29.05.2014 16:33 Uhr

Finke: Können von Afrika viel lernen

Volker Finke - seit 2013 Trainer von Kamerun.
Volker Finke - seit 2013 Trainer von Kamerun.

Der deutsche Trainer Volker Finke ist überzeugt, dass seine "Unbezähmbaren Löwen" aus Kamerun auf dem richtigen Weg zur Fußball-WM in Brasilien sind, verriet er im Gespräch mit der APA. Das Trainingscamp von Kamerun mit Superstar Samuel Eto'o in Walchsee in Tirol begann am 20. Mai und endet am Samstag. Es war ein Trainingslager der besonderen Art.

"Es ist einfach ideal hier", erzählte Finke, das Teamhotel und der perfekte Rasenplatz steht den Afrikanern exklusiv zur Verfügung. Dabei geben sich die Spieler am Trainingsplatz betont locker. Nur der 66-jährige Deutsche gibt sich gegenüber Fans und Medien zugeknöpft, selbst mit großen deutschen Medien will Finke, der von 1991 bis 2007 den SC Freiburg betreut hat und damit Rekordhalter in der deutschen Bundesliga ist, nicht reden. Alle Interview-Anfragen aus seiner Heimat blockte er ab.

Seit 2013 ist er Nationaltrainer von Kamerun, davor hat er auch schon zwei Jahre in Japan bei den Urawa Diamonds (2009/2010) gearbeitet. "Man kann von überall viel mitnehmen und lernen, man muss sich auf die Eigenheiten einlassen, so wie meine Frau (arbeitet als Dokumentarfilmerin, Anm.) und ich das machen", erzählte Finke und analysierte dabei auch den deutschen Fußball, den er - auch beim 1. FC Köln war er interimistisch tätig - ja perfekt kennt.

"Wir können von den Afrikanern viel lernen", berichtete Finke, der schon in Freiburg einige Spieler aus Afrika betreute. "Auch nach Niederlagen mit Freiburg sangen die Afrikaner ein, zwei Stunden später im Bus. Den pflichtbewussten deutschen Spielern gefiel das gar nicht. Dabei ist das nur eine unterschiedliche Art von Frustbewältigung. Die Deutschen meinten, das sei zu wenig ernst. Wir können von Afrika viel lernen."

Geschmeidigkeit und Intuition statt reine Athletik

Und damit meinte Finke nicht nur die Mentalität, sondern auch Trainingsmethoden. Früher sei in Deutschland extrem auf Athletik gesetzt worden, kleine Spieler seien gar verpönt gewesen. "Der Tiefpunkt war 2000, als der deutsche Fußball bei der EM in der Vorrunde ausschied. Da begann ein Umdenken. Ich glaube, in meiner Zeit als Freiburg-Trainer ist das Umdenken eingeleitet worden. Es geht auch um Geschmeidigkeit und Intuition. Ich habe auch damals schon afrikanische Elemente ins Training und zum Aufwärmen eingebaut", sagte Finke.

Und diese Elemente konnte man auch im Training in Walchsee sehen. Beim Aufwärmen tänzelten Eto'o (Chelsea) oder Alex Song (Barcelona). Nach einer konzentrierten Einheit, in der zwei Teams auf "sechs" Tore spielten, bildete die Mannschaft mit ihrem Trainer und dessen "Co" Ibrahim Tanko, einem ehemaligen Dortmund-Stürmer, einen Kreis. Der 21-jährige Cedric Djeugoue von Coton Sport Garoua, einer der ganz wenigen Kicker, die noch in ihrer Heimat spielen, wurde initialisiert, also in die Mannschaft aufgenommen.

Beten ist Pflicht, Religion aber egal

Die Spieler sangen 20 Minuten, klatschten rhythmisch, immer wieder lag einer am Boden mit Lachkrämpfen. Und mittendrin Eto'o quasi als Alleinunterhalter und Anheizer. "Das machen sie alle zwei, drei Wochen", erzählte Finke mit einem Funkeln in den Augen. Pflicht hingegen sei nach jedem Training und vor jedem Essen das gemeinsame Gebet, bei dem sich die Spieler umarmen. Ethnien und Religionen spielen dabei keine Rolle.

"Das ist das Schöne an Kamerun, sie verstehen sich, es gibt keine Konflikte", sagte Finke. 25 Prozent der Mannschaft seien Christen, ein Viertel Muslime, ein Viertel glaubt an Naturgötter und ein Viertel sind Atheisten. Auch sei das mittelafrikanische Land sehr schön: "Grün mit viel Natur. Ich kenne ja andere Gegenden, die nur gelb und voller Sand sind."

Sportlich ist Finke überzeugt, dass in Brasilien das Auftaktmatch in der Gruppe A gegen Mexiko am wichtigsten sei. Danach folgt noch das Spiel gegen Kroatien und den Gastgeber. "Gegen Brasilien zu bestehen, wird schwer, wir müssen vorher alles klar machen", prophezeite der Deutsche. Im zehntägigen Trainingslager in Walchsee habe sich das Team sehr gut vorbereitet. Im ersten Test am Montag in Kufstein kam Kamerun gegen Mazedonien nach einer schlechten ersten Hälfte zu einem 2:0-Erfolg. Am heutigen Donnerstag probieren es die Löwen ebenfalls in Kufstein noch gegen Paraguay. Zum Abschluss des Trainingslagers spielt Kamerun am Sonntag in Gladbach gegen die DFB-Auswahl. Am 7. Juni steht in der Heimat noch das Testspiel gegen Guatemala auf dem Programm.

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apa

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