21.04.2021 17:12 Uhr

Gladbachs Achterbahnfahrt: Die große Ver(un)sicherung

Führt Marco Rose Gladbach noch nach Europa?
Führt Marco Rose Gladbach noch nach Europa?

Pünktlich zum Schlussspurt hat Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga wieder in die Erfolgsspur gefunden. Das Ziel Europa ist nach vier ungeschlagenen Spiele in Folge wieder realistisch. Wie ist die Trendwende zu erklären?

Fünf Spieltage vor der Sommerpause fällt die Bewertung der Saison von Borussia Mönchengladbach immer noch schwer. Verglichen mit dem letzten Jahr ist die Corona-Spielzeit 2020/21 zweifellos eine Enttäuschung. Angesichts der Unwägbarkeiten, die in den vergangenen Monaten auf Marco Rose und sein Team einprasselten, kann aber selbst diese Spielzeit im Nachhinein noch ein (kleiner) Erfolg werden - wenn sich die Mannschaft doch noch für den Europacup qualifiziert.

Dieses Ziel geriet durch eine ungeahnte Schwächephase zwischen dem 19. und 25. Spieltag in Gefahr. Ganze zwei von 21 möglichen Punkten holten die Fohlen in diesem Zeitraum. Aus der Hoffnung auf die Champions League wurde plötzlich die Angst um Europa.

Welche Rolle spielt Roses Wechsel zum BVB?

Die Entwicklung dieser Wochen, daraus macht Marco Rose keinen Hehl, traf sein Team unvorbereitet. "Das macht etwas mit einer Mannschaft", sagte er am Dienstag, ohne darauf einzugehen, was dieses "etwas" genau ist. "Irgendwann", so der Trainer weiter, "schaltest du in den Modus, erstmal wieder Stabilität zu gewinnen". Denn nur über Ergebnisse könne man sich Vertrauen zurückholen.

Nun blieben besagte Ergebnisse aber lange Zeit aus. Sechs Wochen, um genau zu sein. Sechs Wochen, in denen Gladbach den Anschluss nach oben verspielte. Steht diese Entwicklung mit dem Wechsel von Rose zum BVB in Verbindung? Der zeitliche Zusammenhang lässt es zumindest vermuten. Fakt ist: Die Unruhe rund um seine Person sorgte für Verunsicherung im sonst so seriös und ruhig geführten Klub.

Aus einem Punkt Rückstand werden elf

In der Mannschaft, so viel lässt sich rückblickend sagen, hinterließ Roses angekündigter Abschied offenkundig Spuren. Die Offensive, die etwa beim 3:2 gegen Bayern (15. Spieltag) oder dem 4:2 gegen den BVB (18. Spieltag) noch groß aufspielte, wirkte gehemmt. Weder bei Kontern noch bei Standards, sonst die große Stärke der Fohlen, zündeten die Ideen des Trainers.

Die Defensive, die schon in den Wochen vor der Krise immer für ein Gegentor gut war, fand auch keinen Weg, die fehlenden Tore von Pléa, Thuram, Stindl und Co. zu kompensieren. Und so kam schließlich eins zum anderen. Auf ein enttäuschendes Ergebnis folgte das nächste, aus einem Punkt Rückstand auf die Champions-League-Plätze wurden bis zum 25. Spieltag elf Punkte. 

Gladbach hat "zu viele Punkte liegen lassen"

"Wir haben zu viele Punkte aus unterschiedlichen Gründen liegen lassen", sagte Rose mit Blick auf die Krise. Nun wolle er aber "schnell einen Haken" an die Geschichte machen: "Jetzt geht es darum, das zu bestätigen, was wir uns die letzten drei, vier Spiele erarbeitet haben." Und das ist immerhin die Chance, eine eher mäßige Saison doch noch erfolgreich zu beenden.

Die Trendwende leiteten die Fohlen am 26. Spieltag mit einem 3:0-Sieg gegen den FC Schalke, den dankbarsten aller "Gegner", ein. Es war keine berauschende, aber eine ordentliche Leistung, die dem Team den ersten Dreier nach neun sieglosen Pflichtspielen in Folge bescherte - und das angekratzte Selbstvertrauen stärkte.

Eine Woche später drehte die Mannschaft einen 0:1-Rückstand gegen den SC Freiburg (2:1), sieben Tage danach erkämpfte sich die Borussia trotz 77-minütiger Unterzahl ein 2:2 in der Hauptstadt. Das beeindruckende 4:0-Statement gegen Eintracht Frankfurt war der vorläufige Höhepunkt des dringend benötigten Hochs. Gegen die Hessen demonstrierten die Fohlen eine Sicherheit, von der über viele Wochen nichts zu spüren war. 

Woher kommt das neue Gladbacher Selbstbewusstsein?

Warum die Mannschaft das neue, alte Selbstbewusstsein seit einigen Spielen wieder auf den Platz bringt, ist kaum zu beantworten. Womöglich hat es damit zu tun, dass die Spieler durch die feststehende Verpflichtung von Adi Hütter zur neuen Saison wieder ein Stück weit Planungssicherheit haben. Dieses Thema wurde in der Kabine ganz sicher heiß diskutiert. Nicht auszuschließen, dass einige Spieler sogar ihre Zukunft im Verein von der T-Frage abhängig machten. Umso wichtiger für den Klub, dass nach Wochen der Ungewissheit endlich Klarheit herrscht.

Auch Marco Rose ist während der Krise gewachsen. Die schwere Phase, in der er täglich Gegenstand neuer Schlagzeilen war, hat den 44-Jährigen mitgenommen. "Es ist einfach wichtig, mit solchen Situationen richtig umzugehen. Wenn du natürlich jeden Tag öffentlich gewertet wirst, dann macht das was mit dir, keine Frage", sagt er: "Was ich mitgenommen habe, ist, dass es sich immer lohnt, die Nerven zu behalten und ruhig zu bleiben."

Jene Ruhe werden die Fohlen auch in den letzten Spielen der Saison brauchen, um das Minimalziel Europa doch noch zu erreichen und für einen versöhnliches Ende von ungewohnt turbulenten Monaten zu sorgen. 

Christian Schenzel

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