Kieler Störche auf der Überholspur

Aufstieg oder Pokalfinale? Ole Werner lächelte kurz, doch locken ließ er sich nicht. Natürlich nicht. "Das ist kein Wunschkonzert", sagte der Trainer von Holstein Kiel mit ruhiger Stimme: "Wir versuchen einfach, Aufgabe für Aufgabe uns gut vorzubereiten auf das jeweils nächste Spiel. Und dann wird man am Ende sehen, wozu es reicht."
Die Hände lagen gefaltet vor ihm, stoisch der Blick - es war ein typischer Werner. So unaufgeregt der Coach nach dem 2:0-Erfolg seiner Störche bei Fortuna Düsseldorf daherkam, so cool spult Holstein momentan sein Pensum ab. Dem Sprung ins Viertelfinale des DFB-Pokals folgten die nächsten Big Points in der 2. Liga.
"Die drei Punkte nehmen wir gerne mit, aber der Blick geht nach vorne", sagte Werner. Wirft man einen geschärften Blick auf die Situation im Fußball-Unterhaus wird schnell klar: Die Kieler, als Dritter nur noch zwei Punkte hinter dem Tabellenführer Hamburger SV, dürften bis zum Ende ein ernsthafter Kandidat für den Aufstieg bleiben.
"Vom Ergebnis ist es perfekt für uns"
Mit Düsseldorf, das seine erste Heimniederlage in der laufenden Saison einstecken musste, haben die Norddeutschen einen direkten Kontrahenten nun schon auf sieben Punkte distanziert. "Wir müssen anfangen, Spiele zu gewinnen", sagte Fortuna-Coach Uwe Rösler angesichts der vierten sieglosen Partie in Serie.
Gründe für den Kieler Höhenflug gibt es unterdessen einige. 19 Gegentore nach 20 Spielen bedeuten einen Liga-Bestwert, vor allem aber besticht die Kieler Sportvereinigung Holstein mit ihrer beispiellosen Auswärtsstärke. Sechs Siege, vier Remis und das bei lediglich fünf Gegentoren - das sucht im gesamten deutschen Profifußball derzeit seinesgleichen. Die Mannschaft zehrt zudem noch immer vom sensationellen Pokal-Coup gegen den großen FC Bayern (8:7 im Elfmeterschießen).
Doch Werner ficht das alles nicht an. Ein "sehr reifes" Spiel habe sein Team in Düsseldorf gemacht. "Vom Ergebnis ist es perfekt für uns", sagte der Trainer, betonte dann aber auch "Dinge, die man von der Leistung verbessern" könne. Vor allem zwischen den Strafräumen habe man "eine ganze Menge nicht gut gemacht".
Kiel und der Masterplan
Wie dem auch sei: Die beachtliche sportliche Situation ist das Ergebnis kontinuierlicher und bodenständiger Arbeit. Die Entwicklung wurde bereits vor dem Aufstieg 2016/17 angestoßen und setzt sich im Bundesliga-Unterhaus weiter fort. Holstein hat nicht nur in Namen investiert, sondern auch stets die Infrastruktur im Blick gehabt. Mittlerweile verfügt der Klub über ein modernes Trainingszentrum, und das einst verstaubte Stadion gleicht mit neuer Tribüne immer mehr einem Schmuckkästchen.
Die Kieler haben ihren Masterplan mit wechselndem Personal konsequent verfolgt, Sportchefs und auch Trainer wurden aus dem hohen Norden immer wieder abgeworben - doch der Erfolg ist geblieben. Und könnte in diesem Jahr alles zuletzt Gewesene übertreffen. Zum einen winkt der erste Aufstieg in die Bundesliga, zum anderen stehen im DFB-Pokal alle Wege offen: Anfang März tritt Holstein im Viertelfinale beim Viertligisten Rot-Weiß Essen an.
Doch danach steht Trainer Werner und seinen Störchen noch längst nicht der Sinn.