01.12.2014 10:57 Uhr

Liverpool erwacht nach November Rain

"Lass endlich diesen verdammten Traum enden!" Seit dem 27. April 2014 erlebt der Liverpool Football Club seine ganz persönliche Apokalypse. Zumindest der Regen des Novembers ist nun für die Reds vorbei. Nach einem 1:0-Heimsieg gegen Stoke City mitbegünstigt durch Marko Arnautović hofft man nun auf die Trendwende nach Monaten des Leidens.

Bis zum Heimspiel gegen Chelsea in der 36. Runde der vergangenen Saison lebte die Beatles-Stadt den fußballerischen Traum alter Größe. Eine Mannschaft, die niemand auf der Rechnung gehabt hatte, stand ganz kurz vor dem ersten Meistertitel seit 1990. Man konnte es aus eigener Kraft schaffen und erlebte an der Anfield Road einen der bittersten Momente in der Vereinsgeschichte.

Der Faller von Kapitän Steven Gerrard war der Anfang vom Ende. Die 0:2-Heimpleite gegen Chelsea brachte Liverpool im Titelrennen ins Hintertreffen. Am Ende rettete man desillusioniert gerade noch Platz zwei über die Ziellinie. Eine Wunde, die bis jetzt nicht verheilt ist.

Vom Fast-Meistermacher zum Transfer-Trottel

Sieben Monate später stand Liverpool vor dem Heimspiel gegen Stoke City mit dem Rücken zur Wand. Ein November des Schreckens hatte die letzten Optimisten vertrieben. Niederlagen gegen Newcastle United, Real Madrid, Chelsea und Crystal Palace sowie ein verschenkter Sieg gegen Ludogorets Razgrad hatten die Kritiker endgültig in die Pole Position befördert.

Im Mittelpunkt des medientechnisch sowie biergeschwängerten Kreuzfeuers stand jener Mann, der noch zuvor als großer Zampano gefeiert worden war: Brendan Rodgers. Der Nordire hatte Liverpool mit einem Fußball moderner Prägung zurück auf die Landkarte der Reiseziele in der Champions League gebracht. Doch der geplatzte Titeltraum sowie der Abgang von Topstürmer Luis Suárez ließen sämtliche zuvor mühsam aufgebaute Teilchen wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.

Das Experiment mit dem schwer erziehbaren Mario Balotelli scheiterte kläglich, noch schlimmer aber war das Versagerimage nach den Fehleinschätzungen bei den anderen Neuzugängen. Adam Lallana (25 Millionen Pfund), Lazar Marković (20 Millionen Pfund), Dejan Lovren (20 Millionen Pfund), Alberto Moreno (12 Millionen Pfund) und Emre Can (10 Millionen Pfund): Man kann auch 87 Millionen investieren ohne einen echten Volltreffer zu landen.

Die 75 Millionen, die man vom FC Barcelona für WM-Beißer Suárez kassiert hatte, waren schneller weg, als andere "ein Satz mit x" sagen können.

Steven Gerrard ist Liverpool, Liverpool ist Steven Gerrard

Als wäre alles nicht schon schlimm genug, kam dann auch noch der 29. November. Ein Heimspiel gegen Stoke City. Man kann sich malerische Orte ausdenken, wo man derzeit seine Fish & Chips vor einem Fußballspiel vernichtet, als an der Anfield Road. Die allgemeine Verunsicherung hat tiefe Spuren hinterlassen, sogar vereinsintern.

Die Macher des Stadionmagazins wussten um das historische Datum: Am 29. November 1998 hatte ein gewisser Steven Gerrard sein Debüt in der Kampfmannschaft von Liverpool gefeiert. Kein Wunder, dass auf der Titelseite des Programms elf Bilder des Kapitäns mit den Worten "16 sensational years" prangten.
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Und was tat der Trainer? Brendan Rodgers setzte die Vereinsikone auf die Ersatzbank. Als die allgemeine Trostlosigkeit nach 75 Minuten immer noch 0:0 stand und die Gäste aus Stoke sogar die besseren Chancen auf einen Treffer gehabt hatten, brachte der Liverpool-Manager seinen Joker. Zehn Minuten später lagen sich die Reds jubelnd in den Armen. Glen Johnson riskierte bei einem Abpraller Kopf und Kragen, Gegenspieler Marko Arnautović war vor der legendären Fantribüne nur bewundernder Zuschauer und der Ball zappelte zum 1:0-Goldtor im Netz.

Drei Minuten später war Arnautović, dessen Familienmitglieder und Freunde vor der Partie noch freudestrahlend auf dem Spielfeld posiert hatten, ausgewechselt und Liverpool mit dem Schlusspfiff seine größten Sorgen los.

Immer noch "Favourite for the Sack"?

"Vor einigen Monaten war ich noch Manager des Jahres und nun der Favorit für den nächsten Rausschmiss", hatte Rodgers vor der Partie noch die Gesetze des Fußballs für den Alltag des Novembers 2014 von Liverpool formuliert. Nach dem Sieg durfte aber auch er durchatmen.

"Unglaublich!", fühlte sich das Gefühl des Trainers nach den drei hart erkämpften drei Punkten an. "Pure Erleichterung", vergass er auch nicht zu erwähnen, dass die Gäste zuvor die Stange getroffen und eigentlich den besseren Fußball gespielt hatten. Man begnügt sich mit Kleinigkeiten und einem Vorstoß auf Rang elf der Tabelle.

Am Dienstag geht es mit einem Auswärtsspiel beim neuen Schlusslicht Leicester City weiter. Das Leben ist hart in Liverpool im Winter 2014, aber zumindest der November Rain ist vorerst vorbei.

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ct

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