16.07.2020 19:56 Uhr

Meunier-Schlammschlacht geht in die nächste Runde

Thomas Meunier wechselt ablösefrei zum BVB
Thomas Meunier wechselt ablösefrei zum BVB

BVB-Neuzugang Thomas Meunier hat deutliche Kritik an seinem ehemaligen Klub Paris Saint-Germain geübt.

Die fehlende Bereitschaft des französischen Fußball-Meisters, mit ihm für das Champions-League-Turnier in Lissabon zu planen, verleidete ihm den Abschied. Trotz der Bereitschaft der Dortmunder Vereinsspitze, den in diesem Sommer ablösefrei verpflichteten Spieler unter Auflagen bis August abzutreten, sei es zu keiner Einigung gekommen.

Dafür macht der 28 Jahre alte Außenverteidiger PSG-Sportdirektor Leonardo verantwortlich. "Leonardo hat sich zu keinem Zeitpunkt um ein Agreement mit dem BVB, geschweige denn mit mir bemüht! Er wollte, dass ich praktisch gratis für PSG auflaufe", sagte Meunier in einem Interview der "Deutschen Presse-Agentur" mit Verweis auf die ausgebliebene Einigung über eine vermeintliche Leihgebühr oder versicherungstechnische Aspekte.

Stattdessen sei ihm in einem anwaltlichen Schreiben mitgeteilt worden, dem Klubgelände fernzubleiben. Auch sein mit Hilfe eines Juristen gestarteter Versuch, nach der durch die Corona-Krise erzwungenen viermonatigen Wettkampfpause trainieren zu dürfen, stieß auf Ablehnung.

"Daraufhin wurde mir telefonisch mitgeteilt, ich solle bloß nicht den Weg von wem auch immer kreuzen, weil ich verstörende Geschichten erzählen könnte. Typischer Fall von Realitätsverlust", klagte Meunier. "Leonardo hat der Presse in Frankreich erzählt, dass ich eine Vertragsverlängerung abgelehnt hätte. Das stimmt so aber nicht, das will ich ganz deutlich sagen."

PSG reagiert auf Anschuldigungen

Mittlerweile reagiert PSG auf die Anschuldigungen des Ex-Spielers. "Er wollte dasselbe Gehalt wie bei Borussia. Dann habe ich dort angerufen, aber der deutsche Klub forderte eine bezahlte Leihe. Unter diesen Konditionen war es unmöglich", sagte PSG-Sportdirektor Leonardo zu "Le Parisien".

"Es gab keinen Grund, bei ihm anders zu verfahren", ergänzte Leonardo mit Blick auf Thiago Silva, Eric Choupo-Moting und Sergio Rico, die einer Verlängerung ohne Weiteres zugestimmt hätten.

"Der Klub hat Meunier niemals respektlos behandelt", ergänzte Leonardo: "Wir haben versucht zu verlängern, das wollte er nicht. Dies ist sein gutes Recht."

Paris hatte sich im Achtelfinale der Champions League gegen den BVB durchgesetzt und trifft bei der Endrunde in Lissabon in der Runde der letzte acht Teams am 12. August auf Atalanta Bergamo.


Das ganze Interview mit Thomas Meunier im Wortlaut:

Sie tauschen die Weltstadt Paris mit der Revierstadt Dortmund. Was hat Sie bewogen, ausgerechnet zur Borussia zu wechseln?

Thomas Meunier: Es hatten in den vergangenen Monaten wirklich viele große Klubs Interesse an mir bekundet und zum Teil auch konkrete Angebote gemacht, aus Spanien, Italien, England und eben auch aus Deutschland. Schon vor meinem Wechsel zu PSG hatte ich ursprünglich nach Deutschland oder England wechseln wollen. Die Entscheidung für den BVB war jetzt eine Entscheidung meines Herzens. Mit inzwischen 28 Jahren wollte ich zu einem Klub, der mir und meiner Mentalität ähnlich ist und meiner Art zu denken. Ich bezeichne den BVB gern als die Weiterentwicklung meines Heimatklubs Brügge: ambitioniert und authentisch und auf angenehme Weise bodenständig.

In Paris hatten Sie mit Thomas Tuchel und damit mit einem ehemaligen Dortmunder Trainer zu tun. Haben Sie mit ihm über den BVB gesprochen?

Nein, denn wenn ich eine Entscheidung treffe, versuche ich immer in erster Linie meinem eigenen Gefühl zu vertrauen. Das gilt übrigens auch über den Fußball hinaus. Doch natürlich war mir, spätestens nachdem die Gerüchte aufgekommen waren, auch von Mitspielern und Spielern anderer Klubs einiges über den BVB zugetragen worden, und das war alles nur positiv.

