11.12.2015 10:00 Uhr

Pohl exklusiv: "Bochum im Aufwärtstrend"

Der VfL Bochum will zum Endes des Jahres endlich wieder für Jubelbilder sorgen
Der VfL Bochum will zum Endes des Jahres endlich wieder für Jubelbilder sorgen

Nach dem perfekten Saisonstart mit fünf Siegen in Serie ist der VfL Bochum zum Ende der Hinrunde längst wieder im grauen Mittelfeld der zweiten Liga angelangt. weltfussball sprach vor dem Rückrundenauftakt gegen den SC Paderborn mit dem Radioreporter-Urgestein und Bochumer Original Günther Pohl über den Traumstart, die aktuelle Ergebniskrise und das Potenzial an der Castroper Straße.

Wie rosig das doch alles aussah bei Herbert Grönemeyers "Blume im Revier": Fünf Siege aus den ersten fünf Spielen – logische Konsequenz: Spitzenreiter. Dazu mit Simon Terodde einen der besten Torjäger der Liga in den eigenen Reihen und mit Gertjan Verbeek einen Coach, der seine Erfolgself gefunden hatte. Der VfL Bochum legte einen Start nach Maß in diese Zweitligasaison hin und überzeugte in den ersten Wochen mit Spielfreude und lange nicht gesehener Dominanz und Kontrolle.

Die Tabellenführung wurde noch bis zur zehnten Spielrunde verteidigt, als beim 5:0-Auswärtssieg bei der SpVgg Greuther Fürth die wohl beste Saisonleistung hingezaubert wurde. Was dann folgte, war ein Rückfall in triste Zeiten, in die Abstiegskämpfe der letzten drei Zweitligajahre. Aus einer Ergebniskrise, angefangen beim bitteren 0:1 zu Hause gegen RB Leipzig bis zuletzt beim Remis gegen Heidenheim, wurde ein mentales Problem vor dem gegnerischen Kasten.

Seit August ohne Heimsieg

Die Bochumer Reporterlegende Günther Pohl, der seit mehr als 25 Jahren (!) kein einziges Pflichtspiel des VfL verpasst hat und bei Spielern und Fans gleichermaßen angesehen ist, bestätigt diesen Eindruck: "Der VfL hadert im Moment mit den Fußballmächten. Aufwand und Ertrag passen in keinster Weise mehr zusammen. Ich glaube, das ist im Moment eine mentale Sache. Es fehlt einfach der eine Sieg, der wieder für Sicherheit sorgt."

In der Tat ist die Verunsicherung bei den Blau-Weißen derzeit fast greifbar, vor allen Dingen nach plötzlichen Gegentoren und Rückständen. Konsequenz hieraus ist, dass Bochum nunmehr seit Anfang Oktober auf einen Dreier wartet, zu Hause ist die Elf aus dem Ruhrgebiet gar seit August ohne Sieg. Trotz alledem sieht Insider Günther Pohl seinen Klub aus dem tiefen Westen auf dem richtigen Weg: "Man ist ja immer geneigt, unter dem Augenblick zu urteilen, in dem man sich befindet. Aktuell überwiegt natürlich die Enttäuschung. Der Start mit fünf Siegen hat Erwartungen geweckt, die der VfL in dieser Saison wahrscheinlich noch nicht erfüllen kann."

Pohl verweist auf die blanken statistischen Daten und begründet damit seine kühne These: "In 17 Spielen war Bochum in nur einem einzigen Spiel klar die schlechtere Mannschaft, und das war ausgerechnet zu Hause gegen Fortuna Düsseldorf. In allen anderen Spielen war der VfL zumindest gleichwertig, sogar beim 0:3 in Karlsruhe. Ich komme zu diesem Ergebnis, wenn ich nur die statistischen Werte zugrunde lege, die einem immer gereicht werden."

