Reus vor DFB-Comeback: Der "Unvollendete" greift wieder an

Marco Reus und die Nationalmannschaft - das war bislang wie ein Versprechen, das nie gehalten wurde. Doch der Dortmunder will das Kapitel zu einem guten Ende bringen. Der EM-Verzicht hilft ihm dabei.
Marco Reus im Nationaltrikot? Das ist lange her. Sogar so lange, dass der oft verletzte Kapitän von Borussia Dortmund sich nicht genau erinnern konnte, wann er das letzte Mal bei der DFB-Auswahl dabei war.
Es war vor knapp zwei Jahren, am 13. Oktober 2019 in der EM-Qualifikation gegen Estland (3:0) - mit einem Startelfeinsatz und einer Torvorlage von Reus. So ähnlich stellt er sich auch seine Rückkehr vor.
"Unabhängig davon, wie lange man weg war: Der Anspruch muss immer sein zu spielen", sagte der 32-Jährige mit Blick auf den Auftakt des WM-Qualifikations-Dreierpacks am Donnerstag (20:45 Uhr/RTL) in St. Gallen gegen Liechtenstein. Er fühle sich "sehr gut, frisch und fit".
Sein freiwilliger Verzicht auf die EM, der ihm sechs Wochen Pause bescherte, ist ein wichtiger Grund dafür. "Es hat gut getan", berichtete der Offensivspieler, "mal die Seele baumeln zu lassen" - und dem oft geschundenen Körper Ruhe zu gönnen.
Die deutschen EM-Spiele bis zum enttäuschenden Achtelfinal-Aus gegen England habe er am Fernsehen "verfolgt und dabei mitgefiebert", verriet Reus, der nach eigener Aussage "nicht einen Gedanken" daran verschwendete, aus der Nationalmannschaft zurückzutreten. "Sondern ich habe gespannt gewartet", verriet er, "wie es weitergeht." Und vor allem mit wem.
"Sehr konstruktives Gespräch" mit Flick
Mit dem neuen Bundestrainer Hansi Flick habe er ein "sehr konstruktives Gespräch" geführt, berichtete Reus: "Wir haben über alle Eventualitäten gesprochen, auch, ob ich noch Lust habe."
Die hat er, das spürt man in den ersten Trainingstagen in Stuttgart. Der "Unvollendete" will das Kapitel Nationalmannschaft, das bislang so unglücklich gelaufen ist, noch zu einem Happy End bringen.
Immer wieder wurde der Hochbegabte von Verletzungen gestoppt, und nicht selten kamen diese zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Die auf den letzten Drücker wegen einer Sprunggelenksverletzung verpasste WM 2014, bei der sich seine Teamkollegen zu Weltmeistern kürten, war sicher seine schwärzeste Stunde. Nur bei zwei großen Turnieren trug der 44-malige Nationalspieler den Adler auf der Brust: bei der EM 2012 und der WM-Schmach 2018.
"Ich will auf dem Platz stehen und helfen"
Doch Reus will nicht mehr zurückzuschauen. Und so erfreut er sich über die Sommer-Vorbereitung, in der er keine einzige Trainingseinheit verpasste. Und so war seine Nominierung durch Flick nur folgerichtig.
Der Bundestrainer ist ein Fan des Dortmunders, er hält ihn für "einen der besten Spieler im letzten Drittel" und schwärmte kürzlich über dessen "enorme Technik" und das clevere Bewegen zwischen den Linien: "Er kann eine Abwehr aufreißen durch seine Art und Weise, wie er Fußball spielt."
Als ältester Feldspieler im Kader will Reus "andere mitziehen mit Leistung, Energie auf den Platz bringen". Bei Sätzen wie diesen wird klar: Reus ist nicht für eine Nebenrolle zur Nationalmannschaft zurückgekehrt. "Ich will auf dem Platz stehen und helfen", sagte er selbstbewusst: "Das war immer mein Anspruch und wird auch immer so sein."