In Frankreich und auch in Belgien wurde die Saison aufgrund der Corona-Pause abgebrochen. War das Ihrer Meinung nach die richtige Entscheidung?

Ganz einfach: Rein wegen Covid-19 hätte das nicht geschehen müssen. Die Verbände haben auf diese Weise eine komplette Saison harter Arbeit und des Willens zu Gewinnen ruiniert. Wir können zweifelsfrei sagen, dass sie damit dem Fußball und dem Spirit des Wettbewerbs geschadet haben. Wenn überhaupt, hätte die UEFA die Entscheidung treffen müssen, den Wettbewerb in ganz Europa zu stoppen - was sie nicht getan hat. Anders als der Rest der Big Five-Ligen hat Frankreich den Pragmatismus über die Organisationen der Klubs und ihr sportliches und wirtschaftliches Wohl gestellt. Für mich ein Beleg dafür, dass der Fußball in Frankreich noch immer nicht denselben kulturellen Bedeutungsgrad hat wie in anderen Ländern.

Mit Paris und Brügge haben Sie viele Titel gewonnen. Wie groß ist Ihr Glaube, dass es auch in Dortmund mit der Meisterschaft klappen könnte?

Es waren mit PSG elf nationale Titel - und auch ohne meine physische Anwesenheit in den zwei Extra-Monaten der Saison könnten noch zwei Pokal-Siege und die Champions League zu meinem Lebenslauf dazukommen. Meine Lust auf Siege und Titel kennt aber kein Limit, und ich werde alles dafür geben, auch mit dem BVB so erfolgreich zu sein wie es nur geht. Wenn man sich die Qualität in unserem Kader ansieht und die Unterstützung der mehr denn je besten Fans in ganz Deutschland dazurechnet, dann muss der Klub in den kommenden Jahren einfach mal wieder was gewinnen. Und das wird uns auch gelingen.

Wann steigen Sie beim BVB ein. Ihr alter Klub spielt im August noch Champions League. Wäre es für Sie eine Option gewesen, noch für PSG aufzulaufen und erst nachher zu wechseln?

Um Ihre Frage kurz zu beantworten: Ich werde beim BVB zum Trainingsauftakt Ende Juli in die Vorbereitung einsteigen. Für den Rest müsste ich ein wenig weiter ausholen.

Nur zu ...

Ich hatte meine Teilnahme am Final-Turnier in Lissabon geplant, und mein neuer Arbeitgeber hatte diesen Wunsch auch nachvollziehen können und ein Agreement mit Paris angestrebt. Sie sahen wie ich die Chance für mich, die Champions League mit meinen nun ehemaligen Mitspielern gewinnen zu können, und dass ich eine Geschichte zu Ende bringen wollte, die so nun leider kein Ende hat. Paris nahm den Kontakt zum BVB auf, doch: Sie wollten nichts für mich bezahlen. Komplett unmöglich natürlich, wenn man sich vor Augen hält, dass ich inzwischen offiziell Spieler von Borussia Dortmund bin und das natürlich neben einer Leihgebühr mindestens auch versicherungstechnische Aspekte beinhaltet. Um es klar zu sagen: Leonardo, der Sportdirektor von PSG, hat sich zu keinem Zeitpunkt um ein Agreement mit dem BVB, geschweige denn mit mir bemüht. Er wollte, dass ich praktisch gratis für PSG auflaufe.

Was geschah dann?

Es wird noch abenteuerlicher: Schriftlich teilte er mir via Anwalt Ende Juni mit, dass ich bei PSG nicht mehr willkommen sei. Glauben Sie, dass davon zuvor in irgendeiner Weise die Rede gewesen war? Natürlich nicht. Stattdessen wurde mir nun mitgeteilt, bis zu meinem Vertragsende dem Klubgelände doch bitte fernzubleiben. Ich habe darauf ebenfalls per anwaltlichem Schreiben geantwortet, dass ich ein Recht auf Training hätte nach vier Monaten erzwungener Wettkampfpause; genauer: Ich bat darum, zu Zeiten trainieren zu dürfen, zu denen ich niemand stören könnte.

Wie hat PSG darauf reagiert?

Daraufhin wurde mir telefonisch mitgeteilt, ich solle bloß nicht den Weg von wem auch immer kreuzen, weil ich verstörende Geschichten erzählen könnte. Typischer Fall von Realitätsverlust. Fazit: Ich war der Erste, der um eine Verlängerung für Juli und August bitten wollte. Leonardo war dazu nicht bereit und hat der Presse in Frankreich erzählt, dass ich eine Vertragsverlängerung abgelehnt hätte. Das stimmt so aber nicht, das will ich ganz deutlich sagen.

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