WM-Debakel: England so schwach wie nie

Der Weltmeister von 1966 ist endgültig nur mehr eine Lachnummer. England stellte mit der 1:2-Niederlage gegen Uruguay einen neuen Negativrekord auf: Zwei Pleiten zum WM-Auftakt - das hatte es zuvor noch nie gegeben. Nach dem 1:2 zum Start gegen Italien gab es für die "Three Lions" am Donnerstag in São Paulo die nächste Ohrfeige.
Natürlich ist die Gruppe D mit drei Weltmeistern (Italien, Uruguay und England) eine der schwierigsten, wenn nicht sogar die härteste, beim FIFA World Cup 2014 in Brasilien. Dazu kommt noch, dass auch Costa Rica mit dem überraschenden 3:1-Auftaktsieg gegen den zweifachen Champion Uruguay ebenfalls voll im Aufstiegsrennen mitmischt und sich weigert ein Kanonenfutter für die drei Großen abzugeben.
Schon bei der WM-Auslosung im Dezember des Vorjahres hatte der Vorsitzende des englischen Fußballverbandes eine Vorahnung gehabt. Eine Geste, die mehr sagte als tausend Worte, brachte das Gefühlsleben des FA-Chairmans zum Vorschein.
Das Messer an der englischen Gurgel hat nun bereits zwei Mal tiefe Einschnitte hinterlassen.
Erstes Aus in der Gruppenphase seit 1958 droht
Wie groß die aktuelle sportliche Krise im Mutterland des Fußballs ist, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher. Neben der traurigen WM-Premiere von zwei verlorenen Auftaktspielen bei einer Weltmeisterschaft droht das erste Scheitern in der Gruppenphase seit 1958 in Schweden.
Damals hatte die Engländer in der Gruppe gegen die UdSSR (2:2), Brasilien (0:0) und Österreich (2:2), aber nur wegen eines verlorenen Entscheidungsspiels gegen die Sowjetunion (0:1) den Aufstieg verpasst.
>> Englands WM-Vorrunden-Aus 1958
"Almost fifty years of hurt"
Die ersten drei Weltmeisterschaften hatten die Engländer mit dem ihnen eigenen Selbstverständnis der eigenen Macht und Größe nicht einmal ignoriert und erst 1950 in Brasilien erstmals an einer WM-Endrunde teilgenommen. Nach einem 2:0-Startsieg gegen Chile kam jedoch durch eine historische 0:1-Blamage gegen die USA und eine 0:1-Niederlage gegen Spanien das vorzeitige Out.
1954 in der Schweiz zog man zumindest ins Viertelfinale ein, wo man sich gegen Uruguay mit 2:4 verabschiedete. Auch 1962 in Chile (1:3 gegen Brasilien) und 1970 in Mexiko (legendäre 2:3-Niederlage nach Verlängerung in der Hitzeschlacht gegen Deutschland) war in der Runde der letzten acht Endstation.
>> WM 1970: Die beste WM aller Zeiten
1974 und 1978 wurde sogar die WM-Qualifikation verpasst, was Hohn und Spott durch den damals sportlich besseren Erzrivalen Schottland einbrachte. Erst 1982 in Spanien traten die Männer mit den drei Löwen auf der Brust wieder bei einer Weltmeisterschaft an, scheiterten aber in der Zwischenrunde nach zwei Nullnummern gegen Deutschland und Gastgeber Espana.
1986 in Mexiko warf im Viertelfinale ein gewisser Diego Armando Maradona mit einem Supersolo und der "Hand Gottes" beim 2:1-Sieg von Argentinien die Engländer nahezu im Alleingang aus dem Bewerb, bei der WM 1990 in Italien war dann im Halbfinale im Elfmeterschießen gegen - natürlich - die Deutschen Endstation.
1994 in den USA wurde erneut die Teilnahme am World Cup nicht geschafft. Kein Wunder, dass die Lightning Seeds, Baddiel & Skinner bei der Heim-EM 1996 mit "Thirty years of hurt. Never stopped me dreaming. So many jokes, so many snears" den Ton trafen. Mittlerweile kann dies auf nahezu fünfzig Jahre der Schande und des Scheiterns erhöht werden.
Im Elfmeterschießen gibt es nichts zu holen
Bei der WM 1998 in Frankreich gab es im Achtelfinale gegen Argentinien zumindest nach einer hochklassigen Partie (2:2 nach Verlängerung, 3:4 im Elfmeterschießen) die Tickets für die Heimreise, 2002 in Japan/Südkorea nahm man nach der 1:2-Niederlage im Viertelfinale gegen Brasilien die Flieger zurück nach London.
Bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sorgten die "ten german bombers in the air" musikalisch für mehrere im Faustkampf abgehaltene Fanfreundschaften mit den Anhängern des Gastgeberlandes, sportlich war dafür im Viertelfinale im Elfmeterschießen gegen Portugal Schluss mit lustig.
2010 in Südafrika zeigten die "Krauts" den Engländern im Achtelfinale mit einer 1:4-Abreibung die Grenzen auf. Zumindest wurde nach dem nicht gegebenen Treffer von Frank Lampard aber vier Jahre später bei der WM erstmals der TV-Beweis bei Toren eingeführt. Die größte fußballerische englische Errungenschaft seit 1966.
>> England: "Das ist so frustrierend"
>> Hodgson soll England bis 2016 betreuen
Christian Tragschitz