31.10.2013 15:53 Uhr

Kollers Bauchgefühl erspart ÖFB Neustart

Der Schweizer hörte auf sein Bauchgefühl, das ihm sagte: Du kannst noch nicht gehen, du musst dieses Projekt weiterführen.
Der Schweizer hörte auf sein Bauchgefühl, das ihm sagte: Du kannst noch nicht gehen, du musst dieses Projekt weiterführen."

Am Tag nach der Frohbotschaft über die geglückte Vertragsverlängerung trat ÖFB-Teamchef Marcel Koller selbst vor die Mikrofone. Flankiert von Verbandspräsident Leo Windtner und Generaldirektor Alfred Ludwig blickte der Schweizer auf knapp drei Wochen innerer Reflexion zurück. Koller habe auf sein Bauchgefühl gehört und ersparte so dem Österreichischen Fußball-Bund einen abermaligen Neuanfang.

"Ich wusste, dass es nicht in zwei, drei Tagen soweit ist, sondern länger geht", erklärte Österreichs neuer alter Teamchef Marcel Koller zurückblickend. Vertragsverhandlungen habe der Schweizer schon reichlich erlebt, aber keine Situation wie diese. "Es ist wichtig für mich in sich zu gehen und zu spüren, was ich für die Zukunft möchte. Das braucht Zeit bis es sich setzt." Die fünfzehn Tage nach dem Färöer-Spiel, dem letzten der WM-Qualifikation, waren keine angenehmen.

"Früher war immer das Sportliche entscheidend. Diesmal kamen auch die Emotionen dazu", schilderte der bald 53-Jährige den Prozess des Abwägens. "An einem Tag war es Österreich, dann wieder die Schweizer". Letzten Endes war es eine Bauchentscheidung für das Bleiben. Sein Bauch habe ihm gesagt: "Du kannst noch nicht gehen, du musst dieses Projekt weiterführen." Zudem habe er dem Team immer Werte weitergeben wollen. Es galt diese nun auch vorzuleben.

Finanzielle Aspekte hätten keine wesentliche Rolle gespielt, so Koller. "Geld war nie eine Triebfeder. Es gehört dazu, aber schlussendlich muss das ganze Paket passen.", meinte der Trainer. Nur ein Treffen hätte es mit Vertretern des Schweizer Verbandes gegeben. "Ich wollte nicht pokern."

ÖFB muss nicht zurück zum Start

Für den Österreichischen Fußball-Bund ist es ein Glücksfall. "Wenn es einen Bruch in der Teamcheffrage gegeben hätte, wäre sicherlich ein schwieriger Neubeginn notwendig gewesen", war sich ÖFB-Präsident Windtner bewusst. Stattdessen könne die positive Entwicklung des Teams voranschreiten. "Kontinuität lautet das Codewort", so der Verbandsboss weiter.

Positiv wirkten neben seinen Spielern und Mitarbeitern auch die Fans, die in großer Zahl um Kollers Ja zu A warben. "Bei ihnen möchte ich mich offiziell bedanken. Was da abging war ein Wahnsinn. Das hat mich sehr gefreut", zeigte er sich sichtlich gerührt.

Marcel Koller hatte trotz praktisch über zwei Wochen Abkapselung doch einiges mitbekommen. So auch die Schmutzkübelkampagne gegen seine Person der Tageszeitung "Österreich". "Söldner" und "Verräter" wurde er, der auf dem Absprung in die Heimat sei, etwa genannt. "Ich frage mich, wie man solche Geschichten erzählen kann, wenn man nicht informiert ist", so Koller. Für ihn sei das "Rufschädigung". Zudem wäre er gespannt, "was in den nächsten Tagen passiert." Die Drohung einer Klage?

Windtners "Contenance", mit welcher die letzten Tage und Wochen ertragen hatte, schien angesichts dessen aufgebraucht: "Es ist ein Frevel, einen Trainer unter Druck zu setzen, wenn er die schwerste Entscheidung seines Lebens treffen muss", so der Oberösterreicher. "Koller hat unseren vollen Schutz und vollste Unterstützung."

Nach der Quali ist vor der Quali

Nun gilt es für alle Beteiligten, den Blick in Richtung des nächsten Ziels zu lenken. Österreich will bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich dabei sein. Die Qualifikation beginnt im kommenden Herbst, die Vorbereitung dafür aber schon Mitte November mit einem freundschaftlichen Kräftemessen mit den USA. "Wir werden dieses Spiel seriös angehen. Wir müssen auch in Freundschaftsspielen an unsere Grenzen gehen", so Koller. Ganz nebenbei geht es in dieser Partie vielleicht auch um einen Platz im Lostopf drei. Dieser würde die Ausgangslage bei Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen natürlich erleichtern.

"Das Team steht". Nun gelte es, dieses noch weiterzuentwickeln, mehr Sicherheit bei Ballbesitz hineinzubringen und die Schnelligkeit zu erhöhen. Marcel Koller sieht vorerst kaum Grund für Änderungen an dem von ihm zusammengeschweißten Kader. "Rein von der Altersstruktur ist es nicht schlimm", meinte der Coach. Neue Gesichter, wie jüngst das von Lukas Hinterseer (Wacker Innsbruck), könnten immer dazukommen. "Das liegt aber auch an den Spielern selber, die sich aufdrängen sollen."

Bei aller Euphorie über seine Vertragsverlängerungen und der in den vergangenen zwei Jahren gestiegenen Zuversicht mahnte der Teamchef dennoch dazu mehr von Spiel zu Spiel als nach Frankreich zu schauen: "Träumen können wir, wir sind aber noch nicht dabei. Auch andere Teams rechnen sich durch die Aufstockung Chancen aus" Dem Druck kann er damit nicht ausweichen, denn "der ist immer vorhanden."

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sk

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