Tabubruch nach 113 Jahren: Erster deutscher ÖFB-Coach

Mit einem historischen "Tabubruch" zum EM-Ticket 2020: Der Österreichische Fußball-Bund hat Franco Foda als ersten Deutschen in seiner 113-jährigen Geschichte zum Nationaltrainer ernannt. Der 51-Jährige tritt die Nachfolge des Schweizers Marcel Koller an, der mit dem ÖFB-Team krachend in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2018 gescheitert war.
"Er ist jemand, der gute Voraussetzungen mitbringt, er kennt den österreichischen Fußball als Spieler und als Coach", sagte ÖFB-Präsident Leo Windtner über den noch bei Sturm Graz unter Vertrag stehenden Foda, der bei seiner Vorstellung am Montagabend in Wien fehlte: "Er versteht es, mit kleinen Strukturen zu arbeiten, ist ein akribischer Arbeiter."
Foda erhielt zunächst einen Vertrag bis Ende 2019, der allerdings erst am 1. Januar 2018 beginnt. Am 14. November im Länderspiel in Wien gegen Uruguay wird Foda demnach noch nicht hauptverantwortlich im Einsatz sein, er wird aber auf der Bank "hospitieren". Bei erfolgreicher Qualifikation für die EM-Endrunde in knapp drei Jahren verlängert sich Fodas Vertrag.
Fink, Herzog und Weinzierl ohne echte Chance
Foda war erklärter ÖFB-Favorit und hatte unter anderem Thorsten Fink (Austria Wien) und Andreas Herzog (zuletzt Co-Trainer USA) ausgestochen - der ebenfalls gehandelte Kölner Noch-Trainer Peter Stöger sagte laut Windtner am Sonntag ab, zum erweiterten Kreis hätten laut Präsident zudem Niko Kovac (Eintracht Frankfurt) und Markus Weinzierl (zuletzt Schalke) gezählt.
Foda nimmt seine beiden Grazer-Assistenten, die beiden früheren Bundesliga-Profis Thomas Kristl und Imre Szabics, zum Nationalteam. Über die Ablösesumme hatte es zähe Verhandlungen gegeben, Bundesliga-Spitzenreiter Graz, bei dem der gebürtige Mainzer noch bis 2019 unter Vertrag stand, soll rund 350.000 Euro kassieren.
"Ich freue mich für Franco und das gesamte Trainerteam, dass sie diese Möglichkeit erhalten. Franco hat sich mit langjähriger guter Arbeit diese Herausforderung verdient", sagte Sturm-Geschäftsführer Günter Kreissl.
Gefühlter" Österreicher
ür den finanziell nicht auf Rosen gebetteten Verband ist die Ablöse eine Menge Geld, dafür erhält der ÖFB in Foda allerdings einen der in der Alpenrepublik höchstgeschätzten Trainer. Der langjährige eisenharte Bundesliga-Verteidiger (321 Spiele für Kaiserslautern, Bielefeld, Saarbrücken, Leverkusen und Stuttgart) sowie Nationalspieler (zwei Einsätze auf der Südamerika-Reise 1987) ist längst gefühlter Österreicher.
Mit Unterbrechungen stand Foda 20 Jahre bei Sturm unter Vertrag, als Spieler (1997 bis 2001) holte er zweimal, als Trainer (2001/02, 2006 bis 2012, seit 2014) einmal den Meisteritel (2011). Dazwischen lag ein Engagement als Coach des 1. FC Kaiserslautern, mit dem Foda 2013 in der Relegation gegen Hoffenheim den Bundesliga-Aufstieg verpasste.
Schwere Aufgabe - Österreich im Form-Tief
Auf Foda wartet eine schwere Aufgabe. In sechs Jahren unter Koller spielte die wohl talentierteste ÖFB-Generation seit den Krankls, Prohaskas und Schachners teils sehr erfolgreich, qualifizierte sich bei der EM 2016 sportlich erstmals nach 18 Jahren wieder für ein großes Turnier. Die Endrunde in Frankreich verlief aber genauso ernüchternd wie die folgende Qualifikation zur WM 2018.
Kollers vor allem aus (Ex-)-Bundesliga-Spielern rekrutiertes Personal war entweder chronisch außer Form (David Alaba, Aleksandar Dragović), chronisch charakterlich schwierig (Marko Arnautović) oder chronisch mit dem (mittlerweile vollzogenen) Rücktritt beschäftigt (Zlatko Junuzović).
Den früheren Bundesliga-Coach Koller kostete das Scheitern ebenso den Job wie Sportdirektor Willi Ruttensteiner. Dessen Nachfolger Peter Schöttel wurde mit dem Trainercasting betraut. Für ihn wie für Foda ist der Druck hoch: Ein erneutes Scheitern, und der ÖFB geht erneut auf die Suche.