Nach schwerer Krankheit: Fußball-Ikone Pelé ist tot

Im Alter von 82 Jahren ist Brasiliens Legende Pelé verstorben. "Wir lieben dich auf ewig", schrieb seine Tochter.
Am Donnerstag stand das Herz von Édson Arantes do Nascimento für immer still, als Mythos aus einer nostalgischen Fußball-Epoche lebt Pelé "eterno" jedoch ewig weiter. Der Brasilianer starb im Alter von 82 Jahren, wie seine Familie mitteilte. "Alles, was wir sind, sind wir dank dir. Wir lieben dich auf ewig. Ruhe in Frieden", schrieb seine Tochter Kely Nascimento auf Instagram.
Pelé war vor Weihnachten ins Krankenhaus eingeliefert worden, um, wie seine Ärzte sagten, eine "Neubewertung" der Chemotherapie vorzunehmen, welcher er sich seit der Entfernung eines Darmtumors im September vergangenen Jahres unterzieht. Zuletzt soll er bereits palliativmedizinisch betreut worden sein.
"Ich möchte, dass man sich an mich erinnert, mich nicht vergisst. Nur das!", wünschte sich der in einem kleinen Dorf namens Tres Coracoes (Drei Herzen) geborene dreimalige Weltmeister (1958, 1962 und 1970) seit jeher. Und trug dazu unter seinem Künstlernamen viel bei. Jüngster Torschütze in einem WM-Finale, als er 1958 in Schweden gegen die Gastgeber mit 17 Jahren und 249 Tagen zweimal traf. Selber festgehaltene 1281 Treffer in 1363 Spielen. Unzählige Titel überall auf dem Globus mit dem FC Santos, mit Cosmos New York die US-Meisterschaft 1977 - und vor allem die drei WM-Triumphe mit der Selecao.
Mehr als 21 Jahre lange schnürte er bis zum Abschied am 1. Oktober 1977 die Fußballstiefel, machte die Rückennummer 10 weltberühmt - nicht als klassischer Spielmacher, eher als hängende Spitze nach heutigem Spielverständnis.
In Dribblings verliebt, auf Tore aus, geschossen mit rechts oder links, mit Gewalt oder Raffinesse, auch per Kopf oder Fallrückzieher förmlich in der Luft schwebend.
Pelé bleibt bis zum Schluss mit Fans in Verbindung
"Das Schwierige ist nicht, Tausend Tore zu schießen wie Pelé, sondern ein Einziges wie Pelé, schrieb Brasiliens Poet Carlos Drummond de Andrade in einer Ode an den Modellathleten. Im zweiten Leben versuchte sich der aus einfachen Verhältnissen stammende Afrobrasilianer - eher mittelprächtig, manchmal peinlich - als Sänger, Schauspieler, Sportminister oder Unternehmer, nutzte den Ruhm als Fußball-Botschafter und versilberte seinen Ruf in Werbekampagnen.
"Angenehm, ich bin Ronald Reagan, aber Sie brauchen sich nicht vorzustellen. Jedes Kind weiß, wer Sie sind", wurde er vom damaligen US-Präsidenten im Weißen Haus begrüßt. Eine von vielen Anekdoten, die sich um den Mythos ranken.
So soll er Anfang 1969 irgendwo in Afrika einen Krieg gestoppt haben, - die einen sprechen vom Kongo, die anderen von Nigeria - weil die verfeindeten Lager den "Rei" (König) und seine Santos-Gefolgsleute spielen sehen wollten. Wahre Legenden, legendäre Wahrheiten.
Wie die vom Platzverweis mit unglaublicher Wendung bei einem Freundschaftsspiel im Juli 1968 in Kolumbien. Die gut 60.000 im Stadion von Bogota skandierten nach ihrem Idol, tobten wild. Der Referee musste sich davonschleichen, Pelé kam triumphierend auf den Rasen zurück. Das Talent bekam er von Vater Dondinho in die Wiege gelegt, weitervererbt hat er es nur leidlich.
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Von seinen sieben Kindern versuchten sich die beiden Söhne Edinho (Profikarriere als Torhüter und Trainer) und Joshua (College-Fußball in den USA) am Ball, mit wenig Erfolg. Für Pelé war es immer schwierig, lange zu Hause zu bleiben. In den letzten Jahren hielt ihn jedoch der leidende Körper in seiner Strandvilla in Guaruja wenige Autominuten von Santos entfernt gefangen. Von dort kommunizierte der FIFA-Jahrhundertfußballer bis zum Schluss virtuell über die sozialen Netzwerke mit seiner treuen Fangemeinde.
