30.04.2021 11:22 Uhr

"Denkmal in Gefahr": Girondins Bordeaux steht am Abgrund

Girondins Bordeaux steht vor der Insolvenz
Girondins Bordeaux steht vor der Insolvenz

Girondins Bordeaux gehört zu den bedeutenden Traditionsklubs in Frankreich. Jetzt steht der Verein, bei dem einst viele deutsche Stars unter Vertrag standen, vor dem Ruin.

Die Zukunft von Frankreichs Fußball-Traditionsklub Girondins Bordeaux im 140. Jahr der Vereinsgründung steht in den Sternen. Die Sport-Tageszeitung "L'Equipe" titelte bereits: "Ein Denkmal in Gefahr!"

Hintergrund der dramatischen Entwicklung um die Girondins ist die Ankündigung des amerikanischen Investmentfonds King Street, seit November 2018 Mehrheitseigner des Vereins, zum Saisonende sein Engagement einzustellen.

Bordeaux-Bürgermeister Pierre Hurmic hat die Angelegenheit zur Chefsache erklärt und will sich selbst bemühen, neue Investoren an Land zu ziehen, um eine Insolvenz abzuwenden: "Die Girondins ist Teil unseres Erbes, Teil der Seele der Stadt Bordeaux. Das Rathaus hat eine Vision davon, wie der Klub in Zukunft aufgestellt sein soll."

Fans sollen Aktionäre des Klubs werden

Der neueste Plan: Eine Gruppe lokaler Unternehmer will unter Einbindung der Fans, die über eine digitale Finanzplattform Aktionäre des Klubs werden können, einen Rettungsschirm aufspannen.

Allein für diese Saison erwartet der Klub einen Verlust von 80 Millionen Euro, auch weil Trikotsponsor Bistro Regent das Handtuch geworfen hat, weil die erwarteten Fernseheinnahmen der Liga durch die Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners Mediapro von 1,2 Milliarden Euro auf 600 Millionen halbiert wurden und weil - wie überall - die Zuschauereinnahmen ausblieben. Aber da ein Investmentfonds vor allem an Rendite interessiert ist und nur in zweiter Hinsicht am Sport, dreht er eben den Geldhahn zu.

Das wird in der Tat bitter für den sechsmaligen französischen Meister, der derzeit auf Platz 16, fünf Punkte von einem Relegationsplatz entfernt, dahinvegetiert. Ob die drohende Insolvenz auch mit einem Zwangsabstieg verbunden ist, bleibt abzuwarten.

Gedanken an die glorreichen Zeiten

Wehmütig denken die Anhänger der Girondins an die glorreiche Klub-Geschichte zurück. Der 1881 gegründete Verein, dessen Name auf einer nachrevolutionären politischen Bewegung des 18. Jahrhunderts und auf dem Namen des sich hinter der Stadt bildenden Flusses beruht, dem Zusammenfluss von Garonne und Dordogne, erlebte seine goldene Ära in den 1980er Jahren.

Und es war eine Ära, die maßgeblich auch von Deutschen geprägt wurde. Der Klub hatte seinen erste Meisterschaft 1950 gewonnen. Die zweite folgte 1984, und da war der gebürtige Mannheimer Gernot Rohr schon mit an Bord.

Den harten, aber immer fairen Rechtsverteidiger hatte es 1977 von Bayern München, wo er noch mit dem heutigen Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zusammenspielte, an die Gironde verschlagen. Da "l'Allemand" Rohr so beständig und zuverlässig spielte, versuchten es die Girondins 1982 mit zwei weiteren Germanen.

Von Allofs bis Müller: Deutsche Stars bei Girondins

Europameister Caspar Memering (1982 bis 1984) wurde vom Hamburger SV geholt, Dieter Müller (1982 bis 1985) vom VfB Stuttgart. Der Mittelstürmer erzielte in seinen drei französischen Jahren in 93 Ligaspielen 43 Tore, trug wesentlich zu den Meisterschaftsgewinnen 1984 und 1985 bei.

Unvergesslich, nicht nur der Akustik wegen, wenn nach rauschenden Siegen in dem knapp 100 Meter langen Spielertunnel ein baskischer Männerchor dem baskischen Präsidenten Claude Bez seine Ständchen darbrachte.

Nach den Erfolgen mit Rohr und Müller zog Präsident Bez immer wieder die deutsche Karte. Auf Müller folgte Uwe Reinders (85 - 11/86). Als Rohr, 1987 noch einmal Meister, zwei Jahre später seine Karriere beendete, kamen Manfred Kaltz und Klaus Allofs.

Der als Rohr-Nachfolger geholte Kaltz hielt es allerdings nur drei Monate in Südwest-Frankreich aus - wahrscheinlich fehlte ihm als zentrale Anspielstation im Angriff wie beim Hamburger SV das Kopfball-Ungeheuer Horst Hrubesch...

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