08.08.2013 15:21 Uhr

Aufsteiger Hertha legt los - Sogar Löw ist neugierig

Hertha will das Image einer «Fahrstuhlmannschaft» loswerden. Foto: Rainer Jensen
Hertha will das Image einer «Fahrstuhlmannschaft» loswerden. Foto: Rainer Jensen

Berlin (dpa) - Nach 462 Tagen voller Frust, Qualen und neuen Hoffnungen kehrt Hertha BSC auf die große Fußballbühne zurück.

Die Prominenz empfängt die «Alte Dame» aus der Hauptstadt mit viel Wohlwollen - die größte und bedeutendste Stadt Deutschlands ist ab Samstag keine bundesligafreie Zone mehr. «Hertha ist ja kein klassischer Aufsteiger. Sie haben sich nur ein Jahr Auszeit genommen, waren unglücklich abgestiegen», sagte Ex-DFB-Teamchef Rudi Völler höflich. Die Hertha-Chefs werden es gerne hören.

Ganz so einfach, wie es «Rudi Nazionale» andeutete, ist die Situation für die 121 Jahre alte Hertha aber nicht, wenn am Samstag als erster Konkurrent Eintracht Frankfurt ins Olympiastadion kommt. Zwar gelang nach dem desaströsen Abstieg einschließlich der skandalösen Relegation gegen Fortuna Düsseldorf mit dem Zweitliga-Rekord von 76 Punkten und nur zwei Niederlagen in beeindruckender Weise die sofortige Rückkehr ins Oberhaus. Doch die große Frage vor dem Saisonstart bleibt: Ist die neue Hertha, deren beide Meistertitel 1930 und 1931 nur noch ganz wenige Berliner Fans miterlebten, reif für die Bundesliga?

Der Qualitätsunterschied zwischen 1. und 2. Liga hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren weiter vergrößert. Gleiches gilt für die wirtschaftlichen Möglichkeiten. «Bei den Aufsteigern gilt: Wenn sie die Liga halten, haben sie schon einen Riesenerfolg errungen», bemerkte Bundestrainer Joachim Löw, der neugierig auf Hertha ist: «Ich habe ja nicht so viele Zweitliga-Spiele gesehen. Ich freue mich auf die Aufsteiger.» 51 837 Fans hatten am 5. Mai 2012 in Berlin die bisher letzte reguläre Erstliga-Partie gesehen, die Relegation ausgeklammert. Da wurde Hoffenheim mit 3:1 geschlagen - sicher ein Traumresultat für die Partie 462 Tage später.

Trainer Jos Luhukay forderte am Donnerstag bei allen Beteiligten in Berlin nochmals ein klares Umdenken. «Alle müssen lernen, dass Niederlagen wieder dazugehören», appellierte der Niederländer an seine Spieler, Verantwortliche, Fans und Medien in der Hauptstadt. «Wenn jeder sein Ego zurückstellt, wenn das so bleibt wie in der Vorsaison, können wir eine erfolgreiche Bundesliga-Saison spielen», ergänzte Luhukay.

Mit 69 Millionen Euro Gesamtetat, aber auch rund 37 Millionen Euro Schulden gehen die Berliner ihre 31. Bundesliga-Spielzeit an. Immerhin ist der Hauptstadtclub mit 372 Siegen, 256 Remis und 384 Niederlagen Nummer 13 in der ewigen Tabelle seit 1963. «Wir sind gut aufgestellt, haben Respekt, aber keinerlei Angst», sagte Luhukay, der im Sommer in Alexander Baumjohann, Sebastian Langkamp, Johannes van den Bergh und dem Japaner Hajime Hosogai vier ehemalige persönliche Schützlinge zu Hertha geholt hat.

Luhukay gilt in Berlin als Garantie für die Mission Klassenerhalt. Der 50-Jährige ist ein Trainer alter Schule, bei dem vor allem Mannschaftsgeist, Lernfähigkeit und Aufopferung zählen. «Der Fußball wird nicht neu erfunden. Das ganze Papperlapapp spielt für mich keine Rolle», sagte Luhukay der Nachrichtenagentur dpa. «Es geht nicht nur um den Klassenerhalt, wir wollen guten Fußball spielen. Taktik und Technik haben eine hohe Priorität», betonte der Berliner Chefcoach. Da ist er auf der Höhe der Zeit.

Erbhöfe kennt Luhukay nicht, wie zuletzt der abgesetzte Kapitän Peter Niemeyer erleben musste. Auch der brasilianische Aufstiegsheld Ronny, mit 18 Toren und 14 Vorlagen der entscheidende Mann in der 2. Liga, muss sich in der 1. Liga erst neu beweisen. «Jeder Spieler, auch Ronny, muss für sich die Art und Weise, wie in der Bundesliga gespielt wird, verinnerlichen», erklärte Luhukay unmissverständlich. Seinen Kontrakt hat der Mann mit dem Schnäuzer bis 2016 verlängert, bis dahin will er die Hertha in der 1. Liga etabliert haben.

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