Trotz Rumpel-Bilanz: Terzic-Verbleib mangels Alternative?

Edin Terzic ist seit Mitte Dezember Cheftrainer bei Borussia Dortmund. Seit dieser Zeit hat der BVB weniger Punkte geholt als zuvor in der Saison unter Lucien Favre, hat sich in der Tabelle verschlechtert, schießt weniger Tore und spielt inkonstanteren Fußball. Mit welcher sportlichen Berechtigung wird der Trainer-Novize also überhaupt noch im Amt gehalten?
Die sportliche Führung von Borussia Dortmund wurde in den Tagen nach der peinlichen Pleite beim SC Freiburg (1:2) nicht müde, Coach Terzic den Rücken zu Stärken und das Vertrauen auszusprechen: "Es gibt überhaupt keine Kritik an seiner Arbeit", stellte Sebastian Kehl als Leiter der Lizenzspielerabteilung klar.
Sportdirektor Michael Zorc betonte in der "Bild" ebenfalls, davon überzeugt zu sein, "dass wir es mit Edin packen". Stattdessen nahm er sich das Team zur Brust. Allen voran die vermeintlichen Anführer um Kapitän Marco Reus, Mats Hummels oder Julian Brandt, die seit Wochen negativ mit großen Formschwankungen und Fehleranfälligkeiten auffallen.
Doch wie gehaltvoll sind diese Aussagen der Bosse überhaupt? Oder geht es nicht vielmehr einzig und alleine darum, die Atmosphäre und die Stimmung innerhalb der Mannschaft sowie im ungeduldiger werdenden Dortmunder Umfeld möglichst ruhig zu halten?
Terzic ohne Zukunft über den Sommer hinaus
Klar dürfte sein, dass Terzic über das Saisonende hinaus keine Zukunft mehr als Cheftrainer bei den Schwarz-Gelben hat. Die sportliche Berechtigung dafür gibt es schlichtweg nicht mehr. Der 38-Jährige mag von seiner Erscheinung, seiner Ansprache und seinem Verständnis noch so geeignet für den Job anmuten: Die Ergebnisse reichen nicht für eine weitere Saison auf dem Trainerstuhl.
Platz vier ist das Minimalziel der Borussia gewesen, Platz sechs ist es aktuell. Und mittlerweile gehört schon einiges an Fantasie dazu, wie die Westfalen in den kommenden Wochen noch vier respektive sechs Punkte auf Eintracht Frankfurt und VfL Wolfsburg gut machen wollen, die nach dem enteilten Spitzenreiter FC Bayern München wohl den derzeit besten Fußball in der Bundesliga spielen.
Die Pleiten unter Terzic gegen Union Berlin, Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und den SC Freiburg verliefen alle nach dem gleichen Muster: Am Ende fehlte es dem BVB besonders offensiv an Ideen, Mut und Leichtigkeit. Besonders ablesbar ist das an Spielführer Marco Reus. Der 31-Jährige erhält Woche für Woche das Vertrauen seines Cheftrainers, doch die Verunsicherung und Fehlerquote werden eher größer als kleiner.
Defensiv sind die Borussen trotz vermeintlich herausragender Einzelspieler (Hummels, Can, Guerreiro, Akanji) nicht in der Lage, Stabilität in den Laden zu bekommen. Seit Oktober hat die Mannschaft nur ein einziges Mal zu Null gespielt. Selbst die Kellenkinder Mainz 05 oder Arminia Bielefeld sind da erfolgreicher gewesen.
Dazu kommt eine fast unerklärliche Schwäche bei Standardsituationen, die in den letzten Wochen mal mehr oder mal weniger ins Kontor schlug. Wie angespannt das Nervenkostüm bei den Protagonisten mittlerweile ist, wird bei den Statements nach den Spielen mehr als deutlich.
Schlägt die Stimmung auch innerhalb des Team um?
Trotz aller Widrigkeiten genießt Edin Terzic praktisch eine Job-Garantie bis zum Sommer. Alle Fakten sprechen dabei gegen den charismatischen Mendener, der auf der zwischenmenschlichen Ebene bis zuletzt noch gut mit seiner Startruppe konnte. Allerdings soll auch innerhalb des Teams die Kritik am Übungsleiter gewachsen sein. Sein Umgang mit Niederlagen sei nach Ansicht mehrerer Spieler zu lasch, die Aufarbeitung der Fehlerquellen zu schonend, hieß es in einem jüngsten "Sport1"-Bericht.
Terzics Punkteschnitt (1,44) ist beispielsweise im Vergleich zu Peter Bosz (1,47) oder Lucien Favre (1,72 in 2020/2021), zwei Trainer, die vorzeitig gehen mussten, schlechter. Dennoch wird er das Dortmunder Schiff bis zum Ende steuern dürfen, selbst wenn Platz vier nicht dabei herausspringt.
Die Dortmunder Vereinsbosse halten weiterhin an ihrem Plan A fest. Terzic soll irgendwie die Champions-League-Qualifikation retten, irgendwie in den letzten 14 Bundesliga-Spielen noch die Kurve bekommen. Einen weiteren Trainerwechsel soll es auf keinen Fall geben. Ein neuer Coach wäre eh nur ein erneuter Platzhalter für den Wunschkandidaten. Dieser ist und bleibt Marco Rose, der bei Borussia Mönchengladbach einer der härtesten Konkurrenten im Rennen um die Königsklassen-Ränge ist.
Dreht sich die Spirale so weiter wie bisher, schwinden allerdings die Argumente, warum sich Rose überhaupt für einen Wechsel innerhalb NRWs entscheiden sollte. Das Szenario, dass die Dortmunder das internationale Geschäft in Gänze verfehlen, die Fohlenelf hingegen erneut in die Champions League einzieht, ist seit Rückrundenstart beileibe nicht unwahrscheinlicher geworden.
Wie es dann beim BVB auf dem Trainerposten weitergehen könnte, ist Stand jetzt noch überhaupt nicht abzusehen. Beim Verpassen der Europa-League-Plätze hätten die Dortmunder dann allerdings auch noch ganz andere Baustellen zu bestellen...
Mats-Yannick Roth