Als Anfang 2020 Gerüchte über Depressionen auftauchten, entgegnete Pelé: "Ich habe meine guten, wie auch meine schlechten Tage. Das ist für Menschen in meinem Alter normal." Doch die Operationen an Niere (November 2014), Prostata (Mai 2015), Wirbelsäule (Juli 2015) und Hüfte (Dezember 2015) sowie der im September 2021 am Darm entfernte Tumor hinterließen Spuren. In den letzten Tagen verschlechterte sich der Zustand von "O Rei" zusehends.
Pelé erschuf sich in gerade einmal einem Viertel seines Lebens Ruhm für die Ewigkeit.
Die Karriere des großen Brasilianers im Zeitraffer.
7. September 1956: Èdson Arantes do Nascimento gibt als 15-Jähriger sein Debüt im Profiteam des FC Santos und erzielt beim 7:1 gegen Corinthians Santo Andre gleich sein erstes Tor.
7. Juli 1957: Bereits im Alter von 16 Jahren trägt er erstmals das Selecao-Trikot, trifft beim 1:2 gegen Erzrivale Argentinien zum zwischenzeitlichen Ausgleich.
29. Juni 1958: Mit nur 17 Jahren und 249 Tagen wird Pelé erstmals Weltmeister. Mit zwei Toren trägt er sich beim 5:2 gegen Gastgeber Schweden als jüngster WM-Final-Torschütze in die Geschichtsbücher ein.
2. Juni 1962: Seine zweite WM ist schon nach dem zweiten Spiel zu Ende, als er beim 0:0 gegen die damalige Tschechoslowakei eine Muskelverletzung erleidet. Angeführt von Dribbelkönig Garrincha verteidigt die Selecao im Finale gegen denselben Gegner (3:1) dennoch den Titel erfolgreich.
30. August 1962: Mit zwei Toren für Santos gegen Penarol aus Uruguay hat Pelé maßgeblichen Anteil am ersten Libertadores-Cup-Titel eines brasilianischen Klubs. Es folgen ein Jahr später der zweite Triumph auf kontinentaler Ebene sowie zwei Erfolge im Weltpokal gegen Europas Größen Benfica Lissabon (1962) und AC Mailand (1963).
21. November 1964: Beim 11:0 gegen Botafogo Ribeirao Preto im Campeonato Paulista, der Meisterschaft des Bundeslandes Sao Paulo, erzielt Pelé acht (!) Tore.
12. Juli 1966: Beim WM-Vorrundenduell gegen Bulgarien (2:0) spielen Garrincha und Pelé letztmals Seite an Seite, erzielen je ein Tor. Das Traumduo verliert keines seiner 40 gemeinsamen Länderspiele, kann aber in England bei den anschließenden 1:3-Niederlagen gegen Ungarn (nur Garrincha) und Portugal (nur Pelé) das frühe Aus nicht verhindern.
19. November 1969: Sein 1000. Tor erzielt er stilecht mit dem 2:1-Siegtreffer gegen Vasco da Gama, herausgehoben am Elfmeterpunkt, angestrahlt vom Fluchtlicht des legendären Maracana. Umringt von Fotografen und Journalisten lässt er sich von Fans und Spielern mit dem Ball in der Hand auf eine Ehrenrunde tragen, ehe die Partie fortgesetzt wird.
21. Juni 1970: Pelé wird als erster und bislang einziger Spieler zum dritten Mal Weltmeister, leitet den 4:1-Finalsieg gegen Italien mit seinem zwölften WM-Tor ein.
18. Juli 1971: Beim 2:2 gegen Jugoslawien verabschiedet sich Pelé vor rund 140.000 Fans im Maracana aus der Selecao. Sieben Tage zuvor erzielt er gegen Österreich (1:1) sein letztes Tor für die "Canarinhos". Insgesamt sind es 77 Treffer in 92 offiziellen Länderspielen.
2. Oktober 1974: Um 21.19 Uhr kniet sich "o Rei" (der König) am Mittelkreis der Vila Belmiro nieder, signalisiert so den Schlussakt für den FC Santos. Nach 1091 Toren in 1116 Spielen und über 40 Titeln mit dem Hafenstadtklub beendet er seine Profikarriere - vorerst.
15. Juni 1975: Comeback bei Cosmos New York fort, Pelé trifft standesgemäß zum Einstand beim 2:2 gegen Dallas Tornado. Er verhilft der North American Soccer League zu medialer Aufmerksamkeit und wirkt als Magnet auch für deutsche Altstars wie Franz Beckenbauer, mit dem er die US-Operettenliga 1977 gewinnt.
1. Oktober 1977: Beim offiziellen Abschiedsspiel läuft er je eine Halbzeit für Cosmos und Santos auf, markiert ein letztes Tor und ruft per Mikrofon sein Vermächtnis in die Nacht von New York: "Love, love, love!"