere und kleinere Blessuren.

Starke Vorstellungen zeigt Thiago eher gegen die "Kleinen" des europäischen Spitzenfußballs. Beim 2:1-Sieg im Viertelfinal-Hinspiel in Sevilla ackerte der Feinmotoriker wie ein Berserker und köpfte den Siegtreffer. Im Rückspiel bei Besiktas (3:1) in der Runde der letzten 16 brannte der 1,74-Meter-Mann bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung nach 35 Minuten ein Feuerwerk ab, erzielte das frühe 1:0.

FC Bayern hat starke Alternative für Thiago

Unersetzbar ist Thiago im Kader der Münchner aufgrund seiner Formschwankungen nicht mehr. Allzweckwaffe James Rodríguez hat nach konstant starken Darbietungen die Nase in der Schaltzentrale vorn - auch wenn Trainer Jupp Heynckes Anfang Februar in Aussicht stellte, Thiago werde "noch ein ganz wichtiges Element" im Spiel der Bayern sein.

Im Rückspiel in Madrid darf der Spanier vor allem deswegen mit einem Einsatz von Beginn an rechnen, weil Robben die Reise auf die iberische Halbinsel nach seiner Verletzung aus dem Hinspiel gar nicht erst antrat. In Arturo Vidal (Saisonaus wegen Knie-OP) fehlt Heynckes darüber hinaus eine weitere hochkarätige Alternative fürs Zentrum. 

Die nicht gänzlich zufriedenstellende Situation Thiagos in München lässt die Gerüchteküche brodeln. Mit einer Rückkehr zu seinem Heimatklub Barcelona wird der zweifache U21-Europameister ohnehin alle Nase lang in Verbindung gebracht, genauso wie mit einem Wechsel zu seinem Förderer Guardiola bei Manchester City.

Zuletzt hielten sich allerdings auch hartnäckig Spekulationen, Thiago könne einen Transfer zu einem anderen Klub vorantreiben: ausgerechnet zu Barcas Erzrivale und Bayern-Gegner Real Madrid.

Tobias Knoop

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