21.05.2024 12:23 Uhr

Günther sicher: "Kiel kann für manche Überraschung sorgen"

Ministerpräsident Günther ist stolz auf Holstein Kiel
Ministerpräsident Günther ist stolz auf Holstein Kiel

Holstein Kiel ist als erste Mannschaft aus Schleswig-Holstein in die Fußball-Bundesliga aufgestiegen. Im Interview mit dem "Sport-Informations-Dienst" (SID) spricht Ministerpräsident Daniel Günther über die anstehenden Herausforderungen, die Highlight-Spiele gegen Bayern München - und über Markus Söder.

SID: "Herr Günther, der Aufstieg von Holstein Kiel ist nun einige Tage her. Inwiefern können Sie schon realisieren, dass zum ersten Mal eine Mannschaft aus Schleswig-Holstein in der Bundesliga spielen wird?"

Daniel Günther (Ministerpräsident Schleswig-Holstein/50 Jahre): "Man wird das noch ein paar Tage länger sacken lassen müssen. Dass Holstein Kiel diesen Aufstieg gepackt hat, ist eine sensationelle Geschichte. Jetzt ist der Blick darauf gerichtet, was das für uns im Land bedeutet. Infrastruktur, Stadion: All das muss vorangebracht werden und die Diskussionen darum müssen jetzt Fahrt aufnehmen. Aber vor allem ist da immer noch ganz viel Euphorie und ein echtes Glücksgefühl, weil man merkt, wie viele Menschen in Schleswig-Holstein dieser großartige Erfolg der Mannschaft, des Trainers und des gesamten Vereins begeistert."

"Was spüren Sie, wenn Sie dieser Tage Menschen in Kiel treffen?"

Günther: "Egal, wo man in Schleswig-Holstein unterwegs ist: Holstein Kiel ist einfach in aller Munde. Die Tatsache, dass wir im Norden nie einen Bundesligisten hatten, hat dazu geführt, dass wir Fans von allen möglichen Vereinen der ersten Liga waren. Ich habe immer gesagt: Schleswig-Holstein ist eher ein HSV-Land. Aber das lag auch daran, dass der HSV und Holstein Kiel früher, als ich sozialisiert wurde, gefühlt gar nicht die gleiche Sportart gespielt haben. Aber durch den Aufstieg ins Oberhaus und die Aussicht auf Spiele gegen Bayern, Leverkusen und Dortmund hat Holstein eine Erfolgsgeschichte geschrieben, die Gesprächsthema ist. Ich glaube auch, dass das die Stimmung bei uns im Land insgesamt ein bisschen verändert. In den heutigen Zeiten, die durch verschiedene Krisen geprägt sind, wo so viele Dinge ungewiss sind, ist das eine Motivation für viele Menschen in Schleswig-Holstein."

"Das Holstein-Stadion erfüllt aktuell noch nicht die nötigen Anforderungen. Wie zuversichtlich sind Sie, dass der Verein seine Debüt-Saison im eigenen Stadion spielen können wird?

Günther: "Das muss sich jetzt schnell etwas tun. Die Mannschaft ist bundesligatauglich, das Umfeld auch. Das Stadion wird man so hinbekommen, dass Holstein in Kiel spielen kann. Da hat sich ja auch der Verein optimistisch gezeigt. Da sind kleinere Korrekturen vonnöten, bei denen die Stadt und das Land dem Klub kurzfristig helfen werden. Aber natürlich muss das Stadion auch wirklich nachhaltig bundesligatauglich werden. Da sind noch einige Dinge zu machen, das ist allen klar. Wir haben als Land 2018 fast 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, wir wollen unseren Anteil beitragen. Und jetzt muss die Stadt alles in die Wege leiten. Ich habe die Hoffnung, dass das alles schnell geht. Denn dauerhaft braucht Holstein Kiel in der Bundesliga ein Stadion, das darauf ausgerichtet ist. Daran wird mit Hochdruck gearbeitet."

"In der Bundesliga werden sich alle auf das Heimspiel gegen die Bayern freuen, Lewis Holtby sagte bereits, er werde Harry Kane in Manndeckung nehmen. Inwiefern ist dieses Spiel auch für Sie als Bayern-Fan besonders?"

Günther: "Beim Sieg im Pokal durfte in Corona-Zeiten ja keiner rein. Das war echt bitter. Aber da haben wir auch schon gezeigt, dass wir die Bayern schlagen können. Ich persönlich bin jetzt 40 Jahren Bayern-Fan, damals war Holstein Kiel keine Konkurrenz. Aber trotzdem fiebere ich, wie damals im Pokal, mit Holstein mit. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als sie das Elfmeterschießen gewonnen haben. Und so fiebere ich auch diesmal mit Holstein mit, wenn sie die Bayern hoffentlich wieder zuhause schlagen. Ich glaube wirklich, dass die Mannschaft das Zeug hat, für manche Überraschung in der Bundesliga zu sorgen."

