Drmić: Torjäger in Wartestellung

Zehn-Millionen-Mann Josip Drmić soll in Mönchengladbach Max Kruse ersetzen. Doch der Saisonstart des Schweizers verlief ebenso enttäuschend wie der des ganzen Vereins.
Zumindest auf dem Parkplatz am Borussia-Park ist Josip Drmić schon der perfekte Nachfolger von Max Kruse. "Ich bin ein Autofreak. Was das angeht, bin ich ein wenig verrückt", sagt der Freund schneller Flitzer, der wie sein Vorgänger im Fohlen-Sturm auf Pferdestärken steht. Kruses skurriler Tarnfarben-Maserati ist bis heute ein Gesprächsthema im eher beschaulichen Mönchengladbach.
Gas geben wollte Drmić eigentlich auch auf dem Rasen, doch anders als Kruse spielt der Schweizer bei der Torejagd bislang nur eine Nebenrolle. Einmal erst stand der 23-Jährige bislang in der Bundesliga-Startelf, dreimal wurde er eingewechselt. Eigentlich zu wenig für einen, der schon als "Königstransfer für die Königsklasse" bezeichnet worden war.
Riecher nicht verloren
Dabei hat Drmić seinen Torriecher längst nicht verloren. In der Länderspielpause führte er die Schweiz gegen Slowenien nach einem 0:2-Rückstand mit zwei Treffern noch zu einem 3:2, Gladbach-Trainer Lucien Favre freute sich mit seinem Landsmann. "Die Tore werden Josip gut tun und sein Selbstvertrauen vergrößern", sagte Favre. Gegen den HSV saß Drmić dennoch zunächst wieder auf der Bank.
Immerhin zehn Millionen Euro hatte die Borussia im Sommer für Drmić an Bayer Leverkusen überwiesen, schon ein Jahr zuvor hatte Gladbach um die Dienste des ehemaligen Nürnbergers geworben. "In Leverkusen war ich sehr, sehr unzufrieden. Ich frage mich selber, warum ich oft nicht gespielt habe", sagte er nach seiner Ankunft in Gladbach.
Systemfrage
Besser wurde es am Niederrhein bislang aber nicht. Favre begründet das auch mit Borussias System, auf das sich der sonst eher im Strafraum beheimatete Drmić noch einstellen müsse. "Bei uns muss er auch kombinieren, sich anbieten, entgegenkommen, am Spiel teilnehmen", sagt der Coach über die nicht gerade einfache Umstellung.
Dafür gesteht Favre seinem Stürmer Zeit zu, auch Eberl bleibt gelassen. "In Deutschland ist es generell so, dass nach sechs Wochen bilanziert wird, ob ein Spieler gut oder schlecht ist", sagt der Sportdirektor und fügt an: "Dagegen wehre ich mich dezidiert. Wir reden von Menschen, nicht von Maschinen." Drmić habe sich bislang "überragend" verhalten.
Erinnerungen an Luuk de Jong
Nicht wenige Fans fühlen sich bei solchen Worten dennoch an Luuk de Jong erinnert. Der Niederländer war 2012 ebenfalls als "Königstransfer für die Königsklasse" bezeichnet worden, damals scheiterte die Borussia jedoch in den Playoffs. Anschließend fand de Jong, bis heute teuerster Transfer der Vereinsgeschichte, nie richtig in Favres System, wurde erst verliehen und schließlich an die PSV Eindhoven verkauft. Dort erzielte er in der Meistersaison 2014/2015 stolze 20 Tore.
Drmić, der zweitteuerste Transfer der Borussia-Historie, will es nun besser machen. Zumal er über Champions-League-Erfahrung verfügt, viele Spieler des aktuellen Kaders können das nicht behaupten. Nicht nur Drmić hofft daher, seine Qualitäten endlich unter Beweis stellen zu können. Denn auf der Überholspur fühlt sich der Flitzer eben noch immer am wohlsten.
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sid