EuGH öffnet Tür für die Super League
Der Europäische Gerichtshof stellt sich überraschend gegen die mächtigen Verbände UEFA und FIFA. Für die Gründung einer Super League ist nun die Tür offen.
Die Abtrünnigen feierten ausgelassen einen historischen Tag - Aleksander Ceferin hingegen schaltete ganz cool in den Kampfmodus. Mit dem Rückenwind der Fans und Ligen gab sich der UEFA-Boss unbeeindruckt von der überraschenden Wiederbelebung der Super League, er sieht sich trotz der vermeintlichen juristischen Niederlage keineswegs als Verlierer. "Der Fußball steht nicht zum Verkauf, er bleibt vereint", sagte Ceferin entschlossen.
"Klubs aus vielen Ländern wie England, Deutschland, Frankreich oder Italien wollen bei uns bleiben", betonte er. Die UEFA werde auch gar nicht versuchen, die Super League zu stoppen: "Sie können kreieren, was immer sie wollen. Ich hoffe, dass sie ihren fantastischen Wettbewerb so bald wie möglich mit zwei Klubs starten", scherzte der Präsident bester Laune. "Ich hoffe, sie wissen, was sie tun - aber ich bin mir da nicht so sicher." Das Urteil bedeute "keine Billigung oder Bestätigung der sogenannten Super League", so die UEFA-Meinung.
Und doch feierten sich die Treiber als große Gewinner, sie rührten in einer modern aufgemachten Präsentation mit Musik-Unterlegung die Werbetrommel. "Das ist der Beginn einer neuen Ära", rief A22-Geschäftsführer Bernd Reichart: "Der Fußball ist FREI. Die Vereine müssen keine Sanktionen mehr fürchten UND können ihre Zukunft nun selbst bestimmen." Es sei "frisches Denken nötig", die Super League könne "der beste Wettbewerb" der Welt werden.
"Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung" durch UEFA und FIFA
Die Tür dafür hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zumindest geöffnet. Die höchste europäische Instanz hatte in ihrem Urteil am Donnerstag die Monopolstellung der Europäischen Fußball-Union sowie des Weltverbandes FIFA als nicht vereinbar mit europäischem Wettbewerbsrecht eingestuft. Der EuGH stellte einen "Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung" durch UEFA und FIFA fest.
Einer Genehmigung neuer Wettbewerbe durch die beiden Verbände für ein Konkurrenzprodukt bedürfe es nicht, urteilten die 15 Richter der Großen Kammer. Demnach sei die Androhung von Sanktionen bis hin zum Wettbewerbsausschluss vonseiten der UEFA oder FIFA nicht rechtskonform. Insbesondere die hinter A22 vereinten Befürworter Real Madrid und FC Barcelona werden aufatmen. "Die Tür für Innovation ist geöffnet", frohlockte Reichart.
Die UEFA sah das naturgemäß ganz anders. Das Urteil beziehe sich auf Mängel bei dem Verfahren zur Genehmigung von Wettbewerben. Konkret prangerte der EuGH an, dass UEFA und FIFA keinen Kriterien unterliegen, "die gewährleisten, dass sie transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sind". Diese Mängel seien behoben worden, das entsprechende Reglement im Juni 2022 beschlossen worden, so der Dachverband.
Das sagt die UEFA
Die UEFA vertraue darauf, "dass die solidarische europäische Fußballpyramide, die von den Fans und allen Beteiligten zu ihrem unersetzlichen Modell erklärt wurde, durch europäische und nationale Gesetze gegen die Gefahr von Abspaltungen geschützt wird", hieß es weiter. Rückendeckung bekam sie sogleich von den Ligen, Fans und der Klubvereinigung ECA.
Das Urteil unterstütze oder befürworte "in keiner Weise irgendeine Form der Super League", schrieb die mächtige ECA. Alle Interessengruppen des europäischen Fußballs stünden "geschlossener denn je gegen die Versuche einiger weniger Personen, die persönliche Ziele verfolgen, die Grundlagen und Grundprinzipien des europäischen Fußballs zu untergraben". Auch der FC Bayer positionierten sich direkt vehement dagegen. "Die Tür bleibt zu", sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) stütze "das europäische Sportmodell explizit und lehnt Wettbewerbe außerhalb der von den Verbänden und Ligen organisierten Wettbewerbe ab", teilte der Verband mit. Die Rechtmäßigkeit der Super League sei ohnehin "eine separate Frage". Die Fanvereinigung Football Supporters Europe (FSE) schrieb, dass die Super League trotz aller Anpassungen immer noch ein "schlecht durchdachtes Projekt" sei.
Trotz aller öffentlichen Kritik gebe es "Klubs, die sehr interessiert sind", erzählte Reichart. "Aber wir wollen keine Namen nennen, denn wir wollen den Fußball nicht spalten, sondern vereinen." A22 wolle "Konfrontation vermeiden". Dafür ist es wohl längst zu spät. Das letzte Wort in der Causa Super League dürfte längst nicht gesprochen sein.