"Vielleicht schaut dann ja sogar Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vorbei."

Günther: "Der ja ist Clubberer und kein Bayern-Fan. Nürnberg spielt in der 2. Liga. Von daher: Markus Söder 2. Liga, Schleswig-Holstein 1. Liga - so ändern sich die Zeiten (lacht)."

"Kiel ist vor allem durch den THW im Handball erfolgsverwöhnt. Wo rangiert nun der Aufstieg von Holstein unter den sportlichen Errungenschaften Schleswig-Holsteins?"

Günther: "Es ist schwierig, die Sportarten miteinander zu vergleichen. Handball hat in Schleswig-Holstein eine besondere Klasse. Auch im Verhältnis mit anderen Ländern. Der THW und die SG Flensburg-Handewitt haben unter anderem die Champions League gewonnen. So ein Champions-League-Sieg hat eine ähnliche Aufmerksamkeit. Wenn da Party stattgefunden haben, auch nach deutschen Meisterschaften, kamen ebenfalls Tausende. Aber Fußball spielen einfach deutlich mehr Menschen. Jeder kann eigentlich Fußball spielen und ein bisschen mitreden. Mit Blick auf die bundesweite Aufmerksamkeit lässt sich nichts mit diesem Aufstieg vergleichen."

"In den vergangenen Jahren sind immer wieder kleinere Vereine in die Bundesliga aufgestiegen - und haben sich gut geschlagen. Inwiefern könnte Holstein der neue 1. FC Heidenheim werden?"

Günther: "Erstmal ist Kiel größer als Heidenheim (lacht). Aber das ist nicht der Grund. Der Verein hat sich kontinuierlich entwickelt, alle Beteiligten sind auf dem Boden geblieben. Die haben auch in der 2. Liga nicht überdreht. Da hat auch schon der ein oder andere hinterfragt, ob sie sich dort dauerhaft werden halten können. Sie haben solide sieben Jahre lang immer eher oben mitgespielt, waren zweimal in der Relegation. Das haben sie so bodenständig weiterentwickelt, dass fast folgerichtig der Aufstieg geklappt hat. Und auch zu einem guten Zeitpunkt. Trainer Marcel Rapp hat eine Mannschaft geformt, die in der 2. Liga ihresgleichen gesucht hat. Sie hat einen enormen Teamgeist ausgestrahlt und auch in schwächeren Phasen immer an einem Strang gezogen. Das wird auch in der 1. Liga Kraft geben. Ich traue ihnen absolut zu, dass sie auch in der Bundesliga ihren Mann stehen werden."

"Noch nie spielte eine Mannschaft aus Schleswig-Holstein in der Bundesliga. Worauf kann sich Fußball-Deutschland gefasst machen, wenn die Kieler kommen?"

Günther: "Auf gute Laune. Aus Schleswig-Holstein kommen nachweislich die glücklichsten Menschen. Das sind Menschen, die an alles glauben. Menschen mit der Kraft, auf jedem Platz eine super Leistung abzurufen. Ich glaube, dass Holstein Kiel für Schleswig-Holstein ein super Werbeträger werden wird."

"Welches Ergebnis am Ende von Holstein Kiels Debütsaison in der Bundesliga würden Sie schon heute unterschreiben?"

Günther: "Da muss man Realist sein. Wenn man als Aufsteiger in die Bundesliga kommt, muss das oberste Ziel sein, dabei zu bleiben. Da darf man nicht überdrehen, das hat den Verein auch jetzt stark gemacht. Von dort hört man nicht: 'Bundesliga, wir kommen und das nächste ist die Champions League.' Natürlich ist der Klassenerhalt immer das Ziel. Und ich glaube auch, dass sie das packen können."

"Sie sind bei den Heimspielen Holsteins gern gesehener Gast. Zu wie vielen der 17 Heimspiele werden Sie es trotz Ihres vollen Terminkalenders in der kommenden Saison schaffen?"

Günther: "Ich wage da keine Prognose. Im Schnitt habe ich immer etwa vier bis sechs Spiele geschafft. Das ist ein Mindestziel. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass ich mir in der Bundesliga mal ein Auswärtsspiel angucke. Das ist ja auch reizvoll, wenn Holstein Kiel bei den Fußballgrößen spielt. Holstein Kiel in der Allianz Arena - das könnte ich mir gut vorstellen, wenn sie da die Bayern schlagen."

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