10.06.2015 15:08 Uhr

Vor 40 Jahren: Pelé erobert New York

Pelé bei seinem Abschiedsspiel im Oktober 1977
Pelé bei seinem Abschiedsspiel im Oktober 1977

Der 10. Juni 1975 markiert ein einschneidendes Datum für den US-amerikanischen Vereinsfußball. Die Ankunft von Weltstar Pelé bei Cosmos New York löst eine kurze und heftige Soccer-Euphorie im Fußball-Niemandsland aus.

Die Unterschrift des vielleicht besten Fußballspielers aller Zeiten bei Cosmos New York gilt als einer der größten Transfer-Coups der Geschichte. 1968 war die North American Soccer League (NASL) als höchste Fußball-Liga der USA und Kanada ins Leben gerufen worden. Doch bis in die Mitte der 1970er Jahre fristete die Liga und der Soccer ganz allgemein ein Schattendasein im Sportzirkus Nordamerikas. Die Stadien waren im Schnitt mit nur wenigen tausend Besuchern gefüllt und die großen TV-Anstalten zeigten dem Fußball die kalte Schulter.

Edson Arantes do Nascimento, genannt Pelé, sorgte im Sommer 1975 für den Beginn eines kurzen und heftigen Flirts der Amerikaner mit dem bis dahin so ungebliebten Spiel. Auch dank ihm avancierte New York für wenige Jahre zum Zentrum der Verbindung zwischen dem Fußball und der Popkultur. Sportlich hielt sich der unmittelbare Effekt der Pelé-Verpflichtung jedoch erst einmal in Grenzen. Cosmos beendete die 1975er Saison als drittes von fünf Teams in seiner Division und verpasste damit die Playoffs.

Pelé meets Jagger

Für den Erfolg des Projekts "Cosmos" war erst einmal entscheidender, dass Pelé zur Pop-Ikone und zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in der Millionenmetropole wurde. Nicht nur die Medien rissen sich um den Brasilianer und die späteren Cosmos-Verpflichtungen wie Franz Beckenbauer, den italienischen Stürmer Giorgio Chinaglia oder den brasilianischen WM-Kapitän von 1970, Carlos Alberto. Weltstars wie Mick Jagger, Steven Spielberg Barbara Streisand oder auch der US-Außenminister Henry Kissinger suchten die Nähe der Cosmos-Stars und ließen sich am Spielfeldrand blicken. In der legendären New Yorker Diskothek "Studio 54" feierten die Show- und Fußball-Größen gemeinsam wilde Partys.

Die mediale Aufmerksamkeit brachte nach und nach auch immer mehr Zuschauer ins Stadion. Cosmos-Tickets, zuvor allzu häufig als Gratis-Zugaben verramscht, wurden plötzlich zum raren Gut. 1977, in der letzten Saison Pelés in New York, sah eine Rekordkulisse von 77.691 Zuschauern das Playoff-Spiel von Cosmos gegen die Fort Lauderdale Strikers mit der englischen Torhüterlegende Gordon Banks zwischen den Pfosten. Die 77er-Saison brachte auch die erste von vier Meisterschaften bis 1982.

Dem schnellen Aufstieg folgt der tiefe Fall

Der Fußball-Hype, entfacht durch die Ankunft Pelés in New York, hielt auch nach dem Abgang des brasilianischen Idols noch einige Jahre an. Die Besitzer der Teams konnten den Durst der Fans nach Weltstars mit Topspielern wie George Best, Franz Beckenbauer, Gerd Müller oder Johan Cruyff immer wieder stillen, aber der Preis dafür war hoch. Nahezu alle Teams der NASL schrieben tiefrote Zahlen. Zwischen 1980 und 1984 schrumpfte die Zahl der Mannschaften von 24 auf 9. Die 1985er-Saison wurde aus Mangel an Interesse gar nicht mehr gestartet.

Die Spuren, die Pelé in der amerikanischen Fußball-Öffentlichkeit hinterlassen hat, verblassten schnell. Erst zwölf Jahre nach dem Ende der NASL startete mit der Major League Soccer (MLS) ein weiterer Versuch, den Profifußball in den USA zu etablieren. Aus den Fehlern der Pelé-Ära haben die MLS-Gründer ihre Lehren gezogen und strikte Vorgaben für finanzielle Risiken gesetzt.

Ralf Amshove

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