23.12.2019 13:02 Uhr

So viel Risiko und Chance birgt Nübels Entscheidung

Welche Folgen hat die Entscheidung von Alexander Nübel gegen den FC Schalke 04?
Welche Folgen hat die Entscheidung von Alexander Nübel gegen den FC Schalke 04?

Alexander Nübel hat sich entschieden: Er wird seinen auslaufenden Vertrag beim FC Schalke 04 nicht verlängern. Damit ist der Torwart im Sommer ablösefrei auf dem Markt.

sport.de beleuchtet Chancen Risiken und Chancen seiner Entscheidung.

Die Entscheidung: Nübel verlässt S04

Mit einer Pressemitteilung schaffte der FC Schalke 04 am Sonntag vor Weihnachten Klarheit. Schon mit dem ersten Satz in diesem Schreiben war alles gesagt: "Alexander Nübel hat den Verantwortlichen des FC Schalke 04 mitgeteilt, dass er seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird."

Man nehme den Entschluss hin, verstehen müsse man ihn indes nicht, ließ Sportvorstand Jochen Schneider noch in derselben Aussage mitklingen. Verständlich, denn der Klub hatte alles getan, um den Torwart vom Bleiben zu überzeugen. Wie schon zuvor bei Sead Kolasinac, Leon Goretzka oder Max Meyer.

Im Sommer wurde Nübel zum Kapitän ernannt, war als Identifikationsfigur bei den Fans hoch angesehen und sollte ein wesentlicher Bestandteil des zukünftigen Schalker Weges werden. Ein neues fürstliches Gehalt von kolportierten sieben Millionen Euro pro Jahr und der damit verbundene Aufstieg zum Top-Verdiener inklusive.

Doch Nübel lehnte ab. Das Talent zieht es in höhere Gefilde - zu einem Spitzenklub.

Die Folgen: Geht Nübel zum FC Bayern?

Die Berichte im Anschluss an die Pressemitteilung waren eindeutig: Nübel ist sich mit dem FC Bayern bereits einig. Laut "kicker" war es Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der den 23-Jährigen von einem Wechsel an die Isar überzeugte.

Klar, ein Engagement beim Rekordmeister ist immer ein verlockendes Angebot und zumindest innerhalb der Bundesliga für S04-Profis die reizvollste Option.

Fünf Jahre soll sein neuer Kontrakt laufen, also bis 2025. Fixiert werden kann dieser aufgrund der Formallage frühestens im Januar, aber auf die paar Tage wird es beiden Parteien nicht ankommen.

Doch welche Rolle würde der ehemalige U21-Torhüter beim FC Bayern einnehmen? Und was bedeutet das für sein letztes Halbjahr auf Schalke?

Die Risiken: Keine Spielpraxis, Reputationsverlust

Es gilt als offenes Geheimnis, dass Alexander Nübel nicht als Nummer 1 zum FC Bayern wechseln würde. Dazu muss man nicht einmal zwingend seine Karriere mit der von FCB-Keeper Manuel Neuer vergleichen.

Doch genau dieser Umstand macht Nübels Entschluss nicht nur für die Königsblauen unverständlich. Neuer ist 33 Jahre alt, immer noch einer der besten Torhüter der Welt - und steht unmittelbar vor einer Vertragsverlängerung bis 2023.

Sein neuer Kollege wäre also die neue Nummer 2 und damit der Nachfolger von Sven Ulreich. Die zukünftige Realität hätte nur bedingt etwas mit dem Anspruch des Noch-Schalkers zu tun: Ja, er wäre bei einem Top-Klub. Aber er würde wenig bis gar nicht spielen.

Doch für einen Spieler seines Alters ist regelmäßige Spielpraxis unabdingbar. Diese kann und wird man ihm beim Branchenprimus nicht garantieren.

Aber nicht nur die Schalker Chefetage zeigte sich verwundert bis enttäuscht über das abgelehnte Vertragsangebot. Auch die Fanbasis ist es. Schon werden Konsequenzen gefordert: Von einem Entzug des Kapitänsamts bis hin zur Verbannung auf die Tribüne ist alles dabei.

Auch wenn Jochen Schneider überzeugt ist, "dass Alex bis Saisonende alles für unseren Verein geben wird", das allein wird das ins Wanken geratene Verhältnis kaum kitten.

Bis zum 27. Januar haben die Verantwortlichen nun Zeit, ihr Vorgehen zu planen. Denn bis dahin ist Nübel nach seinem harten Foul an Eintracht Frankfurts Mijat Gacinovic noch gesperrt. Und bis dahin sind die Augen auf seinen Stellvertreter Markus Schubert gerichtet.

Dieser hatte kurioserweise zuletzt einen fast identischen Weg wie Nübel eingeschlagen - und das vor nicht mal einem Jahr. Seit 2011 hatte Schubert alle Jugendmannschaften bei Dynamo Dresden durchlaufen und im Sommer 2018 den Durchbruch bei den Profis geschafft.

Sein Vertrag lief im Sommer aus und die SG versuchte alles, um ihr Eigengewächs zu halten. Doch der Nachfolger Nübels im U21-Tor lehnte ab und war dadurch eine Persona non grata. Die Konsequenz: Er durfte sich die letzten drei Saisonspiele seines Klubs von der Tribüne aus ansehen, um des Hof-Friedens Willens.

Als Nübels Vertreter macht sich Schubert nun allerdings durchaus ansprechend. Erst recht, wenn man bedenkt, dass er vorher noch keine Minute Bundesliga gespielt hatte.

Nicht ausgeschlossen also, dass Nübel neben seinem Stammplatz auch das Kapitänsamt und sämtliche Sympathiepunkte verliert.

Die Chancen: Lernen von den Besten

Die Argumente für einen Wechsel zum FC Bayern liegen auf der Hand: Der Keeper wäre dann bei einem Spitzenklub unter Vertrag, der ein Dauerabo auf nationale Titel hat und auch international voll angreifen will.

Zudem hätte Nübel nicht nur die tagtägliche Möglichkeit, auf dem Trainingsplatz von Neuer zu lernen, sondern er könnte sich gleichzeitig auch mit Offensivspielern von höchstem Format messen.

Das erklärte Ziel des 1,93-Meter-Schlaks ist die Nummer 1 in der A-Nationalmannschaft. Nicht nur die jüngere Geschichte beweist, dass die Stammtorhüter des FC Bayern beste Chancen auf diesen Posten haben. Zu genau diesem Status müsste Nübel jedoch erst gelangen.

Doch mit seiner Mentalität passt der gebürtige Paderborner genau ins Beuteschema des Rekordmeisters: Jung, ambitioniert und auch fußballerisch gut ausgebildet. Neuer light gewissermaßen.

Obwohl das Original jedes noch so unwichtige Spiel absolvieren möchte, haben die Bayern-Bosse offenbar vor, Nübel gelegentliche Spielpraxis zu ermöglichen. Nach einem Lehrjahr soll dann möglicherweise ein offener Kampf um die Nummer 1 eröffnet werden.

Für den Noch-Schalker wogen genau diese Argumente pro Bayern wohl höher als das vorhandene Risiko.

Luis Holuch

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