09.07.2020 12:28 Uhr

Transfers, Corona und vermeintliche Bescheidenheit

Der Transfermarkt hat sich nur bedingt abgekühlt
Der Transfermarkt hat sich nur bedingt abgekühlt

60 Millionen für Sané, 53 Millionen für Werner, 72 Millionen für Arthur: Bei Europas Topklubs ist von einer neuen Bescheidenheit bislang nichts zu spüren.

Der FC Bayern München? Zahlt Neuzugang Leroy Sané ein Jahresgehalt von über 17 Millionen Euro. Der FC Chelsea? Legt 53 Millionen für Timo Werner auf den Tisch. Und Juventus Turin? Überweist für den Brasilianer Arthur mal eben 72 Millionen nach Barcelona. Der Transfersommer hat gerade erst begonnen, doch von der erhofften Bescheidenheit in Corona-Zeiten ist zumindest bei Europas Topklubs bislang nicht viel zu sehen - auch 100 Millionen Euro für Kai Havertz könnten bald fließen.

Dabei hatte doch alles anders werden sollen. "Der Transfermarkt wird sich verändern. Es ist nicht viel Liquidität vorhanden, es fehlt also an Nachfrage", hatte Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge noch im Juni dem Handelsblatt gesagt. Seine Prognose: "Viele europäische Klubs haben angekündigt, ihre Payroll herunterzufahren. Auch wir werden vorsichtiger damit umgehen."

Tatsächlich zahlt Bayern für Sané "nur" 60 Millionen Euro (49 fest, bis zu 11 Millionen Boni), vor einem Jahr hatte Manchester City noch 100 Millionen aufgerufen. Inklusive des Gehalts für fünf Jahre umfasst der Deal dennoch ein Volumen, wie es sich derzeit nur Stammgäste der Champions League erlauben können. "Normale" Vereine fallen zurück, die berühmte Schere geht auseinander.

Borussia Mönchengladbach etwa, als Königsklassen-Teilnehmer eigentlich noch gut situiert, will ganz auf teure Neuzugänge verzichten. "Für Gladbach wird es dieses Jahr nicht möglich sein, einen Spieler für zehn Millionen zu holen. Solche Zahlen, solche Summen sind nicht in unseren Köpfen", sagte Sportdirektor Max Eberl am Mittwoch dem Lokalsender "Radio 90.1".

Ähnliche Töne kommen von Eintracht Frankfurt - noch so ein grundsolider Klub, aber eben ohne Großinvestor im Rücken. "Die Schere wird weiter auseinandergehen", sagt Fredi Bobic. Der Sportvorstand der Hessen glaubt dennoch, dass sich die Summen insgesamt in diesem Sommer normalisieren werden - bei den Toptransfers aber eben nicht. Hier werde weiterhin eine Kluft zu spüren sein.

Das gilt innerhalb der Bundesliga schon länger, manifestiert sich nun aber auch in Europa. Dort spielen 10, 15 Vereine in einer eigenen Liga - finanziell, aber vielleicht auch bald auf einer anderen Ebene. Der Hamburger Ökonom Henning Vöpel hatte schon zu Beginn der Krise vor einer "Absetzbewegung der großen Vereine" gewarnt. Diese könne zur Gründung einer Europa-Liga durch finanzstarke Klubs führen.

Noch aber fließen die Millionen zwischen den einzelnen Ligen hin und her. Und so könnte Chelsea nach dem Werner-Deal bald noch einmal 100 Millionen Euro für den Leverkusener Havertz nachlegen. Bereits getätigte Transfers wie die von Miralem Pjanic (für 60 Millionen von Juventus nach Barcelona) oder Achraf Hakimi (für 40 Millionen von Real Madrid zu Inter Mailand) deuten ebenfalls nicht gerade auf Bescheidenheit hin.

Dabei hatte das Transferfenster bislang nur für einen einzigen Tag geöffnet. Der Großteil der Shopping-Touren steht erst noch bevor.

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