Arsenal: Weiß es Arsène nicht mehr am Besten?

Lange galt in London: „Arsène knows best“. Das Vertrauen in den Franzosen rund um das Emirates schien über Jahrzehnte unerschütterlich. Jetzt steht Arsène Wenger aber vor dem Scheideweg: Bleiben Titel erneut aus, droht der einst so erfolgreichen Fußball-Ehe ein jähes Ende.
Zwölf Jahre liegt die letzte Meisterschaft von Arsenal schon zurück. Die einmaligen "Invincibles“ von 2004 um Thierry Henry, Patrick Veira und Robert Pires haben sich schon lange in den Fußball-Ruhestand verabschiedet. Der damalige Vater des Erfolgs steht aber immer noch an der Seitenlinie. Wenger geht mittlerweile in seine 21. Saison (!) mit den Gunners. Ob es für den großen Wurf reicht, darf aber stark bezweifelt werden.
Vorbereitung: Bisher sind die Gunners ungeschlagen in der Vorbereitung. Nach dem Unentschieden gegen Lens (1:1) konnte Arsenal zwei Siege auf einem kurzen US-Trip einfahren. Nach einem 2:1-Triumph gegen eine MSL-Allstar-Auswahl, konnte man sich mit 3:1 gegen den mexikanischen Verein Deportivo Guadalajara durchsetzen. Anschließend zeigte sich der französische Cheftrainer zufrieden: "Es war ein ideales Match gegen einen entschlossenen Gegner. Eine gute Erfahrung für uns."
Dennoch wollte der Elsässer die bisherigen Ergebnisse nicht überbewerten: "Eine gute Vorbereitung kann Selbstvertrauen aufbauen, aber wir wissen, dass wir einen schwierigen Start in der, Liga haben" Für die nötige Wettkampfhärte folgt nach dem Abstecher in die Staaten noch eine Skandinavien-Tour. Dort geht es am Freitag gegen die Norweger Viking FK zur Sache, ehe zwei Tage später der letzte Test mit Manchester City wartet. Bereits mit an Bord sind dann auch Alexis Sanchez und Aaron Ramsey. Mesut Özil dagegen steigt erst eine Woche vor Saisonbeginn in das Training ein.
Personal: Knapp 700 Millionen Euro gaben die 20 Premier-League-Klubs in der aktuellen Transferperiode bisher für Neuzugänge aus. Vergleichsweise schlanke 45 Millionen Euro entfallen dabei auf den Transfer von Granit Xhaka zum FC Arsenal. Der Ex-Gladbacher dürfte künftig eine zentrale Rolle in Wengers Planungen spielen. Neben dem Schweizer kam auch Abehr-Juwel Rob Holding für drei Millionen Euro an die Themse. Bisher wusste der 20-Jährige zu überzeugen: "Ich bin beeindruckt von seinen Leistungen und seiner Fähigkeit sich so schnell dem neuen Level anzupassen", schwärmte sein Coach nach dem letzten Testspiel.
Besonders in der Offensive fehlt aber noch ein echtes Großkaliber. Wunschkandidat Gonzalo Higuaín unterschrieb kürzlich bei Juventus. Auch Alexandre Lacazette hat den Gunners wohl kürzlich einen Korb gegeben. Die Gerüchteküche brodelt aber munter weiter. Von Lukaku über Mahrez bis Draxler: Kaum ein internationaler Top-Star, der diesen Sommer nicht ins Arsenal-Trikot geschrieben wurde. Einzig eine Vollzugsmeldung blieb bisher aus.
Per Mertesacker schlug unlängst Alarm: "Für uns wird es nicht leicht werden, wenn die interessanten Spieler zu den anderen Klubs gehen." Mahnende Worte, die der Deutsche Abwehrspieler wohlgemerkt vor seiner schweren Verletzung im Testspiel gegen den RC Lenc äußerte. Jetzt fällt der Verteidiger selbst mit einer Knieverletzung sechs Monate aus. "Wir werden noch jemand Erfahrenen holen", ließ Wenger als Reaktion bereits verlauten. So wurde Shkodran Mustafi unlängst als potenzieller Ersatz gehandelt.
Baustellen: Neben der unbefriedigenden Personalsituation hat Arsenal mit einer schon chronisch, lästigen Krankheit zu kämpfen. Fehlende Konstanz setzt der Mannschaft von Wenger Jahr für Jahr zu. Nachdem man am Ende der Hinrunde noch auf Platz eins der Premier League thronte, brach man wenig später ein. So belegt der englische Hauptstadt-Klub in der Jahrestabelle 2016 nur noch Platz sieben. Zehn Punkte mehr holte der spätere Meister Leicester im gleichen Zeitraum.
In der Champions League scheiterten man zuletzt sechs Mal in Folge im Achtelfinale. Spielertypen wie Partick Veira, Sol Campbell oder Tony Adams, die in der Vergangenheit vorangingen, sucht man seit längerem vergebens. Eine Vakuum, das auf lange Sicht Neuzugang Xhaka ausfüllen könnte, mit 23 Jahren immerhin schon Kapitän in der Nationalmannschaft.
Fazit: Der Kredit von Wenger scheint langsam aufgebraucht. der 66-Jährige muss endlich wieder Ergebnisse liefern. Im Londoner Umfeld lechzt man nach großen Titeln. Für Unverständnis sorgt zudem die seit Jahren zurückhaltende Haltung auf dem Transfermarkt. Noch bleibt aber Zeit den ein oder anderen Spitzenspieler in die englische Metropole zu locken.
Sollte es den Gunners gelingen noch hochkarätige Verpflichtungen zu stemmen, gehen Özil und Co. als ein Titelaspirant in die Saison. Bleiben Neuzugänge aber weiter Mangelware, könnte der Leitspruch "Arsene knows best" bald ausgedient haben.