Warum Goretzka den FC Bayern verlassen könnte

Leon Goretzka zählt zu den absoluten Leistungsträgern des FC Bayern. Das soll nach Meinung der Verantwortlichen auch noch lange der Fall sein. Dennoch scheint ein Abschied in diesem Sommer nicht ausgeschlossen. Denn der Rekordmeister muss schleunigst die knifflige Vertragssituation des Ex-Schalkers klären.
Leon Goretzka will bleiben, der FC Bayern will Leon Goretzka halten. Und dennoch halten sich Gerüchte, der 26-Jährige könnte München vor der Spielzeit 2021/22 den Rücken kehren.
Denn: Sein Vertrag läuft in einem Jahr aus und die ab Donnerstag auch offiziell laufende Sommer-Transferphase ist die letzte, in der der Klub mit dem Mittelfeldspieler Stand jetzt eine angemessene Ablösesumme generieren könnte.
Goretzkas Marktwert wird vom Portal "transfermarkt.de" auf 70 Millionen Euro taxiert. Das frühe Ausscheiden mit der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft dürfte darauf kaum negative Auswirkungen haben.
Um einen Abgang - etwa zu Manchester United, das "Sport1" zufolge Interesse bekundet - in den nächsten Wochen zu verhindern, muss eine baldige Einigung über ein neues Arbeitspapier her. Nur so verhindert der FC Bayern einen zweiten Fall Alaba.
Alles hängt vom Angebot des FC Bayern ab
Doch eine Verlängerung mit Goretzka dürfte beim FC Bayern keineswegs ein Selbstläufer werden. Es wird wohl letztlich darauf ankommen, wie hoch das Angebot der Münchner ausfällt.
Dabei sei erwähnt: Zwischen Sportvorstand Hasan Salihamidzic und den Bayern-Stars verliefen die jüngsten Gespräche über Verlängerungen zumindest zäh.
Bei Kapitän Manuel Neuer mussten Fans eine gefühlte Ewigkeit warten, ehe ein neuer Kontrakt bis 2023 ausgehandelt wurde. Die Neuer-Seite soll "Sport Bild" zufolge im Mai 2020 schließlich ein Jahressalär von 20 Millionen Euro herausgeschlagen haben. Bei Identifikationsfigur David Alaba reichte angeblich ein Angebot von 19,5 Millionen Euro - inklusive Bonuszahlen - nicht aus, um diesen von seinem ablösefreien Wechsel zu Real Madrid abzuhalten.
Das sind beeindruckende Summen. Und Summen, die nun der nächsten Bayern-Generation um Goretzka als Vorlage in zukünftigen Verhandlungen dienen dürften. Goretzka holte sich für die anstehenden Gespräche mit seinem Arbeitgeber zudem Unterstützung von Spielerberater Thomas Kroth, der schon Neuers Vertrag aushandelte. Und da Goretzka aktuell "nur" rund zehn Millionen Euro pro Jahr verdienen soll, ist durchaus Luft nach oben.
Klar ist, dass der FC Bayern vermeiden will, derartige Top-Gehälter flächendeckend zu zahlen. Zumal mit Kingsley Coman ein weiterer wichtiger Spieler in einer ähnlichen Vertragssituation steckt.
Der Franzose soll nach "Sky"-Informationen aufgrund seines jetzigen Gehalts und des ersten Münchner Angebots unzufrieden sein und gar über einen Wechsel nachdenken. Er wolle in die Gehaltsphären eines Leroy Sané aufsteigen - der angeblich ebenfalls rund 20 Millionen Euro jährlich kassiert.
Leon Goretzka beim FC Bayern nur schwer zu ersetzen
Derart entschlossen dürfte Goretzka einen Abschied vom FC Bayern vorerst nicht forcieren - und dennoch kann sich der FC Bayern eigentlich nicht einmal ein kleines Risiko erlauben, ihn zu verlieren. Wie schwer die Nachbesetzung einer solch zentralen Position ist, zeigte bereits der Wechsel von Stratege Thiago zum FC Liverpool im Sommer 2020.
Der als langfristiger Ersatz verpflichtete Landsmann Marc Roca vermochte die große Lücke zumindest auf Anhieb nicht zu schließen. Frankreichs EM-Fahrer Corentin Tolisso zählte in Hansi Flicks letzter Bayern-Saison nicht zur ersten Wahl, ehe er sich schwer verletzte und lange ausfiel. In Javi Martínez hat ein anderer gelernter Mittelfeldspieler den Klub bereits verlassen. Überbesetzt ist der FC Bayern im Mittelfeld nicht, statt einen Spieler abzugeben müsste man eher einen weiteren Backup verpflichten.
Ein Blick in die Statistik der Spielzeit 2020/21 verdeutlicht zudem den Wert von Leon Goretzka. Aufgrund einiger kleinerer Verletzungen und einer Corona-Infektion absolvierte der 26-Jährige zwar nur 24 Spiele in der Bundesliga (1700 Minuten) für den FC Bayern. Zwölf direkte Torbeteiligungen sprangen für den Achter dennoch heraus.
In der Champions League sammelte er zusätzliche vier Scorerpunkte in sieben Partien. Hinzu kommen 55 Prozent gewonnene Zweikämpfe in der Liga und eine Passgenauigkeit von rund 87 Prozent.
Lange Hängepartie droht - und sogar der Abgang
Zum Vergleich: Tolisso hinkt mit einer Torbeteiligung in seinen 15 Bundesliga-Spielen (780 Minuten) und 49 Prozent gewonnenen Zweikämpfen deutlich hinterher, wenngleich die Passgenauigkeit ähnlich hoch war.
Kimmich, dessen Qualitäten im zentralen Mittelfeld unbestritten sind, kommt in 26 Liga-Spielen (2200 Minuten) auf 14 Torbeteiligungen, 55 Prozent gewonnene Zweikämpfe und auf eine Passquote von 84 Prozent.
Aus sportlicher Sicht kann der FC Bayern daher die Goretzka-Frage nur mit einem Vertragsangebot beantworten, das den Wert des Nationalspielers widerspiegelt. Liegen die Münchner Vorstellungen darunter, droht zumindest eine lange Hängepartie. Und im schlechtesten Fall ein baldiger Abschied.
Gerrit Kleiböhmer