12.09.2015 10:31 Uhr

Januzaj: Alle Trümpfe in der Hand

Von ManUnited an den BVB verliehen: Adnan Januzaj
Von ManUnited an den BVB verliehen: Adnan Januzaj

Der BVB hat mit Leihgabe Adnan Januzaj eins der größten Talente seiner Altersklasse verpflichtet. Bei Manchester United genoss der 20-Jährige allerdings nicht das absolute Vertrauen von Teammanager Louis van Gaal und stagnierte in seiner Entwicklung. Die Konstellation in Dortmund ist für den Spieler nahezu perfekt, hat für die Borussia aber einen großen Haken.

Ziemlich genau 18 Minuten brauchte Adnan Januzaj, um sein erstes großes Ausrufezeichen im schwarzgelben Dress zu setzen. Dann trat der 20-Jährige im Testspiel des BVB am Dienstag beim FC St. Pauli in der Nähe des linken Strafraumecks mit der Sohle auf den Ball, legte ihn sich so an einem Gegenspieler vorbei und zog satt mit dem linken Fuß ab. Rechts unten schlug der noch abgefälschte Schuss im Kasten der Hamburger ein.

Auch ansonsten zeigte der 2014 von der italienischen Sportzeitung "Gazetta dello Sport" als größtes U20-Talent der Welt gepriesene Januzaj in der Hansestadt gerade einmal ein paar Stunden nach der ersten Trainingseinheit mit den neuen Kollegen bereits, welch feinen Fußballer sich die Borussia mit ihm an Land gezogen hat. Bis zu seiner Auswechslung in der 64. Minute sorgte der am rechten Flügel aufgebotene Edeltechniker mit starken Aktionen immer wieder für Gefahr – so häufig, dass sich der Dortmunder Tross nach dem Spiel vor Lob fast überschlug.

"Nicht völlig talentbefreit" sei der Neue, sagte Vorstandschef Hans-Joachim Watzke in einem Anfall von Understatement, "richtig cool zocken" könne Januzaj, schwärmte Teamkollege Neven Subotić im Interview mit den "Ruhr Nachrichten". Und Sportdirektor Michael Zorc erklärte kurz und bündig: "Gutes Debüt, schönes Tor. Wir wussten, dass er Fußball spielen kann."

United-Abgang durchaus überraschend

Dass der BVB überhaupt die Chance hatte, Januzaj am letzten Tag der Transferperiode auf Leihbasis zu verpflichten, war nach dessen vielversprechendem Saisonstart bei United durchaus überraschend. In immerhin vier Pflichtspielen durfte der flexibel einsetzbare Offensivspieler nach der Sommerpause für die Red Devils von Beginn an ran und zeigte dabei überwiegend ansprechende Leistungen.

Nachdem er beim 1:0-Erfolg in der Premier League bei Aston Villa am zweiten Spieltag das einzige Tor für sein Team erzielt hatte, artikulierte Januzaj gegenüber "Sky Sports" seinen Wunsch, sich in Manchester durchsetzen zu wollen. "Ich bin glücklich hier und will für meinen Platz in der Mannschaft kämpfen", wurde er zitiert. Nur zwei Wochen später erfolgte der Abgang Richtung Ruhrgebiet.

Flucht vor dem General

Der Grund für diese Kehrtwende liegt auf der Hand: das fehlende Vertrauen vom allmächtigen Teammanager Louis van Gaal. Der knorrige Niederländer konnte in seiner jetzt gut einjährigen Regentschaft beim englischen Rekordmeister nie allzu viel mit dem laut vielen Experten talentiertesten Spieler seines Kaders anfangen.

Im Anschluss an das Villa-Spiel kritisierte van Gaal den Matchwinner sogar öffentlich und prangerte die aus seiner Sicht zu vielen unnötigen Ballverluste des Jungspunds an. Über die Rolle als Rotationsspieler wäre Januzaj auch in der laufenden Saison aller Voraussicht nach nicht hinaus gekommen.

Dortmund als Karriere-Katalysator

Denn nachdem der in Brüssel aufgewachsene Sohn kosovarischer Auswanderer im Sommer 2013 mit 18 Jahren sein Profidebüt für United gegeben und in seiner ersten vollständigen Saison für die erste Mannschaft wettbewerbsübergreifend 34 Mal auf dem Platz gestanden hatte, musste er sich in der vergangenen Spielzeit - eben nach van Gaals Amtsantritt - mit deutlich weniger Einsatzzeit begnügen.

Der Schritt zum BVB ist demnach vor allem eins: der Versuch Januzajs, in einem neuen Umfeld seine zuvor so kometenhafte, aber zuletzt etwas ins Stocken geratene Karriere wieder anzuschieben. "Ich möchte mich hier weiterentwickeln", sagte er bei seiner Vorstellung in Dortmund dem klubeigenen TV-Sender "BVB total".

Vielversprechende Konstellation mit Tuchel

Einen Stammplatz hat Januzaj allerdings auch bei den Schwarzgelben nicht sicher. In der offensiven Dreierreihe des aktuellen Bundesliga-Tabellenführers ist die Konkurrenz groß. Die Voraussetzungen, dass die Liaison zwischen dem Hochbegabten und der unter Thomas Tuchel wiedererstarkten Borussia eine Erfolgsgeschichte werden kann, sind aber dennoch gegeben.

Januzaj passt aufgrund seiner herausragenden Qualitäten in puncto Dynamik, Dribbling, Technik, Passsicherheit und Abschluss perfekt ins System des früheren Mainzer Übungsleiters. Zudem könnte sich Taktikfuchs und Spielerverbesserer Tuchel als idealer Lehrmeister erweisen, um mit dem belgischen Nationalspieler an seinen Defiziten hinsichtlich individual- und mannschaftstaktischer Abläufe zu arbeiten.

Die Zeit ist knapp

Größtes Problem für Tuchel beim Schleifen seines neuesten Rohdiamanten wird fraglos der Faktor Zeit werden. Nur ein Jahr läuft die Leihe von Januzaj, dann muss er Stand jetzt wieder zurück nach Manchester. Eine Kaufoption besitzt der BVB offenbar nicht. Nach Informationen der "Sport-Bild" existiert zwar ein Vorkaufsrecht, dieses tritt aber nur in Kraft, wenn United seinen Youngster im kommenden Sommer nicht zurückhaben will.

Januzaj selbst kann trotz dieser Unwägbarkeiten nur gewinnen und hält alle Trümpfe in der Hand. Spielt er in Dortmund groß auf, kehrt er nächste Saison entweder mit einem deutlich besseren Standing zurück auf die Insel oder kann sich sicher sein, dass der BVB alle Hebel in Bewegung setzen wird, um ihn zu halten. Kann er sich in Deutschland wider Erwarten nicht in Szene setzen, darf er aufgrund seines Standings als Megatalent trotzdem auf einen Neuanfang bei United oder einem anderen europäischen Top-Klub hoffen.

Mehr dazu:
>> weltfussball berichtet am Samstag ab 15:30 Uhr im Liveticker vom Bundesligaauftritt des BVB in Hannover.

Tobias Knoop

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