14.03.2009 16:45 Uhr

Aus Madrid Manchester machen

Rafael Benítez Maudes ist ein akribischer Mensch. Einer, der nichts dem Zufall überlassen will. Einer, dem man manches Mal zurufen möchte: Lass den Dingen doch einfach mal ihren Lauf! Am Dienstagabend schien Rafa Benítez, Trainer des Liverpool Football Club, diesem Zuruf ganz plötzlich Gehör geschenkt zu haben. Wie die Dinge darauf hin liefen, versetzte die 42.500, die sich an der Liverpooler Anfield Road eingefunden hatten, sowie ein paar Millionen an den Fernsehschirmen in ziemlich großes Erstaunen. Nicht mehr erstaunt, sondern geradezu überfahren von diesen entfesselten Dingen, dieser roten Lawine, die da über sie hinwegfegte, zeigte sich hingegen Real Madrid. Nie zuvor ging Spaniens stolzer Rekordmeister in der Königsklasse derart unter wie beim 0:4 an diesem Dienstagabend. Nun zittert der Rest Europas vor den Reds. Der ganze Rest? Weit gefehlt, denn in der eigenen Nachbarschaft wie z.B. in weniger glanzvoll klingenden Orten wie Wigan hält sich die Furcht in Grenzen. Und auch ein paar Meilen weiter westlich ringen die Reds den meisten nur ein müdes Lächeln ab. Denn man fürchtet sich nicht in Manchester. In Manchester fürchten sich die anderen. Und so werden auch die Reds aus Liverpool wohl mit etwas wackeligen Knien die M62 hinunter fahren, um sich am Samstag dem Duell mit dem im heimischen Old Trafford in dieser Saison noch ungeschlagenen Erzrivalen zu stellen.


"Wir können gewinnen"


Zuversichtlich will und muss man sich natürlich beim Liverpool FC geben, wo man mal wieder nicht versteht, warum die guten Leistungen auf internationaler Bühne so selten in der Liga gezeigt werden können. "Wenn wir verlieren, liegen sie schon zehn Punkte vor uns. Wir werden sehen, was passiert, aber wir können gewinnen", versucht der am Dienstag überragende Torjäger Fernando Torres den Seinen Mut zu machen. Wie sehr da die Furcht mitschwingt, ist da nicht zu übersehen. Das verwundert auch nicht, denn es steht eine Menge auf dem Spiel. Natürlich wäre das Meisterschaftsrennen bei einer Niederlage im Old Trafford wohl zu Ungunsten der Reds entschieden. Viel schlimmer als das erneute Verpassen des nationalen Titels dürfte jedoch die Tatsache wiegen, dass es Manchester Uniteds 18. Titel wäre. Und damit hätte der Erzrivale 19 Jahre nach der letzten Liverpooler Meisterschaft mit dem Rekordmeister gleichgezogen - ein Szenario, das man an der Mersey nun wahrlich nicht gutheißen kann!


Wayne Rooneys blaue Vergangenheit


Es sei denn, man gehört in Liverpool dem blauen Lager an und hält es mit Everton. Wie z.B. Wayne Rooney. Manchesters Stürmer betont besonders vor anstehenden Duellen mit dem LFC gerne lautstark seine blaue Vergangen- und Verbundenheit mit den Toffees. Auf der Website von United wurde zunächst aus einem Interview mit ihm zitiert, indem er gar mitteilte, "als Everton-Fan aufgewachsen zu sein und Liverpool zu hassen". Die Verantwortlichen beim amtierenden Meister entschieden jedoch, dass Hass dann doch eine Spur zu überzogen sei und entfernten den entsprechenden Teil der Bemerkung wieder. Man will wohl kein zusätzliches Öl ins Feuer gießen. Für Man United bedarf es dessen auch eh nicht. Der sportliche Anreiz sollte jedenfalls hoch genug sein, denn zum einen kann man sich für die 1:2-Hinspielniederlage revanchieren, zum anderen einen der beiden verbliebenen Konkurrenten um den Titel vorzeitig außer Gefecht setzten.


Die Remiskönige von der Mersey


Ein Sieg im Old Trafford wäre der 100. Ligaerfolg für Rafa Benítez. Doch im „Theatre of Dreams“ konnte der Spanier noch nie einen Dreier feiern. Beim letzten Liverpooler Erfolg in Uniteds guter Stube, einem 1:0 am 24. April 2004, stand noch sein Vorgänger Gérard Houllier an der Seitenlinie. Neben der Tatsache, dass Manchester daheim in dieser Saison in noch keinem Wettbewerb eine Niederlage hinnehmen musste, spricht auch sonst fast alles für die Gastgeber.
Die Truppe von Sir Alex Ferguson hat die letzten sage und schreibe elf Ligaspiele gewonnen und ist seit 16 Partien ungeschlagen. Wettbewerbsübergreifend hat man sogar nur eines der letzten 31 Spiele verloren. Ähnliches können die Liverpooler zwar auch von sich behaupten – sie verloren genau wie Manchester erst zwei Ligaspiele -, erreichten aber viel zu oft nur ein Unentschieden. Zehn Remis – das ist nicht nur der Ligaspitzenwert, sondern genau der Grund, warum dieses Duell für die Reds, die so lange die Tabelle anführten, nun schon die letzte Chance darstellt, vom in Liverpool so sehnsüchtig erwarteten 19. Meistertitel überhaupt weiter träumen zu können.
Als Schuldiger für diesen Umstand wurde nicht zuletzt Rafa Benítez und sein oftmals nur auf Sicherheit und Ordnung abzielender Stil ausgemacht. Und so möchte manch Liverpooler dem Trainer der Reds am Samstag sicher wieder einen Rat mit auf den Weg geben: Vielleicht sollte er die Dinge nicht einfach nur laufen lassen, sondern seiner Elf am besten gleich auch noch weismachen, es sei stehe in Wahrheit schon wieder ein Champions League-Spiel an und Manchester sei eigentlich Madrid.

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