16.01.2021 07:36 Uhr

Rassismus-Eklat! Union-Sieg gegen Bayer wird zur Nebensache

Nadiem Amiri (li.) wollte sich nach Abpfiff nicht beruhigen lassen
Nadiem Amiri (li.) wollte sich nach Abpfiff nicht beruhigen lassen

Nach den Rassismus-Anschuldigungen von Bayer Leverkusens Nationalspieler Jonathan Tah wegen einer Beleidigung seines Kollegen Nadiem Amiri hat Union Berlins Trainer Urs Fischer schnell eine Aufklärung der Vorwürfe angekündigt.

"Ich kann es nicht beweisen, ich werde das ansprechen, wir werden versuchen, das zu klären", versprach der Coach des Überraschungsteams der Bundesliga unmittelbar nach dem nächsten sportlichen Coup der Eisernen beim 1:0 gegen die Werkself am späten Freitagabend.

Drama auf dem Feld wird zur Nebensache

Der Wirbel um die angeblichen verbalen Anfeidungen gegen Bayer-Profi Amiri durch einen Union-Spieler überlagerten das dramatische Ende des Bundesliga-Topspiels im Stadion an der Alten Försterei und sorgen für neue Brisanz in der Rassismus-Debatte auch im deutschen Fußball. Cedric Teuchert hatte erst kurz vor Schluss (88. Minute) getroffen.

Noch auf dem Platz hatte Fischer versucht, den aufgebrachten Amiri zu beruhigen. Nur durch die anschließenden klaren Worte von Tah im "DAZN"-Interview wurde der Vorfall in seiner Tragweite publik. "Scheiß Afghane", soll ein Union-Profi dem deutschen Nationalspieler Amiri entgegengerufen haben. Auf TV-Bildern ist zu sehen, wie sich der 24-Jährige aufgebracht mit mehreren Kontrahenten unterhält. Gestik und Mimik aller Beteiligten verdeutlichen die angespannte Stimmung.

Noch in den Kabinen soll es nach dem Spiel zu Klärungsversuchen und Gesprächen der Beteiligten gekommen sein. Union Berlin stehe klar für Anti-Rassismus, verdeutlichte Kommunikationschef Christian Arbeit. "Wir entschuldigen uns dafür, wenn das so gefallen ist. Es tut uns leid, das möchten wir gerne auch hier nochmal den Gästen mitgeben", betonte der Pressesprecher.

Fischer will sich nun ein genaues Bild machen, Gespräche mit seinen Spielern führen. Zur Tagesordnung will man in Berlin-Köpenick jedenfalls nicht übergehen. Diese Reflexion war zuletzt im Profisport beim heiklen Thema Rassismus eher unüblich. "Ich höre von beiden Seiten, dass da Worte gefallen sind. Ich möchte das in Ruhe klären und nicht was erzählen, was ich nicht weiß", betonte der Schweizer. "Solche Dinge haben auf dem Fußballplatz nichts verloren. Von daher gilt es sicherlich, das aufzuarbeiten."

"Ich glaube, dass wir da noch einiges zu lernen haben"

Amiri, dessen Eltern in den 80er Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kamen, soll nach dem Spiel aufgelöst in der Kabine gesessen haben. Er selbst äußerte sich öffentich noch nicht. Kerem Demirbay, der die angebliche Beleidigung seines Freundes Amiri nicht direkt kommentieren wollte, machte Schiedsrichter Florian Badstübner den Vorwurf, die Situation nicht adäquat im Blick gehabt zu haben. Die Beschreibung des Referees im Spielbericht ist mitentscheidend für eine Begutachtung des Falls durch den DFB-Kontrollausschuss.

Die sportlichen Aspekte eines am Ende dramatischen Fußball-Abends gerieten durch die Debatte um die Vorwürfe in den Hintergrund. Union Berlin ließ nach dem FC Bayern (1:1) und Borussia Dortmund (2:1) auch den nächsten Topklub verzweifeln und hat sich als vorläufiger Tabellenvierter zwischen den Branchenführern etabliert. "Auf Augenhöhe" mit den Großklubs sieht Fischer seine Eisernen aber noch lange nicht. "Ich glaube, dass wir da noch einiges zu lernen haben."

Bayer-Coach Bosz bewertet die Entwicklung der Berliner auf dem möglichen Weg in den Europacup anders. "Union ist absolut ein Konkurrent. Wann man nach den Punkten guckt, es ist noch ein Punkt, dann sind sie an uns dran". Seinem eigenen Team wollte er trotz des vierten sieglosen Liga-Spiels und dem verpassten Sprung auf Platz zwei nur einen Vorwurf machen: "Wenn man das Spiel nicht gewinnen kann, dann muss man es wenigstens nicht verlieren."

 

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