14.08.2015 14:21 Uhr

Bundesliga-Check: Wer überrascht, wer floppt?

Das Objekt der Begierde: die Meisterschale
Das Objekt der Begierde: die Meisterschale

Wer wird die große Überraschung der Saison, wer erlebt ein böses Erwachen? Vor dem Eröffnungsspiel blickt die weltfussball-Redaktion auf die kommende Bundesligasaison und stellt teils waghalsige Prognosen auf.

  • Wer wird das Überraschungsteam der Saison?

Jochen Rabe: 1. FC Köln. Nach Jahren voller Chaos wird beim FC dank Peter Stöger und Jörg Schmadtke mittlerweile solide und unaufgeregt gearbeitet. Das schlägt sich in der realistischen Zielsetzung (Klassenerhalt) nieder, aber auch in den klugen Transfers. Die Neuzugänge beim FC haben Hand und Fuß: Den Abgang von Anthony Ujah können Anthony Modeste und Philipp Hosiner vergessen machen, Kevin Wimmers Wechsel wurde mit einem deutschen U21-Nationalspieler (Dominique Heintz) kompensiert. Im Mittelfeld ist ebenfalls Qualität dazugekommen. Köln wird einen gewaltigen Schritt aus der Graumäusigkeit machen und nichts mit dem Abstieg zu tun haben, stattdessen winkt Platz sieben bis neun.

Tobias Knoop: VfB Stuttgart. Ja, die Schwaben haben in der vergangenen Saison gerade eben den Abstieg vermieden. Ja, wirklich spektakuläre Neuzugänge sind ebenfalls nicht zu vermelden. Wahr ist aber auch, dass der VfB schon im Abstiegskampf unter Huub Stevens einen sehr guten Fußball spielte. Alexander Zorniger ist nun der richtige Mann ist, um diese Entwicklung voranzutreiben. Zudem verfügt der Neu-Trainer fast 20 Jahre nach Elber und Co. wieder über ein "Magisches Dreieck": Daniel Didavi, Filip Kostić und Daniel Ginczek werden Stuttgart sogar in die Nähe der Europapokalränge ballern.

Marc Affeldt: Eintracht Frankfurt. Die letzte Saison schloss die Eintracht bereits auf einem sehr passablen neunten Rang ab, dieses Mal geht es noch ein Stückchen weiter in die Spitze. Klar, Kevin Trapp ist mittlerweile dem Ruf des Geldes nach Paris gefolgt und hinterlässt zwischen den Pfosten eine Lücke - der restliche Aderlass hält sich allerdings in Grenzen. Im Gegenzug stoßen mit David Abraham und Stefan Reinartz zwei gestandene Bundesligaprofis zum Kader und mit Luc Castaignos angelte sich die Eintracht einen vielsversprechenden Mann für die Abteilung Attacke. Zudem bringt Václav Kadlec bei seinem nächsten Anlauf im Dress der Frankfurter die starke Quote von neun Toren in 13 Einsätzen für Sparta Praha mit. Frankfurt hat sich gut verstärkt und dürfte angeführt von Trainerfuchs Armin Veh diesmal ein ernsthafter Konkurrent für die Phalanx der Großen werden.

Nico Schrimpf: VfB Stuttgart. Die Schwaben finden wieder zurück in die Erfolgsspur – auch ohne den Knurrer von Kerkrade. Bereits zum Ende der abgelaufenen Saison hat die Mannschaft des VfB angedeutet, zu was sie in der Lage ist, wenn die Eckpfeiler der Truppe fit sind. Und genau darin liegt nun die Chance für einen lockeren einstelligen Tabellenplatz mit Blick Richtung Europa League. Das Gerüst wurde zusammengehalten und dass Kicker wie Maxim, Kostic, Werner, Ginczek und Didavi außergewöhnliche Qualitäten haben, ist unbestritten. Die einzige Unbekannte in dieser Rechnung ist Neu-Trainer Alexander Zorniger, der zuletzt in Leipzig nicht überzeugen konnte. Wenn der VfB weitestgehend vom Verletzungspech verschont bleibt, könnte es bis auf Rang sieben oder sogar sechs gehen.

Mats-Yannick Roth: FC Schalke 04. Ich sehe den FC Schalke um einiges homogener aufgestellt als noch in den Saisons zuvor. Außerdem scheint auf dem Trainerstuhl endlich einmal Ruhe eingekehrt zu sein. Mit André Breitenreiter wurde ein Chefcoach installiert, der vom Vorbereitungsstart weg im Team und vor allem auch im Gelsenkirchener Umfeld akzeptiert und geschätzt wird. Das ist alles andere als selbstverständlich. Als wichtigstes Argument kommt hinzu, dass die Königsblauen neben einigen klugen Verstärkungen scheinbar endlich ihr immenses Verletzungspech überwunden haben. Bleiben die Knappen von einer erneuten Ausfallserie verschont und kann Breitenreiter die Stimmung so hoch halten wie in den letzten Wochen der Vorbereitung, halte ich die direkte Qualifikation für die Champions League für machbar.

