12.05.2021 12:33 Uhr

Leipzig vs. BVB: Macht, Millionen und Momentum

Im Pokalfinale treffen RB Leipzig und der BVB aufeinander
Im Pokalfinale treffen RB Leipzig und der BVB aufeinander

Trostloser Rahmen, sportliches Spektakel: Im DFB-Pokal-Finale am Donnerstag wird auch die Rolle der zweiten Macht im deutschen Fußball verhandelt. Julian Nagelsmann und Edin Terzic wollen ihren erstem Titel.

Der Rahmen ist traurig, das Feiertagsfinale ohne Erbarmen in den Kalender gequetscht. Sportlich aber verspricht der DFB-Pokal-Showdown am ungewohnten Donnerstag großes Spektakel: Borussia Dortmund und RB Leipzig ringen um den Status der zweiten Macht im deutschen Fußball, um den Sieg von Tradition oder Retorte, zwei aufregende Trainer kämpfen um ihren ersten Titel - und Erling Haaland ist auch wieder dabei.

Nicht nur für RB-Vorstandsboss Oliver Mintzlaff, der die 190 km von Leipzig nach Berlin mit dem Rennrad herunterkurbelte, ist es eine Ochsentour. "So ein Finale saugt jede Menge Energie - aber der Gewinner kann nicht mal feiern, weil er schon wieder ans Wochenende denken muss", klagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bei den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Dennoch wollen Julian Nagelsmann (33) vor seinem Abschied zu Bayern München und BVB-Trainer Edin Terzic (38) selbstverständlich den Goldpokal im geisterhaft leeren Olympiastadion stemmen. "Wenn du da bist, willst du ihn auch mitnehmen. Und mir ist vollkommen egal, gegen wen", sagte der Dortmunder Sportdirektor Michael Zorc dem "SID". Watzke und Nagelsmann bezeichneten das 78. Pokal-Endspiel seit 1935 unisono als "völlig offen".

Der psychologische Vorteil liegt beim BVB. Der Vizemeister hat in der Bundesliga einen Elf-Punkte-Rückstand auf die Champions-League-Plätze in einen kleinen Vorsprung gedreht und die Leipziger erst am Samstag 3:2 besiegt - ohne Haaland, der nach Oberschenkelproblemen wieder im Training ist. "Wir haben sie zweimal geschlagen. Sie stehen in der Liga über uns. Alles andere ist Geschwätz", sagte Zorc.

Nagelsmanns Bilanz gegen die Schwarz-Gelben ist mehr als bescheiden. Ein einziger Sieg ist ihm in elf Duellen gelungen - am 12. Mai 2018 mit der TSG Hoffenheim. "Es wird Zeit", sagt Nagelsmann vor seinem Versuch, der jüngste Siegertrainer der DFB-Pokal-Ära (seit 1953) zu werden: "Ich würde das gerne mit den Jungs feiern."

Es wäre auch die vorläufige Krönung des 2009 begonnenen Red-Bull-Projekts. 2017 war der Konflikt zwischen "Echter Liebe" und gnadenlosem Kommerz eskaliert, inzwischen ist das Verhältnis entspannter. Die Zeit "ideologischer Grabenkämpfe" sei vorbei, betont Watzke.

Terzic, momentan für die kommende Saison noch als Assistent von Marco Rose vorgesehen, wird sich RB dennoch leidenschaftlich entgegenstellen. "Wir werden alles daran setzen, den Pokal für den Verein, die Fans und alle Mitarbeiter zu gewinnen", betonte er: "Wir wollen den Pokal nicht nur angucken, sondern anfassen."

Erstmals seit 1984 wird das Finale an einem Donnerstag gespielt, 1985 fand es zuletzt nicht an einem Samstag statt. Da der ARD die Tagesschau in Pandemiezeiten verständlicherweise heilig ist, wird 45 Minuten später angepfiffen als üblich. Produziert wird in Ultra-HD - für die Schärfe im besonderen Moment: Wenn das Konfetti fliegt.

"Den Pokal gibt es seit 85 Jahren, wir haben ihn viermal gewonnen. Den holst du nicht jedes Jahr", betonte Zorc. Am Gendarmenmarkt, wo sich sonst Zehntausende in Stimmung tranken und sangen, herrscht gähnende Leere. Beide Mannschaften haben ihre Fans inständig gebeten, nicht anzureisen.

Vielleicht geht es ja im nächsten Jahr. Wenn auch im DFB-Pokal nicht mehr alles anders ist: Nach der großen Implosion des Verbandes war am Mittwoch sogar noch unklar, wer den "Pott" eigentlich dem Sieger übergibt. 

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Dortmund: Bürki - Piszczek, Akanji, Hummels, Guerreiro - Dahoud (Delaney), Can - Reyna, Reus, Sancho - Haaland (Hazard). - Trainer: Terzic

Leipzig: Gulacsi - Klostermann, Upamecano, Orban - Kampl, Sabitzer - Mukiele, Olmo, Angelino - Poulsen, Forsberg. - Trainer: Nagelsmann

Schiedsrichter: Felix Brych (München)

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