Sturm peilt gegen WAC Titelverteidigung an

Sturm Graz hat den fünften Meistertitel vor Augen, doch Angstgegner WAC will die große Party in Graz noch entern. Die Fußball-Bundesliga erlebt am Samstag (17.00 Uhr/Sky) erneut ein Herzschlagfinale um den Titel - mit Sturm in der Pole Position und dem WAC als direktem Konkurrenten. Den Steirern reicht vor ausverkauftem Haus bereits ein Remis zur Titelverteidigung. "Ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir alles klarmachen werden", erklärte Sturm-Trainer Jürgen Säumel.
Der zweite Matchball liegt für Sturm bereit, nachdem die erste Chance in Wien vergeben wurde. "Wir wissen, dass das Rapid-Spiel nicht unser Standard war", räumte Säumel nach der Analyse des 1:3 ein. Die Drucksituation ist da. "Druck ist in diesem Fall ein Privileg. Wir sind Erster, spielen vor eigenem Publikum und wollen Meister werden", sagte Säumel. Seine Spieler nimmt der zumeist stoisch auftretende Sturm-Trainer hochkonzentriert wahr. "Es ist eine gewisse Mischung aus gesunder Anspannung und trotzdem Lockerheit da. So wie die Mannschaft auftritt, wie aktiv sie ist, und wenn ich in die Gesichter der Spieler schaue, bin ich sehr positiv gestimmt."
WAC muss siegen
Der WAC liegt drei Punkte zurück. Ein 1:2 gegen die Austria zuletzt schmälerte die Hoffnungen im Lavanttal auf das schier unglaubliche Double. So muss der Cupsieger in Graz gewinnen und auf einen Umfaller der punktgleichen Wiener Austria gegen Blau-Weiß Linz hoffen. Gewinnen beide, haben die Wiener aufgrund des direkten Duells die Nase vorn. "Es ist schade, mit einem X wären wir noch voll dabei gewesen. Andererseits sind wir nur in die Verlosung gekommen, weil wir es acht Spiele davor unglaublich gut gemacht haben", sagte Dietmar Kühbauer.
Einen Psychologen habe seine Mannschaft danach nicht gebraucht, betonte Kühbauer. "Was ihr diese Saison geleistet habt, ist 'outstanding' (außergewöhnlich) für mich", will der zum Trainer der Saison Gewählte seinen Cupsiegern gesagt haben. "Wenn einer nicht erhobenen Hauptes rausgeht, dann versteh ich ihn nicht. Wir sind noch immer WAC." Kühbauer selbst kündigte im Falle des Meisterstücks im Scherz einen Jubellauf von Graz heim ins Burgenland an. "An alle Autofahrer Richtung Wien/Burgenland: Sollte der WAC Meister werden, die Rettungsgasse offenlassen - weil da renn' ich durch."
Sturm hat einen Angstgegner
Die Saisonbilanz spricht für den WAC. Kein Team bereitete Sturm derartig große Probleme, die Kühbauer-Elf siegte in Graz und Wolfsberg jeweils 3:0, hinzu kommt ein 1:1 im ersten Meistergruppen-Vergleich. "Sturm soll der Favorit sein, trotzdem haben wir sie in dieser Saison schon geschlagen", erinnerte Kühbauer. Er müsse "keine Zauberformel finden", seine Spieler müssten nur "den Job tun, den sie die ganze Zeit gemacht haben. Ich will einfach, dass sie noch einmal 90 Minuten alles reinhauen."
Seit Einführung der Punkteteilung 2018/19 ist es ein Novum, dass drei Teams am letzten Spieltag noch eine rechnerische Chance auf den Titel haben. Zuletzt war dies in der Saison 2009/10 der Fall. In der Vorsaison fiel die Entscheidung ebenfalls im letzten Spiel. Ein 2:0 gegen Klagenfurt samt Nervenflattern ließ in Graz die Korken knallen, Verfolger Salzburg war trotz eines 7:1 in Linz entthront.
Verletzte Leitwölfe
Auf diese Erfahrung baut nun Sturm. "Wir müssen heiß und geladen sein, aber mit kühlem Kopf", weiß Gregory Wüthrich. Der Schweizer Abwehrchef - sein Vertrag läuft aus - wollte sich zur Einstimmung das letztjährige Finale, in dem er per Kopf das 1:0 erzielte, noch einmal anschauen und alles "aufsaugen". Geht es nach dem Verteidigerkollegen Dimitri Lavalée, führt kein Weg am Sturm-Happyend vorbei. "Spannung? Ja. Gewisse Anspannung? Ja. Aber wir haben ein Heimspiel, und die Ausgangsposition ist viel besser als letztes Jahr. Wir wollen das Spiel unbedingt gewinnen", sagte Lavalée.
Sturm bangt noch um Mittelfeld-Anker Jon Gorenc Stankovic, der bei der Rapid-Schlappe ein großes Hämatom am Oberschenkel ausgefasst hat. Arjan Malic könnte nach Nasenbeinbruch wider Erwarten doch als Maskenmann eingreifen. Beim WAC fehlen mit Dominik Baumgartner, Simon Piesinger und Adis Jasic wichtige Defensivleute. Auch Alessandro Schöpf ist kein Thema.
Sky und ORF zeigen den Showdown
Die knapp 16.000 Karten sind längst vergriffen. Es heißt, die Grazer hätten auch ein 30.000er-Stadion füllen können. Das Sturm-Vorhaben, vor dem Stadion ein Public Viewing abzuhalten, scheiterte am Veto von TV-Rechteinhaber Sky. Die Partie ist aber auch live auf ORF 1 zu sehen. Vor der Arena wird im Erfolgsfall dennoch einiges los sein. Die Titelfeier würde - ein Unikum in der Sturm-Historie - nach dem Spiel am Stadionvorplatz und nicht am Grazer Hauptplatz steigen. Der WAC könnte die Bühne noch entern - und dennoch könnte die größte Party letztlich in Wien-Favoriten abheben.
apa