16.09.2020 17:35 Uhr

Das sind die Baustellen von Hertha BSC

Hertha BSC flog in Braunschweig aus dem DFB-Pokal
Hertha BSC flog in Braunschweig aus dem DFB-Pokal

Bitter, blamabel, beschämend: Nach dem Erstrunden-Aus im DFB-Pokal gegen Zweitliga-Aufsteiger ist Hertha BSC schon vor dem Bundesliga-Start im Krisenmodus. Was sind die größten Baustellen des selbsternannten "Big City Clubs"? Was lief in den letzten Wochen falsch?

Baustellen von Hertha BSC: Die Krux mit den großen Namen 

Hertha BSC denkt groß, Hertha BSC will groß sein: Seit den millionenschweren Investitionen von Gesellschafter Lars Windhorst, die sich mittlerweile auf ein Gesamtvolumen von über 370 Millionen Euro belaufen, träumen die Protagonisten und Anhänger des Traditionsvereins von großen Transfers und prominenten Namen in der Hauptstadt.

Doch daraus wurde in der laufenden Transferperiode bislang (schon wieder) nichts. Ex-Freiburg-Keeper Alexander Schwolow, der Niederländer Deyovaisio Zeefuik oder zuletzt Sturmtank Jhon Córdoba vom 1. FC Köln sind sicherlich ordentliche Bundesliga-Spieler. Von europäischem Top-Niveau sind sie aber (noch?) ein ganzes Stück entfernt.

Im Winter geisterten die Namen Mario Götze und Granit Xhaka, also verdiente Spieler mit jahrelanger Champions-League- und Nationalmannschafts-Erfahrung, durch das Olympiastadion. An Julian Draxler soll ebenfalls Interesse bestehen. Gekommen ist von den Spielern dieser Kragenweite bislang niemand.

Zu hohe Ablöse, zu viel Gehalt, zu schlechte sportliche Perspektive: Die Gründe wiederholen sich, warum es den Hertha-Bossen um Manager Michael Preetz bisher nicht gelang, einen wirklichen Topstar an die Spree zu holen. 

Auch Rekordtransfer Lucas Tousart, der bereits im Winter für 25 Millionen Euro transferiert wurde und zuletzt noch auf Leihbasis bei Olympique Lyon spielte, muss die ihm attestierte internationale Klasse erst einmal nachhaltig unter Beweis stellen. Immerhin: Mit seinem 1:0-Siegtor im Champions-League-Achtelfinalhinspiel ebnete der 23-Jährige den Weg für den überraschenden Coup Lyons gegen Juventus Turin.    

Baustellen bei Hertha BSC: Fehlendes Mannschaftsgefüge, fehlende Führungsspieler

Die Saison 2020/2021 wurde ohne Salomon Kalou, Vedad Ibisevic, Per Skjelbred und Marko Grujic geplant. Jene Akteure also, die den größten Erfahrungsschatz vorzuweisen hatten beziehungsweise auf dem Feld mit einer hohen Präsenz überzeugten.

Der vorangetriebene Umbruch und die Verjüngung des Kaders hatte bisher vor allem zur Folge, dass den Berlinern die Führungsspieler abgehen. "Wir haben wichtige Säulen verloren, die alle durch jüngere Spieler ersetzt wurden, das braucht eine Eingewöhnungszeit", sagte Trainer Bruno Labbadia zuletzt.

Vor allem der Abgang von Ex-Kapitän Ibisevic, inzwischen auf Schalke gelandet, wurde in Berlin rauf und runter diskutiert. "Die Frage war: Schieben wir den Umbruch nicht nur vor uns her, wenn er bleibt? Vedo könnte uns jetzt mit Sicherheit helfen, weil er über eine starke Präsenz verfügt. Aber gerade mit einer solchen Präsenz kannst du auch die Entwicklung einer Mannschaft hemmen", so Labbadia.

Nun, aktuell hemmt sich Hertha dafür durch fehlende Führungspersönlichkeiten auf dem Platz selbst. 

Baustellen bei Hertha BSC: Miserable Form zur Unzeit

Der Start in die heiße Vorbereitunsphase begann noch einigermaßen verheißungsvoll. Mitte August gab es einen 2:0-Sieg gegen Drittligist Viktoria Köln. Labbadia sprach anschließend von einem "guten Test" und einer "top Einstellung" auf dem Platz. 

Die Zuversicht wich dann innerhalb weniger Tage bitterer Ernüchterung. Alle drei weiteren Testspiele gingen verloren, in allen drei Partien blieb Hertha ohne eigenes Tor: 0:1 gegen Ajax Amsterdam, 0:4 gegen PSV Eindhoven, 0:2 gegen den HSV.

Besonders erschreckend: Statt sich im Konkurrenzkampf um die Stammplätze aufzudrängen und mutig auf sich aufmerksam zu machen, fehlte es den Berliner Profis in allen drei Begegnungen an zündenden Ideen, Kreativität und Entscheidungsfreude.

Die Formkrise zur Unzeit fand dann ihren negativen Höhepunkt in Braunschweig, als sich die Herthaner schon im ersten Durchgang drei Gegentore gegen den letztjährigen Drittligisten fingen. Klarer Favorit zum Liga-Auftakt bei Fast-Absteiger Werder Bremen ist der Hauptstadt-Klub nun nicht mehr.

Baustellen bei Hertha BSC: Ein unfertiger Kader drei Tage vor Saisonstart

Mit der Verpflichtung von Kölns Córdoba für kolportierte 15 Millionen Euro wurde der sportlichen Leitung der Wunsch nach einem körperlich starken Mittelstürmer erfüllt. Ob der Kolumbianer überhaupt ins sportliche Gefüge der Berliner passt und auf Anhieb seine Leistung bringen wird, bleibt abzuwarten. 

Doch die Transfer-Planungen sind noch längst nicht abgeschlossen: Auch für die offensiven Flügel sowie das zentrale Mittelfeld sucht der Tabellenzehnte der abgelaufenen Saison noch am Verstärkungen, liebsten natürlich klangvolle. Bis zum Transferschluss am 5. Oktober ist für Manager Preetz noch einiges zu tun, um für die richtige Balance im Hertha-Kader zu sorgen. 

"Unser Ziel ist klar. Der Europacup ist etwas Besonderes, er schafft weltweite Aufmerksamkeit, davon träumt jeder Fußballer schon als Kind. Und die Champions League ist das Größte", sagte Rekordeinkauf Lucas Tousart bei seiner Vorstellung in Berlin. Aussagen, die mit Blick auf die zuletzt offenbarte Konstitution fast schon illusorisch wirken. 

Mats-Yannick Roth

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