02.11.2021 14:08 Uhr

Marcel Sabitzer: Böses Erwachen aus dem "Kindheitstraum"?

Beim FC Bayern bislang nur Nebendarsteller: Marcel Sabitzer (M.)
Beim FC Bayern bislang nur Nebendarsteller: Marcel Sabitzer (M.)

Auch zwei Monate nach seinem Wechsel zum FC Bayern hat Marcel Sabitzer seine neue Rolle beim Rekordmeister noch immer nicht gefunden. Vor dem zweiten Champions-League-Duell mit Benfica am Dienstagabend (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker) hofft der Österreicher, im Zuge der erwarteten Rotation eine weitere Bewährungschance in der Startelf zu erhalten. Dass es für mehr bislang nicht reicht, hat Gründe.

Als Marcel Sabitzer wenige Wochen nach seinem rund 15 Millionen Euro teuren Transfer von RB Leipzig zum FC Bayern vom Münchner Mitgliedermagazin "51" nach seinen Beweggründen befragt wurde, geriet der 27-Jährige ins Schwärmen.

Der Wechsel sei für ihn die "Erfüllung eines Kindheitstraums" gewesen, erklärte Sabitzer: "Wenn du als kleiner Bub immer stolz mit deinem Bayern-Trikot herumgelaufen bist, dann ist das hier das Höchste der Gefühle. Ich habe vom FC Bayern geträumt, und damals war das sehr, sehr weit weg. Jetzt komme ich aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus."

Heute, rund neun Wochen später, ist dem Neuzugang das Lachen zwar noch nicht komplett vergangen, zufrieden sein kann er allerdings nicht.

Bislang kommt Sabitzer unter Cheftrainer Julian Nagelsmann, mit dem er in Leipzig zuvor überaus erfolgreich zusammengearbeitet hatte, meist lediglich als Ergänzungsspieler zum Einsatz. Sieben Mal durfte er in der Bundesliga ran, drei weitere Partien absolvierte er in der Champions League. Nur in zwei Begegnungen wirkte der erfahrene Nationalspieler von Beginn an mit, auf seine erste Torbeteiligung für den FC Bayern wartet er noch.

Selbst Tolisso wird Sabitzer beim FC Bayern vorgezogen

Noch ist es freilich viel zu früh, um Sabitzer abzustempeln. Dass er sich an seinen veränderten Status an der Säbener Straße erst gewöhnen muss, war ebenso klar wie die Tatsache, dass in München ein anderer Fußball gespielt wird als in Leipzig.

Zugleich hat der Mittelfeld-Allrounder nie Zweifel an seinen Stammelf-Ansprüchen gelassen. "Ich will auf dem Platz immer vorangehen, alles geben und meine Mannschaft pushen", betonte Sabitzer unlängst. Bisher hatte er wenig Gelegenheit dazu.

Gewohntes Bild: Marcel Sabitzer wird beim FC Bayern eingewechselt
Gewohntes Bild: Marcel Sabitzer wird beim FC Bayern eingewechselt


Und wenn der Österreicher dann doch mal auf dem Rasen stand, wurde schnell deutlich, warum Nominierungen für die erste Elf bis hierhin eher Ausnahme als Regel sind. Denn: Sabitzer fehlt noch die Bindung zu seinen Teamkollegen, auch seine Paradeposition hat er im Starensemble des deutschen Serienmeisters noch nicht gefunden.

Entsprechend durchwachsen waren seine sport.de-Noten in seinen beiden Spielen in der Anfangsformation: Beim 4:0-Erfolg in Lissabon war er schwächster FCB-Akteur (Note 4,5), kurz darauf gegen Hoffenheim höchstens Mitläufer (3,0).

Über sich selbst sagt Sabitzer, auf der "linken Acht am stärksten" zu sein. Problem: Die Konkurrenz ist überall erdrückend, an Joshua Kimmich (Sechs), Leon Goretzka (Acht) und Thomas Müller (Zehn) ist kein Vorbeikommen. Selbst der aktuell ausnahmsweise nicht verletzte Corentin Tolisso wurde Sabitzer beim jüngsten 5:2-Erfolg bei Union Berlin vorgezogen.

FC Bayern: Hamann von Sabitzer-Transfer nicht überzeugt

Im Umfeld wird die Kritik an Sabitzer, der beim FC Bayern immerhin bis 2025 unterschrieben hat, langsam lauter. Überraschend hart fiel das jüngste Urteil von Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann aus.

"Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich hätte ihn nicht geholt. Oder nur, wenn Tolisso gegangen wäre. Das hat mich etwas überrascht", gestand der 48-Jährige gegenüber "Spox" und "Goal".

Doch damit nicht genug: "Mir ist er zu undiszipliniert", urteilte Hamann über Sabitzer, der nach Meinung des früheren Profis vor allem für strukturgebende Positionen "zu hitzköpfig" sei.

Trotz aller Skepsis zeigte Hamann auch Mitleid mit dem ehemaligen Mannschaftskapitän von RB Leipzig: "Es ist nicht einfach, wenn du als gestandener Spieler zu Bayern kommst und im Moment die Nummer 12 bis 14 bist. Wenn du das nicht gewohnt bist - er war ja die letzten fünf, sechs Jahre kein Einwechselspieler -, dann ist das keine einfache Situation."

Sabitzer übt sich beim FC Bayern in Geduld

Sabitzer selbst will sich seine Entscheidung für den FC Bayern nicht kaputtreden lassen. "Ich bin mit 27 Jahren im besten Fußballeralter, und da wollte ich mich immer auf dem Höhepunkt meiner Karriere sehen", stellte der ÖFB-Kicker klar.

Im Rahmen einer Presserunde bei der Nationalmannschaft sagte er Anfang Oktober: "Ich fühle mich wohl und es macht Spaß, bei so einem großen Verein zu arbeiten. Ich finde mich immer besser ein und mit der Zeit werden auch die Einsätze mehr."

Das erste Zwischenfazit der Zusammenarbeit fällt vor dem Münchner Heimspiel gegen SL Benfica gleichwohl durchwachsen aus. Sollte Sabitzer gegen die Portugiesen starten dürfen, muss er endlich nachweisen, für den Branchenprimus einen Mehrwert darzustellen.

Andernfalls droht ein böses Erwachen aus dem "Kindheitstraum".

Heiko Lütkehus

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