Weltstar oder überschätzter Mitläufer? An Mesut Özil scheiden sich unter Experten und Fans die Geister. Dabei sprechen rekordverdächtige Daten für den deutschen Nationalspieler.

Im letzten EM-Qualifikationsspiel gegen Georgien bescheinigten die Kommentatoren Mesut Özil nach langer Zeit mal wieder eine gute Leistung im Dress der deutschen Nationalmannschaft. Der 27-Jährige hatte in seinem 70. Länderspiel nicht nur den Elfmeter zum 1:0 herausgeholt, sondern auch den Treffer von Max Kruse zum erlösenden 2:1 vorbereitet. Weitere zehn Torschüsse der DFB-Elf legte Özil auf.

Die zuletzt überzeugenden Auftritte des Mittelfeldspielers sowohl in der Nationalmannschaft als auch beim FC Arsenal lassen allerdings die grundsätzliche Kritik an seinem Spiel nicht verstummen. Er tauche vor allem in wichtigen Spielen zu häufig ab und drücke dem Spiel seiner Teams zu selten den Stempel auf, wird ihm immer wieder vorgeworfen. Im September, nach den beiden Länderspielen gegen Schottland und Polen nannte die "Welt" Mesut Özils Lethargie gar als einen der Hauptgründe für die schlappen Auftritte der Löw-Elf seit der WM. Diese Kritik wird dem gebürtigen Gelsenkirchener nicht gerecht.

Wer von Özil verlangt, dass er jedes Spiel an sich reißen müsse, versteht dessen spezifische Fähigkeiten nicht. Weder bei Schalke 04, seiner ersten Profistation, noch später bei Werder Bremen, Real Madrid oder jetzt bei Arsenal fordert er jeden Ball, muss jeder Angriff über ihn laufen. Seine vermeintliche Zurückhaltung im Aufbauspiel geht aber nicht zu Lasten seiner Effizienz. Seine Antizipation von Lücken in den Verteidigungslinien der gegnerischen Verteidigung, die er mit klinisch exakt geschlagenen Pässen seziert, sucht im internationalen Fußball ihresgleichen. 

Dass Mesut Özil dieses Talent hat, wird auch von seinen Kritikern nicht angezweifelt. Allerdings rufe er dieses nicht häufig genug ab. Die Karrierezahlen belegen allerdings, dass nicht nur seine Qualität, sondern auch die Quantität herausragend ist.

Bester Vorlagengeber in der Premier-League-Historie

Nach seiner Torvorlage beim 2:1-Erfolg Arsenals am Wochenende über Everton twitterte Opta, der offizielle Datenlieferant der höchsten englischen Spielklasse, dass der Spielmacher nun mit einem Assist pro 2,71 Spielen seit seinem Wechsel auf die Insel der beste Vorlagengeber der Geschichte der Premier League (mit mindestens 20 Assists) sei.

Auch in der laufenden Saison steht Özil mit sieben Torvorlagen wieder an der Spitze der Assist-Wertung.

>> die aktuelle Assist-Statistik der Premier League

Auch über England hinaus zeigen die Daten seine Weltklasse. Die Sportseite thesportbible.com listet die besten Assistgeber der fünf großen europäischen Ligen (England, Spanien, Deutschland, Italien, Frankreich) seit der Saison 2008/2009 auf. Hinter Lionel Messi (98 Assists) platziert sich Mesut Özil mit 93 Torvorlagen auf Platz zwei – deutlich vor der weiteren, prominenten Konkurrenz wie Cesc Fàbregas (83), Cristiano Ronaldo (73), Franck Ribéry (67) und Juan Mata (67).

Liebling seiner Trainer

Özils Coach bei Arsenal, Arsène Wenger, benötigt diese Zahlen nicht, um von seiner Nummer 11 begeistert zu sein: "Wenn du es liebst, Fußball zu gucken, liebst du es, Mesut Özil zuzuschauen", schwärmte der Franzose nach dem Liga-Erfolg über Everton.

Auch sein ehemaliger Trainer bei Real Madrid, José Mourinho, war sich der besonderen Fähigkeiten Özils bewusst: "Özil ist Özil. Man darf von ihm nicht erwarten, dass er zwischen den Torauslinien hin- und herläuft, Kilometer macht. Dass er der große emotionale Leader dieser Mannschaft ist und alle mitreißt mit seiner aggressiven Art. Nein, das ist nicht Mesut."

Mesut kann in einem Moment mit herunterhängenden Schultern scheinbar teilnahmslos über den Platz trotten, um im nächsten Moment mit einer außergewöhnlichen Aktion des Sieg seines Teams einzuleiten. Dass er dies kann, muss er nicht mehr beweisen. Die Zahlen lügen nicht.

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>> Özils Karrieredaten im Überblick

Ralf Amshove