05.03.2021 17:47 Uhr

Schalke und das "Huntelaar-Problem"

Dimitrios Grammozis (M.) soll den FC Schalke 04 retten
Dimitrios Grammozis (M.) soll den FC Schalke 04 retten

Vor dem Abstiegs-Endspiel gegen Mainz 05 am Freitag (18:30 Uhr) herrscht dank Dimitrios Grammozis leise Aufbruchsstimmung beim FC Schalke. Neben zahlreichen weiteren Baustellen stellt sich dem neuen Trainer allerdings die Frage, auf welche Spieler er im Endspurt der Saison setzen sollte. Haben Schalke und Grammozis ein "Huntelaar-Problem"?

Als echter Hoffnungsträger taugte Klaas-Jan Huntelaar bei seiner Rückkehr zum FC Schalke 04 im Januar nur bei den größten Fußball-Romantikern. Die Skeptiker, von denen es im Schalker Umfeld einige gab, behielten Recht. Bislang stand der 37-Jährige nur zehn Minuten für seine alte Liebe auf dem Platz, am 19. Spieltag im Auswärtsspiel bei Werder Bremen (1:1).

Zwar gehe es Huntelaar, der nach Wadenproblemen seit einigen Wochen an einem Muskelfaserriss laboriert, "peu a peu besser", sagte Trainer Dimitrios Grammozis am Donnerstag. Wann der Angreifer wieder zur Verfügung steht, ist aber offen.

Kehrt Huntelaar in naher Zukunft tatsächlich zurück, würde sich dadurch Grammozis' Dilemma verschärfen. Denn schon jetzt muss sich die Personalauswahl des fünften Schalker Chefcoaches der laufenden Spielzeit zwischen einer Zukunftsperspektive und der aktuellen sportlichen Situation bewegen.

FC Schalke 04: 13 Verträge laufen im Sommer aus

Deutlich wird dieses Problem beim Blick auf den Schalker Kader: 13 Profis haben Stand jetzt keinen Vertrag für die kommende Saison beziehungsweise kehren nach Leih-Geschäften zu ihren Stammvereinen zurück. Zahlreiche weitere Spieler haben aus sportlichen und finanziellen Gründen ebenfalls keine Zukunft auf Schalke - erst recht, sollte das Wunder Klassenerhalt wie erwartet nicht zu schaffen sein.

Grammozis ist angesichts dieser Gemengelage nun gefragt. "Die wichtigste Aufgabe" für den neuen S04-Coach sei es "den Kader auszusieben und ihn einem Charaktertest zu unterziehen", erklärte Stefan Effenberg bei "t-online" und forderte mit Blick auf Huntelaar, aber auch auf die ebenfalls im Winter verpflichteten Sead Kolasinac und Shkodran Mustafi "harte Entscheidungen". Grammozis solle auf "Ergänzungs- und Nachwuchsspieler setzen, die ihre Zukunft auf Schalke sehen" und sich "von den Spielern trennen, die sich im Sommer verabschieden wollen", so der Vize-Europameister von 1992.

Das ist leichter gesagt als getan. Beim 1:5 in Stuttgart am vergangenen Wochenende, dem letzten Spiel unter Grammozis' Vorgänger Christian Gross, standen fünf Spieler in der Startelf, deren Verträge in Gelsenkirchen im Sommer enden. Dazu gesellten sich mit Ex-Kapitän Omar Mascarell, Nationalspieler Suat Serdar und Spielmacher Amine Harit mindestens drei Wackelkandidaten, die in der 2. Bundesliga wohl nicht zu halten wären.

Große Personalsorgen beim FC Schalke 04

Aus der Not könnte Grammozis in den kommenden Wochen eine Tugend machen. Für die richtungsweisende Partie gegen Mainz, den letzten Strohhalm der Schalker Nichtabstiegs-Hoffnungen, muss der 42-Jährige neben Huntelaar auch auf Ralf Fährmann, Matija Nastasic, Nassim Boujellab, Salif Sané, Mark Uth, Steven Skrzybski, Kilian Ludewig und Nabil Bentaleb verzichten.

Den Kader will Grammozis mit Akteuren aus der U23 und U19 auffüllen. "Man weiß, dass dort sehr gute Spieler sind, die ich bedenkenlos bei mir einplanen kann", sagte er.

Spielt sich das ein oder andere der neuen Gesichter in den Vordergrund, bekäme Grammozis womöglich neue Optionen für die kommenden Wochen. Denn derzeit sind Spieler wie Kolasinac und Mustafi trotz durchwachsener bis schwacher Leistungen eigentlich unantastbar - und das, obwohl auch sie zu denjenigen gehören, die Schalke bei einem Abstieg wohl den Rücken kehren würden.

Wer sind die Hoffnungsträger beim FC Schalke 04?

Spieler mit Zukunftsperspektive, die Fans und Verantwortlichen der Knappen Hoffnung machen, sind im aktuellen Team bislang rar gesät.

Matthew Hoppe (19) wäre so einer, zumal der US-Amerikaner seinen Vertrag kürzlich explizit ligaunabhängig bis 2023 verlängerte. Innenverteidiger Malick Thiaw (19) gehörte zuletzt unter Gross wieder zum Stammpersonal. Auch Spielmacher Can Bozdogan (19) stand immerhin regelmäßig im Spieltagskader und schnupperte vor allem in der Hinrunde einige Minuten Bundesligaluft.

Dazu kommen mit den Mittelfeldspielern Levent Marcan (20) und Hakan Calhanoglus Cousin Kerim (18) weitere Talente, die schon seit längerem im Dunstkreis des Profi-Teams sind.

Für Grammozis wird es nun darum gehen, auf der einen Seite die Saison seriös (und möglichst erfolgreich) zu Ende zu bringen und auf der anderen Seite den Neuaufbau voranzutreiben. Dass dieser unabhängig von der Ligazugehörigkeit notwendig ist, bestreitet auf Schalke niemand mehr - und wohl auch nicht, dass er mit Spielern wie Klaas-Jan Huntelaar nicht zu schaffen ist.

Tobias Knoop

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