  • Welches Team wird ein böses Erwachen erleben?

Tobias Knoop: Borussia Mönchengladbach. Natürlich verfügen die Gladbacher nach der besten Saison seit ewigen Zeiten immer noch über eine richtig gute Mannschaft. In Christoph Kramer und Max Kruse haben sie aber zwei wichtige Stützen verloren und sich im Gegensatz zu den Konkurrenten aus dem oberen Tabellendrittel personell nicht wirklich verstärkt. Dazu kommt die physische, aber vor allem auch psychische Belastung durch die Champions League. Trotz aller Wertschätzung für Lucien Favre: Dem Schweizer wird es das ein oder andere Mal schwerfallen, seine Jungs nach einem Flutlichtauftritt in Barcelona oder Manchester für das Tagesgeschäft Bundesliga zu motivieren. Die Konsequenz: Gladbach qualifiziert sich nicht für das internationale Geschäft.

Nico Schrimpf: Bayer Leverkusen. Ewig wird in Leverkusen gepredigt, dass man oben mitspielen will. Wahrscheinlich auch zu Recht, denn zu viel mehr reicht es trotz des finanzstarken Bayer-Werkes seit Jahren nicht aus. Dennoch war man im Westen der Republik stets bemüht, sich zu entwickeln. Doch genau diese Entwicklung sehe ich in diesem Sommer nicht. Christoph Kramer wurde geholt, ja. Aber dafür musste Bayer auch Gonzalo Castro ziehen lassen. Ob Charles Aránguiz die erhoffte Verstärkung ist, muss sich erst noch herausstellen. Und dann ist da noch der lange Ausfall von Ömer Toprak, dazu bleibt Kyriakos Papadopoulos verletzungsanfällig. In der Offensive ist Leverkusen zwar weiterhin gut aufgestellt. Wohin die Reise in dieser Saison führt, wird sich in der Defensive entscheiden. Und wenn da nicht ein Rad ins andere greifen sollte, werden die internationalen Plätze verpasst.

Mats-Yannick Roth: Hertha BSC. Schon in der Rückrunde der letzten Spielzeit holte der Hauptstadtklub die drittwenigsten Zähler von allen Bundesligateams. Auch die Vorbereitungsspiele verliefen im Juli mit mehr Schatten als Licht. Gegen spanische und italienische Erstligisten setzte es Niederlagen. Zumindest die Pokalaufgabe bei Arminia Bielefeld wurde einigermaßen souverän gemeistert. Mir persönlich fehlt es der Hertha in der Sturmreihe an Qualität. Julian Schieber fällt zunächst noch verletzt aus, Salomon Kalou und Sami Allagui waren in der letzten Saison alles andere als Torgaranten. Hinzu kommt ein Auftaktprogramm, welches es an den ersten fünf Spieltagen mit Auswärtsbegegnungen in Augsburg, Dortmund und Wolfsburg in sich hat. Ich denke, für die Alte Dame ist auch 2015/2016 Platz 15 das höchste der Gefühle, eher droht der erneute Abstieg.

Marc Affeldt: FC Augsburg. "In Europa kennt uns keine Sau" - unter diesem Motto verbreitet der FC Augsburg seit dem märchenhaften Einzug in die Europa League ebenso selbstironisch wie stolzgeschwängert Nachrichten in der Welt der sozialen Medien. Das ist irgendwie sympathisch, irgendwie eine nette Abwechslung zum normalen fußballerischen Großmanntum, wird sich aber auch in der nächsten Saison nicht ändern. Im Gegenteil: Mit Piotr Trochowski hat sich der einzig namhafte Neuzugang postwendend verletzt und insgesamt ist die Personaldecke der Fuggerstädter für die Doppelbelastung einfach zu dünn. Zwar wird man beim FCA nicht unbedingt mit der Wiederholung der Heldentat der letzten Saison rechnen, aber ein Platz im oberen Mittelfeld sollte es sicherlich schon sein. Ein Vorhaben, das kaum zu realisieren ist.

Jochen Rabe: Hannover 96. Dass Sportdirektor Dirk Dufner die komplette Kaderplanung durchzieht, dann aber zum Ende der Transferperiode das Handtuch wirft, lässt tief blicken: Bei 96 herrscht Chaos. Das sieht man im Verein – und entsprechend sieht auch die sportliche Perspektive aus. Hinter der Mannschaft steht nach zahlreichen Verpflichtungen aus dem unteren Regal ein großes Fragezeichen und ob Trainer Michael Frontzeck der Typ ist, dem Martin Kind auf ewig das Vertrauen ausspricht, ist fraglich. Die Posse um seine Verlängerung nach dem gelungenen Klassenerhalt spricht da Bände. Für mich ist Hannover in dieser Saison sogar ein Abstiegskandidat!

Mehr dazu:
>> Bundesliga-Check Teil 2: Schleudersitz? Überflieger?
>> alle Bundesligakader 2015/16 in der Übersicht
>> alle Transfers der Bundesligisten in der Übersicht

wfb

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten