14.08.2015 14:20 Uhr

Bundesliga-Check: Schleudersitz? Überflieger?

Wer wird zum Überflieger, wer muss als erstes seinen Hut nehmen? Vor dem Eröffnungsspiel blickt die weltfussball-Redaktion auf die kommende Bundesligasaison und stellt teils waghalsige Prognosen auf.

  • Welcher Spieler wird der Saison seinen Stempel aufdrücken?

Marc Affeldt: Daniel Didavi. Mit 25 Jahren gehört Daniel Didavi längst nicht mehr zu den talentierten Newcomern des deutschen Fußballs und mit 52 Bundesligaeinsätzen weist der Stuttgarter keine besonders beeindruckende Bilanz auf. Beeindruckend ist hingegen die unfassbare Verletzungsgeschichte des gebürtigen Nürtingers: Ob Meniskus, Knöchel, Knorpel, Oberschenkel oder Knie, Didavi verpasste seit 2010 mehr als 150 Pflichtspiele. Am Talent des ehemaligen U21-Nationalspielers gibt es dennoch nichts zu rütteln. Bleibt er diesmal vom Pech verschont, wird das Mittelfeldass den VfB in die oberen Tabellenregionen führen, Begehrlichkeiten bei den europäischen Topteams wecken und Jogi Löw zum Telefonhörer greifen lassen!

Mats-Yannick Roth: Marco Reus. Im letzten Jahr blieb dem gebürtigen Dortmunder beim BVB vor allem eines treu: das Verletzungspech. Er kam lediglich auf 18 Startelfeinsätze, schoss dabei so wenig Tore wie noch nie in seiner Bundesligazeit. Die unter Thomas Tuchel neu interpretierte Offensivreihe mit den drei Freigeistern Mkhitaryan, Aubameyang und Reus auf den variablen Stürmerpositionen kommt vor allem dem deutschen Nationalspieler entgegen. Sein Zusammenspiel mit den beiden Sturmkollegen, sein Gespür für das richtige Timing und den richtigen Laufweg und die eintausendprozentige Rückendeckung von Trainer und Südtribüne werden Reus in dieser Saison auf das nächste Level heben. Bleibt der 11er fit, knackt er seinen persönlichen Rekord von 29 Scorerpunkten.

Jochen Rabe: Kevin Kurányi. Echt jetzt? Nach fünf Jahren Russland? Ja, ich glaube, dass Hoffenheim mit seiner Verpflichtung ein echter Coup gelungen ist. Der Klub kann da eigentlich nichts falsch machen: ein Jahr Vertrag – und wenn es läuft, verlängert man. Und es wird laufen! Auch mit 33 wird Kurányi noch seine Tore machen und mit seiner Erfahrung junge Spieler wie Mark Uth oder Kevin Volland weiterbringen. Wenn er verletzungsfrei bleibt, ist er für mindestens zehn Tore gut. Außerdem ist es doch super, Kurányi als Typen wieder in der Liga zu haben. Insofern ist "Stempel aufdrücken" hier die perfekte Bezeichnung!

Nico Schrimpf: Arturo Vidal. Der "Krieger" ist zurück in der Bundesliga und das wird spätestens nach den Spielen gegen die Bayern auch jeder Gegner mitbekommen haben. Entweder geht's in die Knochen oder in die Maschen. Zwei Eigenschaften, die kaum ein anderer Profi auf diesem Planeten so gut vereint wie der Chilene: die Härte eines knallharten Abräumers sowie die Abschlussstärke eines Angreifers. Münchens Gegner wissen nicht, ob sie auf die Socken bekommen werden oder das Leder aus dem Netz holen müssen, doch eines ist gewiss: Vidal wird nachhaltig in Erinnerung bleiben.

Tobias Knoop: Henrikh Mkhitaryan. Der teuerste Einkauf der Dortmunder Vereinsgeschichte (27 Millionen Euro) gilt bislang – zu Recht – eher als Flop. Nach einer ordentlichen Debütsaison baute der ohne Frage mit herausragenden Anlagen gesegnete Armenier vergangene Spielzeit deutlich ab und spielte über weite Strecken unterirdisch. Nun wird aber alles anders: Der Armenier ist einer der Schlüsselspieler des neuen Trainers Thomas Tuchel, glänzte in der Saisonvorbereitung und war an sieben der acht bisherigen BVB-Pflichtspieltreffer 2015/2016 direkt beteiligt. Diesmal konserviert er endlich seine starke Frühform und führt die Borussia zurück in die Königsklasse.

  • Welcher Trainer bekommt die "Gesetzmäßigkeiten des Marktes" als erstes zu spüren?

Nico Schrimpf: Michael Frontzeck. Er wurde bereits in der Vorsaison lediglich als Notlösung präsentiert und trotz des geschafften Klassenerhaltes war man sich nicht mal in Hannover hundertprozentig sicher, ob man den richtigen Mann für die kommenden Aufgaben in seinen Reihen hat. So zog sich die Vertragsverlängerung überraschend lange hin. Doch bei den 96ern zeigt die Entwicklung in der jüngsten Vergangenheit deutlich nach unten und Frontzeck ist nicht der Coach, der bislang bei seinen Stationen mit übermäßigem Erfolg überzeugen konnte. Erwischt Hannover einen schwachen Start, wird dieser Trainerwechsel zum Selbstläufer, denn der ehemalige Abwehrspieler wird dann keine Mittel mehr finden, diese Spirale zu stoppen.

Jochen Rabe: Pál Dárdai. Eigentlich ist der Ungar der perfekte Trainer für Hertha BSC: ruhig, unaufgeregt, mit Stallgeruch. Blöd nur, dass die Mannschaft trotz prominenter Verpflichtungen wie Mitchell Weiser und Vladimir Darida keinen höheren Ansprüchen genügt. Schon schnell wird sich die Alte Dame in den südlichen Gegenden der Tabelle wiederfinden. Und dann ist Dárdai trotz aller Identifikation das schwächste Glied. Dass Michael Preetz da die Hand schnell am roten Knopf des Schleudersitzes hat, ist ja bekannt.

Marc Affeldt: Martin Schmidt. Im Februar 2015 zauberte die Mainzer Trainerschmiede mal wieder ein Kaninchen aus dem Hut, das ohne vorherige Erfahrungen als Coach in einer Topliga auf Anhieb einen mehr als passablen Bundesligatrainer abgab. Klingt gut, ist es auch, reicht im alltäglichen Bundesligawahnsinn aber leider nicht aus. Zwar muss sich vor allem das Mittelfeld der Mainzer im Vergleich mit der vermeintlich direkten Konkurrenz nicht verstecken, aber das tückische Auftaktprogramm der Elf aus der Rheinhessen könnte Schmidt dennoch zum Verhängnis werden. Zum Auftakt ist man vor heimischer Kulisse gegen den ebenso chancenlosen wie hochmotivierten Aufsteiger aus Ingolstadt zum siegen verdammt, dann wartet mit Gladbach ein mächtiger Brocken, ehe die uneinschätzbaren Hannoveraner in der Coface Arena gastieren. Stehen Ende August nicht mindestens drei Zähler auf dem Habenkonto, wird die Luft für Schmidt sehr sehr dünn.

Tobias Knoop: Michael Frontzeck. Die Begründung für diese These ist recht simpel: Hannover hat seine Lebensversicherung Lars Stindl verloren und den Kader überwiegend mit Mittelmaß aufgefüllt, wird also von Beginn an erneut gegen den Abstieg spielen. Frontzeck fungierte zwar letzte Saison erfolgreich als Feuerwehrmann, blieb aber in seiner bisherigen Trainerkarriere den Beweis schuldig, über längere Zeit mit nachhaltigem Erfolg ein Bundesligateam führen zu können. Verpatzen die Niedersachsen den Saisonstart, wird sich der 51-Jährige schnell auf dem Abstellgleis wiederfinden.

Mats-Yannick Roth: Markus Gisdol. Keine leichte Entscheidung, da es meinem Empfinden nach zu keiner frühen Trainerentlassung kommen wird. Neben dem gerne genannten Kandidaten aus Hannover steht auch Markus Gisdol bei der TSG Hoffenheim vor schwierigen Aufgaben in diesem Jahr. Der Kader wurde intensiv umgekrempelt, nicht weniger als zwölf neue Spieler plus drei Eigengewächse müssen integriert werden. Besonders der Abgang von Roberto Firmino wird nicht adäquat aufzufangen sein, das deutete sich schon beim peinlichen 0:2-Pokalaus bei den Münchner Löwen an. Viel wird davon abhängen, wie die Neuzugänge im Sturm in Person von Mark Uth und Kevin Kuranyi einschlagen werden.

Mehr dazu:
>> Bundesliga-Check, Teil 1: Wer überrascht, wer floppt?

wfb

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