08.06.2018 00:00 Uhr

Viel Euphorie, wenig Erfolg: Der Iran bleibt Underdog

Der Iran hat sich souverän für die Endrunde qualifiziert
Der Iran hat sich souverän für die Endrunde qualifiziert

Winfried Schäfer glaubt an das Achtelfinale. Und wenn einer das Potenzial der iranischen Fußball-Nationalmannschaft einschätzen kann, dann ist es "der deutsche General" vom Traditionsklub Esteghlal Teheran. Vier Spieler seines Teams stehen im WM-Kader. Sie sollen dabei helfen, den Iran im fünften Anlauf erstmals in die K.o.-Runde zu führen.

Die Aufgabe ist angesichts der Gruppengegner Marokko (15. Juni), Spanien (20. Juni) und Portugal (25. Juni) groß, doch Schäfer schätzt die mutigen Ansagen in seiner fußballverrückten Wahlheimat. "Ich freue mich über die Einstellung, Mut ist doch immer positiv", lobt der langjährige Trainer des Karlsruher SC: "Auch wenn die Gegner stark sind, bei einer WM kann doch alles passieren."

Immerhin hatte sich der Iran souverän für die Endrunde qualifiziert, ohne eine Niederlage, vor Südkorea und mit mehr Punkten als Japan. "Das zeigt die Qualität der iranischen Liga", sagt Schäfer nicht ohne Stolz auf sein eigenes Team. Kein Nationalspieler ist in einer europäischen Eliteklasse aktiv, der frühere Wolfsburger Ashkan Dejagah spielt zwar in England, allerdings zweitklassig für Nottingham Forest - und war zudem lange verletzt.

"Defensiv ist das Team sehr stabil, es besitzt eine gute Disziplin, vorne muss es aber überraschen", analysiert Schäfer. Die Generation um Rekordnationalspieler Ali Daei, Spielmacher Ali Karimi oder "Hubschrauber" Vahid Hashemian, die alle die Bundesliga bereicherten, sei spielerisch besser gewesen. "Dafür ist diese Mannschaft in der Breite stärker", sagt Schäfer.

Dazu tragen auch Masoud Shojaei und Ehsan Hajsafi bei, obwohl sie vom Sportministerium lebenslang gesperrt wurden, weil sie für ihren damaligen Klub Panionios Athen gegen Maccabi Tel Aviv aufgelaufen waren. Sportlern im Iran ist es noch immer verboten, gegen Israelis anzutreten. Dennoch nominierte sie Queiroz für den vorläufigen Kader. Dem Ziel "Achtelfinale" ordnet das Land, in dem Frauen seit Anfang der 1980er Jahre Stadionverbot haben, vieles unter.

1978 in Argentinien, 1998 in Frankreich, 2006 in Deutschland und 2014 in Brasilien scheiterte das "Team Melli" in der Gruppenphase, bislang steht nur ein WM-Sieg 1998 gegen den Erzrivalen USA zu Buche. "Wir wollen als das erste iranische Team, das die Vorrunde übersteht, in die Geschichte eingehen", sagt Dejagah.

  • Der Star: Alireza Jahanbakhsh

33 Spiele, 33 Scorerpunkte - die Saison von Alireza Jahanbakhsh beim niederländischen Erstligisten AZ Alkmaar war zweifellos außergewöhnlich. Der 24-Jährige, der sich auf der rechten Außenbahn am wohlsten fühlt, wird im Iran als kommender Superstar gefeiert.

Die Weltmeisterschaft will Jahanbakhsh nutzen, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Schon jetzt buhlen Klubs aus England, Deutschland und Spanien um den technisch beschlagenen Flügelspieler, der im Angriff der Iraner eine Schlüsselrolle einnimmt.

  • Der Trainer: Carlos Queiroz

Wer hätte gedacht, dass Carlos Queiroz sein sportliches Glück in Iran findet? Der Portugiese selbst wohl nicht, nach Scharmützeln mit Verband und Regierung stand er nicht nur einmal kurz vor dem Rücktritt. All das ist mittlerweile vergessen, angeblich liebäugelt der 65-Jährige sogar mit einer Verlängerung seines Vertrags. Über die Weltmeisterschaft hinaus.

Das Turnier in Russland erreichte Queiroz mit seinem Team ohne eine einzige Niederlage, schneller war nur Rekordweltmeister Brasilien qualifiziert. Für Queiroz wird es bereits die vierte WM - mit Südafrika (2002), Portugal (2010) und Iran (2014) spielte er schon Hauptrunden, wenn auch nicht sonderlich erfolgreich.

Dabei kennt Queiroz sogar das Gefühl, Weltmeister zu werden. Zweimal hatte er die "goldene Generation" der Portugiesen - 1991 mit dem großen Luis Figo und dem kaum kleineren Rui Costa - zum U20-Titel geführt. Als Chef-Coach betreute er zudem die Stars von Real Madrid und assistierte Sir Alex Ferguson bei Manchester United. So lange wie derzeit in Iran hielt es Queiroz jedoch nirgends auf der Welt aus. Und vielleicht bleibt er noch ein Weilchen.

  • Die Prognose:

Die Losfee war dem Iran vor der WM nicht hold. Obwohl vor allem in der Offensive einige vielversprechende Kicker zu finden sind, bewegen sich Spanien und Portugal qualitativ in anderen Sphären. Der eine oder andere Treffer ist Jahanbakhsh und Co. aber zuzutrauen.

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