15.12.2020 12:12 Uhr

Die merkwürdigen Auftritte des Jens Lehmann

Jens Lehmann sorgt für Wirbel bei Hertha BSC
Jens Lehmann sorgt für Wirbel bei Hertha BSC

Schon als Spieler war Jens Lehmann kein Kind von Traurigkeit. Doch auch abseits des Rasens polarisiert der frühere Nationaltorwart.

Jens Lehmann hatte diesmal keinen Gegner an den Haaren gezogen, keinen Schuh weggeworfen oder hinter eine Werbebande gepinkelt. Der frühere Nationaltorhüter und WM-Held tippte einfach ein paar Worte ins Internet - und löste große Aufregung aus. Mit seinem Tweet über das Coronavirus, den er rasch wieder löschte, polarisierte der Aufsichtsrat von Hertha BSC wieder einmal heftig. Wie schon so oft.

Am vergangenen Wochenende setzte der 51-Jährige, der bereits selbst an Corona erkrankt war, das mitunter tödliche Virus in besagter Kurznachricht mit einer herkömmlichen Grippe gleich. "In Deutschland hatten wir 2017 wegen einer aggressiven Grippe 23.000 Tote zu beklagen. Niemand hat das überhaupt wahrgenommen", schrieb Lehmann: "Nun werden wir bald die gleiche Todesrate von 0,028 Prozent unserer Bevölkerung zu beklagen haben."

Das kam öffentlich überhaupt nicht gut an und zwang den Ex-Keeper dazu, den Tweet im Anschluss wieder zu entfernen. Sein bislang letzter Post lautet nun: "Wir müssen die Alten und die Risikogruppen besser schützen, damit die Fallzahlen nicht ansteigen." Daraus wird ihm niemand einen Strick drehen, aber der vorige Tweet bleibt natürlich im Gedächtnis, das Internet vergisst nicht.

Auch weil Lehmann bereits im Frühjahr die Zuschauerrückkehr forderte, als an Fans in Arenen noch gar nicht zu denken war. Er sinnierte damals im Sport1-Doppelpass über 20.000 Anhänger, die man doch in die Münchner Allianz Arena hineinlassen könne. Das wurde belächelt, weil es zeitlich deplatziert war. Schließlich wurden im September wieder Fans zu Tausenden für Bundesliga-Spiele zugelassen.

Lehmann, der als Torwart von Schalke 04, Borussia Dortmund und dem VfB Stuttgart wegen verschiedener Eskapaden berüchtigt gewesen und in der Bundesliga fünfmal vom Platz geflogen war, fehlte in beiden Fällen anscheinend das richtige Feingefühl für Timing beziehungsweise Tonalität. Dabei ist das in seinem neuen Job gefragt.

Nach seiner kurzen Episode als Co-Trainer beim FC Augsburg 2019 berief ihn Hertha-Investor Lars Windhorst im vergangenen Mai in den Aufsichtsrat der ausgegliederten Profiabteilung der Berliner. Als Nachfolger des auf ganzer Linie gescheiterten Jürgen Klinsmann soll er als sportlicher Berater Windhorsts dienen, der mit seiner Firma Tennor viele Millionen Euro in Hertha pumpte.

Lehmann kassiert Rüffel von Hertha-Präsident Gegenbauer

In dieser Rolle verlieh er den Visionen Windhorsts Ausdruck. "Das Ziel ist allen bei Hertha BSC klar. Und das heißt Qualifikation für den europäischen Fußball", sagte Lehmann der "Sport Bild" und holte sich schnell einen Rüffel ab. Hertha-Präsident Werner Gegenbauer machte klar, dass Lehmann "über und nicht für Hertha BSC" spreche. Geschäftsführer Michael Preetz bezeichnet den Austausch mit Lehmann kürzlich als "völlig in Ordnung".

Wie genau Lehmann das operative Geschäft überwacht, welchen Input er gibt - das bleibt ein Rätsel. Als Gast im "Doppelpass" beantwortete er Anfang Dezember nur widerwillig Fragen zu Hertha. "Ich bin gesetzlich verpflichtet, dass ich keine Auskunft geben darf", sagte er dort: "Deswegen war ich nicht darauf vorbereitet, dass ich hier über Hertha irgendwas großartig erzählen soll."

Er lobte lediglich die Verantwortlichen und prognostizierte eine rosige Zukunft: "Der Weg wird auf lange Sicht nach oben führen. Das Investment ist nachhaltig. Lars Windhorst ist nachhaltig motiviert."

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