11.02.2021 15:08 Uhr

Tolisso: Das ewig uneingelöste Versprechen des FC Bayern

Corentin Tolisso konnte sich keinen Stammplatz beim FC Bayern erkämpfen
Corentin Tolisso konnte sich keinen Stammplatz beim FC Bayern erkämpfen

Als Rekordtransfer und neuer Hoffnungsträger für das Mittelfeld wurde Corentin Tolisso 2017 vom FC Bayern verpflichtet. Doch der Franzose kam nie über die Rolle eines Rotationsspielers hinaus. Der Weltmeister bleibt ein uneingelöstes Versprechen.

Als "hochinteressanten Wunschspieler" (Karl-Heinz Rummenigge) stellte der FC Bayern Corentin Tolisso im Sommer 2017 als Neuzugang vor. Für die damalige Vereins-Rekordablösesumme von 41,5 Millionen Euro wechselte der Mittelfeldmann von Olympique Lyon an die Säbener Straße.

Rund vier Jahre später ist der Vorstandschefs der Münchner weniger entzückt. "Tolisso hat im Sommer noch ein Jahr Vertrag", sagte Rummenigge mit Blick auf das 2022 auslaufende Arbeitspapier des 26-Jährigen zu "Sport 1" und stellte nüchtern klar: "Entweder verlängern wir den Vertrag oder müssen eine Lösung finden. Diese beiden Optionen liegen auf dem Tisch. Ich kann weder die eine noch die andere ausschließen." Ein Werben um eine weitere Zusammenarbeit klingt anders.

Dass der FC Bayern nicht gerade scharf darauf ist, mit Tolisso zu verlängern, liegt auf der Hand. Top-Leistungen konnte der 26-Jährige im Bayern-Dress nur selten abrufen. Meist pendelt der oft von Verletzungen zurückgeworfene Profi zwischen Bank und Spielfeld.

Nur sechs Mal durfte Tolisso in dieser Saison unter Cheftrainer Hansi Flick in der Bundesliga von Beginn an ran, über die vollen 90 Minuten stand er kein einziges Mal auf dem Platz. In der Champions League wurde er da schon mehr berücksichtigt, absolvierte in der Königsklasse immerhin die Hälfte der möglichen Spielzeit und steuerte beim 4:0-Heimsieg gegen Atlético Madrid seinen bis dato einzigen Saisontreffer bei.

Kein Vorbeikommen an Kimmich und Goretzka

Nach dem Tor gegen Atlético hatte Flick noch von Tolisso geschwärmt: "Man spürt, dass er Spaß am Fußball hat. Ich bin froh, dass er das Tor geschossen hat, das gibt ihm Selbstvertrauen. Er hat diese Qualität, gute Abschlüsse aus der zweiten Reihe, aber auch in die Box zu gehen. Zudem ist er sehr laufstark."

Doch das Hoch hielt nur kurz an. An den beiden Stammspielern Leon Goretzka und Joshua Kimmich kam Tolisso in seiner gesamten Zeit beim FC Bayern nicht wirklich vorbei. Auch seine letzte Bewährungschance, als Kimmich Ende des Jahres verletzt ausfiel, konnte der französische Nationalspieler nicht nutzen. 

Bei der Klub-WM in Katar folgte der nächste Tiefschlag. Den auf das Coronavirus positiv getesteten Goretzka durfte nicht etwa Tolisso ersetzen. Neuzugang Marc Roca erhielt stattdessen im Halbfinale gegen Al Ahly (2:0) den Vorzug - und spielte dabei auch noch stark auf.

Thiagos Fußstapfen sind zu groß

Das Problem des Franzosen liegt auf der Hand: Tolisso offenbart immer wieder defensive Schwächen, wie zum Beispiel beim 4:1-Sieg gegen Arminia Bielefeld, als er nach einem unnötigen Foul an Fabian Klos Rot sah. "Das war blöd", urteilte Flick damals knallhart.

Dabei hatten die Verantwortlichen des FC Bayern vor der Saison noch große Hoffnungen in Tolisso gesteckt und fest daran geglaubt, dass dem Mittelfeldmann endlich der Durchbruch gelingt.

Für den zum FC Liverpool gewechselten Thiago verzichteten die Münchner auf eine Verpflichtung eines adäquaten Ersatzmannes. "Es muss nicht zwangsläufig sein, dass wir auf der Position noch etwas machen", sagte Rummenigge der "AZ" und betonte mit Blick auf Tolisso: "Er ist Weltmeister, ein Spieler, der die Rolle anders interpretiert als Thiago. Coco ist sehr gefährlich vor dem Tor. Wir haben die Hoffnung, dass Coco viel Qualität in unser Spiel bringt."

Doch das gelang Tolisso viel zu selten. Laut "kicker" und "Sport Bild" ist der FC Bayern bereit, den Rechtsfuß bei einem entsprechenden Angebot ziehen zu lassen. Nach "Sport 1"-Informationen liegt die Schmerzgrenze bei 20 Millionen Euro.

Im Sommer wäre schließlich die letzte Gelegenheit, eine ordentliche Ablösesumme für den französischen Weltmeister zu generieren. Juventus Turin wird als potenzieller Abnehmer gehandelt.

Tolisso sorgt mit Tattoo-Aktion für Wirbel

Zu den sportlich schwachen Leistungen kommen noch Fehltritte abseits des Platzes hinzu. Inmitten der Pandemie ließ sich Tolisso illegalerweise ein Tattoo stechen und zog damit den Zorn der Vereinsbosse auf sich. "Dieser Verstoß ist sehr ärgerlich und auf keinen Fall zu tolerieren", rüffelte ihn Rummenigge. Vorstand Oliver Kahn betonte: "Dass das mehr als unglücklich war, das versteht er selber. In diesem Umfeld haben wir natürlich eine Vorbildfunktion. Wenn man der nicht gerecht wird, dann hat das große Folgen."

Die Zeichen zwischen Tolisso und dem FC Bayern stehen im Sommer also mehr denn je auf Abschied. Zahlreiche Chancen, seine Klasse nachhaltig unter Beweis zu stellen, konnte der Franzose nicht nutzen. Zeit, daran etwas zu ändern, bleibt kaum noch. Ein Abgang als ewig uneingelöstes Versprechen steht bevor.

Lissy Beckonert

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