21.07.2021 15:43 Uhr

Eintracht Frankfurts riskanter Jugendstil

Eifert Eintracht Frankfurt dem BVB nach?
Eifert Eintracht Frankfurt dem BVB nach?

Sportvorstand weg, Trainer weg, der beste Torjäger und womöglich auch der Top-Vorlagengeber weg - Eintracht Frankfurt muss in diesem Sommer einen extremen Aderlass verkraften. In Sachen Neuzugänge setzen die Hessen auf junge Talente und Nobodys - eine riskante Strategie, die an das Geschäftsmodell des BVB erinnert.

Sogar Dragoslav Stepanovic meldete sich zu Wort. "Ich habe nur eine Botschaft an Fredi Bobic: 'Lass die Finger von unseren Spielern!' Es gibt Millionen andere auf der Welt, die kann er gerne holen", ließ sich Eintracht Frankfurts einstiger Kult-Trainer in "Bild" zitieren, um seinem Ärger über die Wechselgerüchte rund um Filip Kostic Luft zu machen.

Seit einigen Tagen wird der Flügelflitzer heiß bei Liga-Konkurrent Hertha BSC gehandelt. Fredi Bobic, seines Zeichens ehemaliger Sportvorstand der Eintracht und neuer Boss der Berliner, soll Kostic zum Hauptstadt-Klub locken wollen. 30 Millionen Euro stehen als Ablösesumme im Raum.

55 Scorerpunkte könnten Eintracht Frankfurt fehlen

Für Frankfurt sind die Lockrufe aus Berlin trotz dieser exorbitanten Summe keine guten Nachrichten. Stimmen die Zahlen, dürfte ein Verkauf Kostics wirtschaftlich alternativlos sein. Sportlich ist der 28 Jahre alte Serbe für die Eintracht aber wohl nicht zu ersetzen.

Gemeinsam mit André Silva, den die Frankfurter für 23 Millionen Euro zu RB Leipzig ziehen lassen mussten, zeichnete sich Kostic in der abgelaufenen Bundesliga-Saison für satte 55 Scorerpunkte verantwortlich. An fast 80 Prozent der Eintracht-Treffer war das Duo damit beteiligt.

"Extrem wichtig" sei Kostic für das Team, erklärte Bobics Nachfolger Markus Krösche unlängst gegenüber "Sky". Der Klub werde "alles dafür tun, dass er bleibt". Einen Abgang kategorisch ausschließen wollte der neue SGE-Sportvorstand jedoch explizit nicht.

Eintracht Frankfurt: Talente und Nobodys als Neuzugänge

Silva weg, Kostic womöglich auch - beim Blick darauf, welche Spieler in der kommenden Saison in Frankfurt vor allem offensiv die Kohlen aus dem Feuer holen sollen, dürfte es vielen Eintracht-Fans Angst und Bange werden.

Auf der Zugangsseite stehen bislang ausschließlich Spieler ohne großen Namen - und ohne jegliche Bundesliga-Erfahrung.

Jesper Lindström beispielsweise, ein 21-jähriges dänisches Spielmacher-Talent, das für sieben Millionen Euro von Bröndby IF an den Main wechselte. Oder der kolumbianische Stürmer Santos Borré, 25 Jahre alt, der einst in Spanien scheiterte und jetzt über den Umweg Argentinien den nächsten Anlauf in Europa nimmt.

Und Ali Akman, ein 19 Jahre alter türkischer Mittelstürmer, der nach Suspendierung und Vertragsauflösung bei seinem Ex-Klub Bursaspor bereits seit dem Frühjahr in Frankfurt unter Vertrag steht, bislang jedoch nicht spielberechtigt war. Dazu kommen mit Enrique Herrero García (16), Fabio Blanco (17) und Nacho Ferri (16) drei blutjunge spanische Nachwuchshoffnungen, die als Perspektivspieler eingeplant sind.

In der Gerüchteküche tummeln sich solch illustre Namen wie Randal Kolo Muani (FC Nantes) oder Zeljko Gavric (Roter Stern Belgrad).

So erklärt Markus Krösche die Transfer-Politik von Eintracht Frankfurt

"Bei der Kaderplanung müssen wir mehrere Dinge beachten: Wir müssen unsere jetzigen Ziele erreichen und dürfen nicht nur in die Zukunft schauen", erklärte Krösche die zumindest diskussionswürdige Frankfurter Transfer-Politik. Er wolle aber auch "junge Talente frühzeitig an uns zu binden und sie mit unserer Spielweise vertraut zu machen".

Die Eintracht müsse immer "Marktwerte generieren und Transfererlöse erwirtschaften". Das gilt natürlich auch und insbesondere in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Pandemie. Das Corona-bedingte Loch in den Eintracht-Kassen beträgt nämlich rund 45 Millionen Euro.

BVB als Vorbild für Eintracht Frankfurt?

Die Marschroute der Eintracht erinnert an einen der ganz großen Player des deutschen Profi-Fußballs: den BVB. Vom "Dortmunder Weg" schrieb zuletzt die "Frankfurter Rundschau". (Junge) Spieler günstig einkaufen, sie zu Stars entwickeln und für (sehr, sehr) viel Geld wieder zu verkaufen, das gehört sowohl in Dortmund als auch in Frankfurt zum Geschäftsmodell.

Luka Jovic und Sébastien Haller sind Paradebeispiele dafür, dass diese Taktik aufgehen kann. Mehr als 110 Millionen Euro erlöste die Eintracht im Sommer 2019 für die beiden Angreifer - und fing den sportlichen Verlust durch kluge Transfers des abgewanderten Erfolgsmanagers Bobic nahezu vollständig wieder auf.

Mit dem Risiko, dass das womöglich nicht immer gelingt, müssen nun Krösche und Co. leben. Silvas Abgang und der mögliche Verlust von Kostic sind die nächsten Bewährungsproben für die neue Frankfurter Führung.

Tobias Knoop

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