17.05.2019 10:12 Uhr

Ritzmaier: Per Du mit dem Europacup-Halbfinale

Am Sonntag kann der Wolfsberger AC den größten Erfolg der Klubgeschichte besiegeln: Dritter Platz und somit der Einzug in die Gruppenphase der Europa League. Marcel Ritzmaier ist seit Sommer bei den Lavanttalern und schaffte in dieser Zeit den Sprung vom scheinbar ewigen Talent zum absoluten Leistungsträger.

Acht Jahre stand er zuvor bei PSV Eindhoven unter Vertrag. Und lernte in dieser Zeit Leute kennen, die derzeit die gesamte Fußballwelt auf den Kopf stellen. Darüber und über den derzeitigen Höhenflug sprach er im Interview mit weltfussball:

Dritter Platz, die Europa-League-Gruppenphase ist in Griffweite. Das hast du dir bei deinem Wechsel wahrscheinlich nicht erwartet.

Ja, das hat im Vorfeld keiner erwartet. Aber das läuft gut. Jetzt haben wir noch zwei Matchbälle, am Wochenende können wir es schon fixieren. Man träumt natürlich im Vorfeld von so etwas. In der Vorbereitung, in der laufenden Saison macht man alles dafür, dass man so nah wie möglich herankommt. Das Erreichen der Meistergruppe war schon ein großer Schritt.

Du hast fast alle Spiele durchgespielt. 27 Startelf-Einsätzen stehen nur vier Auswechslungen gegenüber. Du stehst für Kontiniutät.

Am Wochenende habe ich wegen meiner fünften Gelben gefehlt. Ich fühle mich wohl in der Mannschaft und hoffe, dass ich es mit Leistungen zurückzahlen kann. Bis jetzt hat das gut funktioniert.

Ihr harmoniert augenscheinlich gut. Bitte beschreib das Mannschaftsklima.

Wir haben einen guten Mix aus erfahrenen und jungen Spielern. Wir verstehen uns gut, auch abseits des Platzes. Das hilft, große Leistungen zu bringen.

Hat Christian Ilzer eine Rolle gespielt bei deinen Überlegungen, nach Wolfsberg zu gehen?

Schon. Ich kenne ihn ja bereits länger. Man verfolgt natürlich den Werdegang über die Jahre. Er war ein Faktor, aber nicht der Hauptfaktor. Ich kannte auch einige andere Spieler, wie beispielsweise Michael Sollbauer. Von dem her hab ich mich schnell dafür entschieden.

88 Spiele hast du in der Eredivisie absolviert, du kennst den niederländischen Fußball. Spielt dir das beim Pressing von Christian Ilzer in die Karten?

Ja, auf jeden Fall. Die Erfahrung kann mir niemand nehmen. Das was ich oben gelernt habe, versuche ich auch hier weiterzugeben.

Du redest so, als ob du ein Routinier wärst. Mit 26 gehörst du aber noch länger nicht zum alten Eisen.

So ist es. Aber ich war doch achteinhalb Jahre in Holland. Da sieht man schon einiges.

Um den Bogen zu den Niederlanden zu spannen. Die Halbfinal-Spiele im Europacup hast du wahrscheinlich aufmerksam verfolgt.

Ja, da habe ich sehr viele bekannte Gesichter gesehen.

Georgino Wijnaldum war dein Teamkollege bei PSV Eindhoven, genauso wie Frankfurt-Verteidiger Jetro Willems. Und Ajax-Coach Erik ten Haag kennst du auch. Kannst du die drei beschreiben?

Erik ten Haag war mein Co-Trainer unter Fred Rutten. Eine starke Persönlichkeit. Hat damals schon genau an den Details gearbeitet. Seine Idee vom Fußball setzt er gut um, die Spieler nehmen das auf. Man sieht definitiv seine Handschrift.

War das damals schon absehbar, dass er so eine Karriere hinlegen kann?

Ja. Er beschäftigte sich damals schon viel mit den jungen Spielern, eigentlich war sein Aufstieg absehbar. Dass es so schnell geht, ist im Fußball eben so.

Gibt es eine Sache, die du von ihm für deine Karriere mitnehmen konntest?

Neben den Dingen, die er mir beigebracht hat, hat es eine konkrete Sache gegeben: Man muss geduldig sein. Das hat er immer zu den Spielern gesagt. Wenn man meine Karriere beobachtet hat, dann trifft das zu. Ich hab ab und zu gespielt, dann bin ich zurück zu PSV Eindhoven, dann hab ich weniger gespielt, dann bei einer Leihe wieder mehr und so weiter. Letztendlich hab ich mich ganz gut entwickelt. Wenn man hart arbeitet, dann kommt der Rest von selbst. Geduld ist da ein Zauberwort.

Kommen wir zu Wijnaldum. Im Halbfinale war er der Matchwinner für Liverpool.

Das freut mich für ihn. Ich habe mich mit ihm sehr gut verstanden. Ein überragender Kerl. Menschlich und fußballerisch. Er weiß genau, was er will – und er hat sehr viel Qualität. Das wird einmal ein ganz Großer. Eigentlich ist er es jetzt schon.

Ein Satz noch zu Jetro Willems?

Ähnlich wie bei Wijnaldum. Er spielt bei Frankfurt nicht so regelmäßig. Aber bei Frankfurt hat man einen starken Konkurrenzkampf. Wie gesagt, wenn er geduldig bleibt, dann wird sich das Blatt auch bei ihm noch wenden.

Die anderen Namen, mit denen du bei PSV warst, wurden hier noch gar nicht erwähnt. Memphis Depay, Dries Mertens, Jeremain Lens, Kevin Strootman und so weiter. Das war ja eine Wahnsinns-Truppe.

So ist es. Wir sind auch Meister geworden. Das war eine sehr gute und reife Mannschaft. Die Wege, die jeder einzelne von Eindhoven weg gemacht hat, muss man sich hart erarbeiten. Sie alle haben sich das verdient.

Was hat dir damals gefehlt, dass du auch so einen Schritt gemacht hättest?

Einerseits das Vertrauen der Trainer. Auch ein bisschen Glück. Das gehört alles dazu. Aber auch wenn ich nicht so oft gespielt habe, lernt man von all den genannten Spielern sehr viel, man ist ja Tag und Nacht zusammen.

Zurück zur Bundesliga. Jetzt wartet die Austria. Wie könnt ihr vor dem ersten Matchball die Europa League aus den Köpfen bekommen?

Warum sollten wir sie aus den Köpfen bekommen? Das ist eine Motivation für jeden Spieler, für den ganzen Verein. Das ist eine riesengroße Chance. Wir wissen, was wir können.

Die Saison ist noch nicht beendet, genauso wie deine Entwicklung. Wie sehen deine persönlichen Ziele aus?

Das primäre Ziel ist die Europa League mit dem WAC. Was dann passiert, werden wir sehen. Mein Vertrag gilt noch ein Jahr. Es kann alles passieren, ich will nicht zu sehr vorausdenken.

Danke für deine Zeit und für das Gespräch.

Johannes Sturm

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