Coutinho bei Bayern: Ein Königstransfer in der Zwickmühle

Mit riesigen Vorschusslorbeeren wechselte Philippe Coutinho im Sommer vom FC Barcelona zum FC Bayern München. Doch der Hype um den brasilianischen Königstransfer ist längst verpufft. Im stark besetzten Kader ist der 27-Jährige derzeit nur Teilzeitkraft.
Doch ist es nur "eine Frage der Zeit" bis Coutinho "in der ersten Elf" stehen wird, wie Bayern-Kapitän Manuel Neuer zuletzt betonte? Oder steckt hinter der Reservistenrolle des Südamerikaners sogar eine Qualitätsfrage?
Fest steht, dass Coutinho, der nur bis zum Saisonende an die Münchner ausgeliehen ist, von der angesprochenen Zeit kaum noch etwas bleibt. Spätestens im Mai müssten die Bayern-Bosse die Kaufoption in Höhe von 120 Millionen Euro ziehen.
Bislang hat der Mittelfeldstar allerdings nur wenige Argumente für eine Weiterbeschäftigung an der Säbener Straße gesammelt. Vieles deutet darauf hin, dass die Zusammenarbeit nach nur einem Jahr wieder beendet wird, sollte sich Coutinho nicht aus seiner Zwickmühle befreien können.
Rechtfertigt "ordentlich" eine Rekordablöse von 120 Mio. Euro?
Mit drei klaren Siegen in diesem Jahr haben die Münchner die Tabellenführung der Bundesliga im Eiltempo zurückerobert. Coutinho spielte dabei aber nur eine Nebenrolle.
Beim 4:0-Sieg gegen Hertha BSC durfte der brasilianische Nationalspieler zwar von Beginn an ran, aber nur weil Joshua Kimmich gesperrt war. Gegen den FC Schalke 04 (5:0) und den FSV Mainz 05 (3:1) spielte Coutinho für rund eine halbe Stunde. Einen nachhaltigen Eindruck konnte er bei keinem seiner Einsätze hinterlassen.
Zu oft blieb der ehemalige Profi des FC Liverpool mit seinen Dribblings in der gegnerischen Abwehr hängen, zu oft leistete er sich Fehlpässe, zu oft unterliefen ihm simple Ballverluste. Der Spielgestalter wirkte nahezu verbissen.
"Philippe versucht, seine Aktionen zu suchen und das Spiel an sich zu reißen, das ist nicht einfach, aber er macht das ordentlich", urteilte Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic im "kicker". Doch "ordentlich" reicht wohl nicht aus, um eine Rekordablöse von 120 Millionen Euro zu rechtfertigen.
"Klar erwartet man von ihm, dass er eben der Spieler ist, der …" - wie der Satz weitergeht, ließ Salihamidzic offen.
Ist Coutinhos Konkurrenz zu stark?
Was der Münchner von ihrem Starzugang erwarten, machte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge im Herbst deutlich. Coutinho habe "Weltklasse-Format" und sei ein Spieler, der "den Unterschied" macht.
Auch Bayern-Trainer Hansi Flick hat nach dem Trainingslager in Doha, das Coutinho "sehr gutgetan" hat, "einen Sprung" erwartet und gehofft, dass sein Schützling zeigt, "was er für eine Klasse hat".
Doch (bislang) gelang es Coutinho nicht, diese Erwartungen zu erfüllen. Im Trikot der Münchner konnte der Familienvater erst ein einziges Mal ganz groß auftrumpfen. Beim 6:1-Sieg gegen Werder Bremen im Dezember glänzte er mit drei Treffern und zwei Vorlagen. Seitdem warten die Münchner auf weitere Großtaten der Barca-Leihgabe, die zudem auch immer wieder durch ihr schwaches Defensiv-Verhalten auffällt.
Stattdessen brillierten zuletzt andere Spieler. Ein überragender Leon Goretzka kaufte Coutinho auf der Zehn den Schneid ab. Thiago und Kimmich sind auf der Doppel-Sechs gesetzt und im Angriff hat Thomas Müller die Nase klar vorn.
Trotz seiner ordentlichen Quote von zwölf Scorerpunkten in 18 Bundesligaspielen scheint für den einstigen Königstransfer schlicht kein Platz im qualitativ stark besetzten Bayern-Kader zu sein.
Ausweg aus der Zwickmühle nicht in Sicht
Seine Teamkollegen reden Coutinho zwar stark und sprechen ihm Mut zu. Neuer betonte beispielsweise, dass er den Bayern "auf jeden Fall weiterhelfen wird" und er besser als in der Hinrunde gegen den Ball arbeite. "Wir wissen alle, was für ein Potenzial er hat", sagte auch David Alaba: "Wir brauchen ihn. Er ist ein Weltklasse-Spieler."
Doch das dürfte nur wenig Trost für Coutinho sein. Sollte Flick weiterhin an dem Motto "never change a winning team" festhalten, dürfte es für Coutinho schwer werden, sich einen Stammplatz zu erkämpfen.
Und ohne Spielzeit wird sich der 27-Jährige nur schwer für eine Daueranstellung beim FC Bayern empfehlen können. Sollten Goretzka und Co. weiterhin derart stark aufspielen, ist ein Ausweg aus Coutinhos Zwickmühle nicht in Sicht.
Lissy Beckonert