Qualität und Breite werden spürbar besser sein

Zur Wahrheit gehört aber ebenso die Tatsache, dass gerade die jungen Spieler um Janik Haberer und Onur Bulut zum Ende der Hinrunde deutlich an Form und Frische eingebüßt haben und nicht mehr die Aktivposten wie zu Beginn der Spielzeit waren.

Radioreporter Pohl, der gegen den SC Paderborn das 955. Bochumer Pflichtspiel in Serie auf der Pressetribüne sitzen wird, bringt Personalien ins Spiel, die im kommenden Jahr für spürbar mehr Qualität sorgen könnten: "Spieler, mit denen wir gerechnet haben, fanden bisher aus verschiedenen Gründen erst wenig oder noch gar nicht statt. In der Wintervorbereitung werden ein Jan Šimůnek und ein Tobias Weis in die Mannschaft zurückkehren, denen ich Erstligaqualitäten zuspreche. Außerdem kamen Arvydas Novikovas, Peniel Mlapa und Thomas Eisfeld weitestgehend ohne Spielpraxis nach Bochum. Auch diese Personalien werden in der Rückrunde für deutlich höheren Konkurrenzkampf sorgen. Das werden noch echte Verstärkungen."

Nach Suspendierung: "Luthe ist kein Dummer!"

Zur Causa Andreas Luthe sagte Pohl: "Es war eine völlig atypische und nicht gekannte Aktion, die auch in der Mannschaft kritisiert wurde. Dieser Alleingang hat sich mir nicht erschlossen, denn Andreas Luthe ist kein Dummer! Der Verein hat aber sehr besonnen darauf reagiert."

Dennoch wirft sich die Frage auf, wie Coach Gertjan Verbeek mit der längsten sportlichen Durststrecke seines bisherigen Engagements in Bochum und der lauter werdenden Kritik in der Öffentlichkeit umgeht. Auch hierzu hat Günther Pohl, der zu vielen Spielern auch privaten Kontakt unterhält, eine klare Meinung: "Der Trainer ist in seinen Entscheidungen konsequent und wird auch mal laut, aber nicht aufbrausend. Er arbeitet sehr akribisch mit der Mannschaft. Der Eindruck, den er im Umgang mit Journalisten vermittelt, entspricht mehr der Abneigung den Journalisten gegenüber als seiner grundsätzlichen Lebensart."

Im Winter: Neuer Vertrag für Verbeek

Den Willen der Klubführung um Sportdirektor Christian Hochstätter, den im Sommer auslaufenden Vertrag mit dem niederländischen Trainer trotz der jüngsten Ergebniskrise zu verlängern, verteidigt Pohl: "Nüchtern betrachtet befindet sich Bochum im Aufwärtstrend. Es hat im Vergleich zum letzten Jahr drei Punkte mehr in der Hinrunde gesammelt, ein besseres Torverhältnis und mehr Zuschauer ins Stadion gelockt. Auf die Spielweise der Profimannschaft ist auch das gesamte Konzept im Jugendbereich ausgelegt. Es stehen jetzt noch drei ganz wichtige Spiele in der Liga und im Pokal an. Wenn das Jahr einigermaßen ordentlich zu Ende geht, dann wird die Zeit während der Vorbereitung genutzt, um einen neuen Vertrag zu fixieren", vermutet Günther Pohl.

Bleibt noch die Frage nach den Perspektiven für die gegen Paderborn startende Rückrunde. Auch hier gibt's klare Worte vom Bochumer Original: "Ich bleibe dabei: Der VfL landet zwischen Platz sechs bis acht! Das ist nach einer nüchternen Betrachtung der bisherigen Spiele eine realistische Einschätzung. Bei idealem Saisonverlauf ist auch noch mehr drin. Ausschließen möchte ich nur Platz eins und zwei, die an Freiburg und Leipzig vergeben sind. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht!"

Mehr dazu:
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>> 2. Liga: Statistiken und Tabellen

Mats-Yannick Roth

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