11.10.2013 09:29 Uhr

"Falsche Neun" als echte Spitze

Max Kruse feierte sein Debüt im DFB-Dress im Mai 2013 gegen Ecuador
Max Kruse feierte sein Debüt im DFB-Dress im Mai 2013 gegen Ecuador

Samstag 5. Oktober, 17:09 Uhr, Mönchengladbach: Der ganze Borussia Park hält den Atem an, Elfmeter für den VfL. Max Kruse steht an der Strafraumgrenze, holt noch einmal tief Luft, läuft fünf Schritte und schiebt den Ball in die linke untere Ecke. 1:0 für die Fohlen gegen den zuvor haushoch überlegenen BVB.

Der Strafstoß markierte den Wendepunkt im prestigeträchtigen Duell, Borussia gegen Borussia. Keine einfache Situation für den Schützen, doch Max Kruse übernimmt Verantwortung. Der einst als Hallodri verschriene Angreifer mit dem Faible für schnelle Autos ist gereift. Er hat nach seinem Wechsel vom SC Freiburg an den Niederrhein sowohl auf als auch neben dem Platz bereits seine Position im Mannschaftsgefüge der Fohlen gefunden. "Ich fühle mich wohl und bin voll akzeptiert", sagte er gegenüber dem 'kicker'. Der 25-Jährige war in der laufenden Bundesligasaison in allen acht Spielen über die vollen 90 Minuten mit von der Partie, erzielte fünf Tore und bereitete vier weitere Treffer vor. Nur Robert Lewandowski und Sidney Sam weisen diesbezüglich in der Bundesliga eine bessere Quote auf.

Längst ist auch Bundestrainer Joachim Löw auf den Angreifer aufmerksam geworden. Auf der USA-Reise des DFB-Teams im Frühsommer debütierte Kruse in der A-Nationalmannschaft und hinterließ in den Partien gegen Ecuador und die nordamerikanischen Gastgeber bleibenden Eindruck. "Er hat mir in beiden Spielen absolut gut gefallen und mich auch im Training überzeugt. Mit ihm kam mehr Torgefahr rein, weil er sich wahnsinnig gut bewegt", äußerte sich Löw beeindruckt auf der Webseite des DFB.

Ausfall der etablierten Stürmer als Chance

Einen Stammplatz hat Kruse in der Nationalmannschaft freilich nicht. Seine Chancen im WM-Qualifikationsspiel gegen Irland am Freitag (20:45 live auf weltfussball.de) von Beginn an auf dem Platz zu stehen, sind dennoch gut. Nach den verletzungsbedingten Absagen von Miroslav Klose und Mario Gómez ist der Angreifer der einzige nominelle Stürmer im Kader von Jogi Löw.

Kruse selbst ist noch skeptisch, was sein Startelfdebüt in einem Pflichtspiel für Deutschland angeht. "Wir haben auch andere Spieler wie Mario Götze oder Thomas Müller, die sehr gut im Sturm spielen können", sagte er im DFB-Interview. Er sei gespannt, wie sich Joachim Löw entscheide und freue sich einfach auf das Spiel.

Der gebürtige Reinbecker ist weniger ein klassischer Strafraumstürmer, sondern eher eine hängende Spitze, oder wie es neuerdings im Fachjargon heißt, eine "falsche Neun". Er lässt sich häufig ins Mittelfeld zurückfallen und beschränkt seinen Aktionsradius nicht hauptsächlich auf den Sechzehnmeterraum. "Das finde ich gut. Ich mag Spieler, die vorne ganz flexibel sind", lobte Löw Kruses Spielweise und beschrieb ihn als "schnellen, ballsicheren, agilen und torgefährlichen" Offensivakteur. Kruse, der in seinen Anfangsjahren als Fußballprofi bei Werder Bremen und dem FC St. Pauli im offensiven Mittelfeld eingesetzt wurde, verfügt über ein gutes Auge für den freien Mitspieler, kann den tödlichen Pass in die Schnittstelle der Abwehr spielen und ist außerdem ein gefährlicher Distanzschütze.

Kruse im Zentrum, Müller auf rechts?

Natürlich könne auch Thomas Müller die vakante Position in der Angriffsmitte besetzen, doch der Bundestrainer möchte den Münchner nur ungern von der rechten Seite abziehen. "Ich würde ihn im Zentrum nur einsetzen, wenn ich keinen anderen Mittelstürmer zur Verfügung habe", sagte er auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Müllers Stärke sei es, auch von der rechten Seite immer wieder in den Strafraum zu ziehen und dort für Torgefahr zu sorgen.

Gerade im Zusammenspiel mit Kruse ist Müllers Zug zum Tor eine zusätzliche Waffe, die für viel Variabilität im Angriff der DFB-Auswahl sorgen würde. Kruse könnte, wenn er sich ins Mittelfeld zurückfallen lässt oder auf die Flügel ausweicht, Lücken in der irischen Defensive reißen, in die Müller dann hineinstößt. Zudem ist der Neu-Gladbacher aufgrund seiner ausgeprägten Lauf- und Kampfbereitschaft stark im Pressing. Gegen eine defensiv erwartete und tief stehende irische Mannschaft ist dies ein zusätzliches Plus. So wird die deutsche Elf bestrebt sein, Irland bereits früh unter Druck zu setzen, die Iren zu Fehlern im Aufbauspiel zu zwingen und bei gegnerischem Ballverlust schnell umzuschalten.

Ob Kruse tatsächlich auf dem Platz steht, wenn am Freitagabend die Nationalhymnen ertönen, dazu wollte sich Löw freilich noch nicht äußern. Viel spricht allerdings nicht dagegen.

Thomas Eßer

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten