Warum der Coman-Poker für den FC Bayern so gefährlich ist

Nachdem der FC Bayern David Alaba in diesem Sommer ablösefrei ziehen lassen musste, droht dem deutschen Rekordmeister der nächste Personal-Poker, der erschreckend viele Parallelen aufweist. Schon jetzt scheint klar: Das Geschacher um Kingsley Coman dürfte den Münchnern noch einige schlaflose Nächte bereiten.
Dass David Alaba den FC Bayern unlängst zum Nulltarif in Richtung Real Madrid verlassen hat, unterstreicht zwar, dass das in München vorherrschende Dogma der wirtschaftlichen Vernunft mit äußerster Konsequenz eingehalten wird, der ablösefreie Abgang des Leistungsträgers dürfte allerdings auch die Alarmglocken in der Geschäftsstelle an der Säbener Straße schrillen lassen. Zumal die Berichte, Alaba habe seine enormen finanziellen Wünsche außerhalb Münchens erfüllt bekommen, offenbar eine verheerende Signalwirkung haben. Das scheinen die Entwicklungen um Coman zu belegen.
Die sehr präsenten Erfahrungen aus dem Alaba-Poker im Kopf, würde der FC Bayern am liebsten Nägel mit Köpfen machen und den noch bis Ende Juni 2023 datierten Vertrag des Franzosen frühzeitig verlängern - trotz Coronakrise übrigens zu verbesserten Bezügen: Laut "Sport Bild" bieten die Bayern dem Flügelstürmer statt zwölf künftig 13 Millionen Euro brutto pro Jahr. Dennoch sollen die Verhandlungen auf Eis liegen, das Tischtuch zwischen beiden Parteien scheint bis zum Zerreißen gespannt sein.
"Sport Bild" will erfahren haben, dass die Forderungen der Coman-Seite: satte zwölf Millionen Euro netto, also knapp 20 Millionen Euro brutto, pro Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt auf wenig Gegenliebe gestoßen sein sollen. Schon vor "mehreren Wochen" habe man die Gespräche "ergebnislos abgebrochen", heißt es.
Macht Zahavi dem FC Bayern das Leben mal wieder schwer?
Bayerns Kaderplaner Marco Neppe soll seinen Unmut gegenüber Comans Vater Christian und einem langjährigen Familien-Freund, die Comans Interessen vertreten, demnach sehr deutlich Luft gemacht haben. Vor allem das Auftreten von besagtem Freund soll als "respektlos" und "arrogant" empfunden worden sein, so der Bericht.
Comans Reaktion dürfte die Lage kaum entspannt haben: Der 24-Jährige hat Starberater Pini Zahavi an seine Seite beordert. Der Mann, der letztlich auch die Verhandlungen für Alaba führte. Der Mann, der den Bayern für Robert Lewandowski einen Rekordvertrag aus dem Kreuz leierte. Der Mann, den Bayern-Stimme Uli Hoeneß als "geldgierigen Piranha" abwatschte.
Infos, mit denen sich die unlängst im Gespräch mit dem "kicker" getätigte Aussage des scheidende Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: "Ich glaube, sehr wenige Menschen haben in dieser existenziellen Krise Verständnis, wenn ein Fußballprofi schon 15 Millionen im Jahr verdient und dann mit 19,5 Millionen nicht zufrieden ist …", nicht nur als Seitenhieb gegen Alaba lesen lässt.
Dass Rummenigge mit seiner Aussage durchaus ins Schwarze trifft, beweist die zugegeben recht populistische Reaktion von Ex-Nationalspieler Mario Basler auf die Berichte um Coman.
"Wenn es darum geht, dass einer zwölf Millionen hat und dann 19 oder 20 will - dann muss ich sagen: Irgendjemand hat den Schuss nicht gehört. Wir haben Corona, das ist ganz schwierig für viele Vereine, der FC Bayern könnte dieses Geld bezahlen. Aber man muss die Spieler fragen, ob sie noch alle Latten am Zaun haben", wetterte Basler unlängst gegenüber "Sport1". Zumal Coman bereits ausfalle, "wenn ihm auf dem Platz eine Fliege ans Bein fliegt" und so lediglich 20 Spiele pro Jahr absolviere. "Er hat einen Vertrag bis 2023, den würde ich laufen lassen. Dann soll er ablösefrei gehen" oder jetzt einen "Schlussstrich ziehen", schlägt Basler den Bayern vor.
"Dann wird es keine Vertragsverlängerung beim FC Bayern geben"
Nun stimmt es, dass Coman in der Vergangenheit nicht selten vom Verletzungspech verfolgt war, zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Offensivspieler 2020/21 in 39 Pflichtspielen für Bayern auf dem Rasen stand und dabei 23 Torbeteiligungen verzeichnete.
Um jeden Preis wird Bayern den Titelgaranten (mit 24 Jahren zieren Comans Vita bereits zehn nationale Meisterschaften) aber nicht halten. "Wenn Preise aufgerufen werden, die nicht darstellbar sind, dann wird es keine Vertragsverlängerung beim FC Bayern geben", ließ Hoeneß bei "Sport1" keine Zweifel daran, dass man den Prinzipien treu bleibt. Der künftige Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn fügte hinzu: "Wir haben hier im Klub mit Blick auf wirtschaftliche Aspekte unsere klaren Vorstellungen. Deshalb bin ich, auch was Verhandlungen mit Zahavi betrifft, äußerst entspannt."
Die nach außen zur Schau getragene Gelassenheit dürfte zumindest hinter geschlossenen Türen allerdings bröckeln, sollten die Verhandlungen die Sackgasse nicht verlassen und ein ablösefreier Coman-Abgang drohen.
Auszuschließen ist aber auch nicht, dass sich die Spieler die Finger verbrennen. Die Coronakrise hat schonungslos aufgedeckt, dass der Markt auf tönernen Füßen steht. Wie lange Real und Co. die horrenden Gehälter noch zahlen können, steht in den Sternen. Die unnachgiebige Haltung des FC Bayern könnte sich in diesem Fall noch auszahlen.
Marc Affeldt